Abfindung Teil 2: Sozialabgaben und Lohnsteuer (Fünftelregelung)
Letzte Woche hatten wir beschrieben, wann eine Abfindung an ausscheidende Mitarbeiter sinnvoll oder sogar Pflicht ist und wie man ihre Höhe berechnet. In diesem Beitrag beschäftigen wir uns nun mit einer weiteren Frage, die häufig zu Abfindungen gestellt wird: Fallen darauf Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge an?
Hier finden Sie Teil 1 unserer Artikelreihe "Abfindungen an Arbeitnehmer"
Keine Sozialversicherungsbeiträge
Eine Abfindung wird als Ausgleich für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten gezahlt, deshalb gilt sie nicht als beitragspflichtiges Entgelt. Das Bundessozialgericht ordnet solche Abfindungen zeitlich nicht dem Beschäftigungsverhältnis zu, das beim Empfang ja bereits beendet ist. Dies bedeutet: Von der Abfindung werden weder Beiträge zur Rentenversicherung, noch zur Kranken- und Pflegeversicherung oder zur Arbeitslosenversicherung abgeführt.
Anders liegt der Fall, wenn beispielsweise eine fristlose in eine fristgerechte Kündigung umgewandelt wird und im Rahmen eines Vergleichs das damit fällige Entgelt für die Zeit bis zum neuen Kündigungszeitpunkt nachbezahlt und um eine bestimmte Summe aufgestockt wird. Auch wenn die gesamte Summe als „Abfindung“ bezeichnet wird, ist die Gehaltsnachzahlung sozialversicherungspflichtig. Nur die zusätzlich vereinbarte, echte Abfindung bleibt beitragsfrei.
Lohnsteuer: Fünftelregelung
Abfindungen sind lohnsteuerpflichtig. Die Lohnsteuer muss vom Arbeitgeber einbehalten und an das Finanzamt abgeführt werden.
Allerdings gelten für Abfindungen besondere Regeln. Schließlich erhöht eine solche Zahlung das zu versteuernde Jahreseinkommen normalerweise ganz erheblich. Würde man die Lohnsteuer trotzdem ganz regulär von der Abfindung plus dem Bruttojahresgehalt abführen, bliebe nicht viel übrig. Deshalb gibt es zur Vermeidung steuerlicher Ungerechtigkeiten eine eigene Regelung zum Umgang mit „außerordentlichen Einkünften“. Abfindungen stellen steuerrechtlich außerordentliche Einkünfte dar.
Leicht zu verstehen ist die gesetzliche Regelung dazu (§ 34 Abs. 1 S. 1, S. 2 EStG) allerdings nicht gerade. Umgangssprachlich wird sie oft als Fünftelregelung bezeichnet. Sie funktioniert wie folgt:
- Der Betrag wird in fünf gleiche Teile geteilt. Ein Fünftel wird zum übrigen Jahreseinkommen dazu gerechnet. Auf Basis der Summe aus sonstigen Einkünften und Abfindungsfünftel wird die Einkommensteuer berechnet.
- Von dieser Steuer wird dann im nächsten Schritt der (geringere) Steuerbetrag abgezogen, der ohne die Abfindung zu zahlen wäre. Die Differenz stellt die Mehrbelastung durch das Fünftel der tatsächlich erhaltenen Abfindung dar.
- Diese steuerliche Mehrbelastung wird mit fünf multipliziert und auf die gesamte Abfindung angewandt, sodass es grundsätzlich zu einer günstigeren Besteuerung kommt. Schließlich tragen so vier Fünftel der Abfindungssumme nicht zur Steuerprogression bei, auch wenn sie die Steuerlast erhöhen.
Bei höheren Einkommen oder größeren Abfindungsbeträgen wirkt sich die Fünftelregelung allerdings nur noch geringfügig aus, weil der Steuersatz dann trotz dieser Berechnungsweise in Richtung Höchstsatz wandert oder ihn schon ohne Abfindung bereits erreicht hat. Die Steuerersparnisse sind in diesen Fällen dann nur noch gering.
Fünftelregelung: Ein Rechenbeispiel
(Wir nehmen an, dass alle Ermäßigungen, Freibeträge etc. wegfallen und außer dem Gehalt und der Abfindung keine weiteren Einkünfte vorliegen. Es ist ja auch so schon kompliziert genug.)
Herr Mustermann verdient regulär 30.000 EUR brutto im Jahr und zahlt gemäß Steuersatz nach Tabelle (Durschnittsteuersatz 21 %) für 2017 eine Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag von 6.204,76 EUR.
Nun wird Herr Mustermann zum 31. 12. 2017 gekündigt und erhält eine Abfindung von 25.000 EUR, die entsprechend der Fünftelregelung versteuert wird. Dazu wird ein Fünftel der Abfindung zu dem sonstigen Einkommen addiert und dann die Steuer berechnet. Man rechnet daher:
25.000 EUR : 5 = 5.000 EUR Abfindungsfünftel
und im nächsten Schritt
30.000 EUR Gehalt + 5.000 EUR Abfindungsfünftel = 35.000 EUR Jahreseinkommen.
Die sich daraus ergebende Steuerlast beträgt 8.057,37 EUR einschließlich Solidaritätszuschlag bei einem Steuersatz von 23 %.
Verglichen mit der Steuer nur für den Bruttogehalt von 30.000,00 EUR errechnet sich eine Mehrbelastung von 8.057,37 EUR - 6.204,76 EUR = 1852.61 EUR.
Diese Mehrbelastung müssen wir nun mal fünf nehmen. Heraus kommt eine auf die Abfindung bezogene Steuer einschließlich Solidaritätszuschlag von 9.263,05 EUR. Dieser Wert bildet zusammen mit der ohnehin aufgrund des Gehalts zu zahlenden Steuer (6.204,76 EUR) die Einkommensteuer von Herrn Mustermann für das Jahr 2017: 15.467,81 EUR.
Diese Summe ist niedriger als die Steuerlast, die sich bei einem Jahreseinkommen von 55.000 EUR ergeben würde, also dann, wenn die Abfindung ganz normal zu versteuern wäre: Dann läge der durchschnittliche Steuersatz bei 30 % und die Einkommensteuer würde 16.744,48 EUR betragen. Die Fünftelregelung bringt Herrn Mustermann somit 1.276,67 Euro Steuerersparnis.
Abfindung und Arbeitslosengeld
Die Zahlung einer Abfindung kann unter gewissen Voraussetzungen den Anspruch auf Arbeitslosengeld verringern. Das passiert dann, wenn die Abfindung auf das Arbeitslosengeld angerechnet wird.
Eine solche Anrechnung auf das Arbeitslosengeld ist nicht zu verwechseln mit einer Sperrfrist, wie sie etwa bei einer Eigenkündigung droht. Angerechnet wird die Abfindung dann, wenn gegen die Zahlung auf die Einhaltung von Kündigungsfristen verzichtet wird: Kommt es bei einem Kündigungsschutzprozess zum Vergleich, wird meist ausgehandelt, dass das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung für beendet erklärt wird und die Kündigungsfristen einvernehmlich verkürzt werden. Dann verschiebt die Arbeitsagentur die Auszahlung von ALG I so nach hinten, als ob die Kündigungsfrist doch gegolten hätte.
In diesem Fall ruht der Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld (gemäß § 158 SGB III) zwar nur für die Dauer der (entfallenen) Kündigungsfrist. In der Praxis kann dadurch jedoch die gesamte Zahlung wegfallen, weil die Arbeitslosigkeit nicht so lange währt, bis die Zahlung von Arbeitslosengeld beginnen würde. Eine finanzielle Einbuße wird nur vermieden, wenn man die gesamte Anspruchsdauer auf ALG I ausschöpft (im Regelfall 12 Monate).
Die Vorschrift des § 158 SGB III enthält noch eine Reihe weiterer Vorgaben zur Anrechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld. Unter anderem spielen das Alter und die Betriebszugehörigkeit eine Rolle.
BEISPIEL: Herr Mustermann ist inzwischen arbeitslos. Anspruch auf Arbeitslosengeld I hat er für 365 Tage. Da er sich im Gegenzug zur Abfindung damit einverstanden erklärt hat, dass die Kündigungsfrist um 30 Tage verkürzt wurde, ruht nun sein ALG-I-Anspruch für diese Zeit. Wenn Herr Mustermann schon 180 Tage nach dem Ausscheiden aus dem vorigen Job eine neue Arbeit findet, hat er nur für 150 Tage Arbeitslosengeld bezogen – und durch seine Abfindungsvereinbarung genau besehen einen Monat ALG I geopfert.
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