13 Jul 2017

Arbeitnehmer mit Ehrenamt: eine Chance, kein Problem

Manchen Chefs passt es nicht, wenn sich Mitarbeiter ehrenamtlich engagieren und dafür flexible Arbeitszeiten fordern oder gar Freistellung verlangen. Diesen Chefs ist zu empfehlen, die Perspektive zu ändern und die Chancen zu erkennen- denn: Das Engagement kann sich durchaus lohnen, für Gesellschaft, Unternehmen und Mitarbeiter.

Arbeitnehmer mit Ehrenamt

Dass es ohne ehrenamtlichen Einsatz nicht geht, hat die Flüchtlingskrise genau so gezeigt wie die verschiedenen Hochwasserkatastrophen der letzten Jahre. Ohne Ehrenamtler wären Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rotes Kreuz, das Technische Hilfswerk oder die Freiwillige Feuerwehr nicht denkbar und den Sportverein um die Ecke gäbe es genauso wenig.

Allerdings finden Wohnungsbrände oder Überflutungen nicht nur nach Feierabend statt. Manchmal erfordert die Anreise zum Sportfest oder zum Konzert-Treffen im Ausland eine Auszeit von der Arbeit. Muss der Arbeitgeber in solchen Fällen den Arbeitnehmer erstens von der Arbeit freistellen und zweitens die nicht gearbeiteten Stunden bezahlen?

Privates oder öffentliches Ehrenamt?

Die Antwort hängt davon ab, ob es sich um ein privates oder ein öffentliches Ehrenamt handelt. Grundsätzlich gilt:

  • Ist der Einsatz im öffentlichen Interesse, muss der Arbeitgeber den Mitarbeiter dafür freistellen.
  • Bei einem rein privaten Ehrenamt ist die Freistellung freiwillig.

Privates Ehrenamt

Ein privates Ehrenamt ist beispielsweise die Aktivität im Musik- oder Theaterverein oder das Engagement in einer Tierschutzorganisation, die Hunde und Katzen vor der Verwahrlosung rettet. Für Einsätze im Rahmen solcher Ehrenämter muss der Arbeitgeber den Mitarbeiter nicht freistellen.

Wenn Frau Müller aus dem Marketing nebenbei die erste Geige in der Band des irischen Folklore-Vereins spielt, muss sie für die das Treffen in Dublin Urlaub beantragen. Und natürlich darf sie während der Arbeitszeit nicht einfach das Vereinsrundschreiben texten, sonst verstößt sie gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten. Dass das Ehrenamt in einem gemeinnützigen Verein ausgeübt wird, reicht für ein öffentliches Ehrenamt noch nicht aus.

Öffentliches Ehrenamt

Darunter versteht man verschiedene ehrenamtliche Aufgaben, die in Gesetzen geregelt sind (leider in ganz unterschiedlichen Gesetzen – die Vorschriften sind nicht gerade leicht zu überblicken).

Beispiele sind unter anderem die Mitarbeit im IHK-Prüfungsausschuss, die Tätigkeit als Schöffe bei Gericht, als Schiedsmann/-frau, Gemeinderatsmitglied oder Wahlhelfer. Der Einsatz bei der Freiwilligen Feuerwehr oder im Technischen Hilfswerk gehört ebenfalls dazu.

Die Regelungen dazu, …

  • wann und für wie viele Tage Arbeitnehmer für ein öffentliches Ehrenamt im Jahr freigestellt werden müssen,
  • ob der Arbeitgeber Lohn oder Gehalt weiterbezahlen muss und
  • ob der Arbeitgeber Anspruch auf Ausgleich für das gezahlten Arbeitsentgelts hat,

... finden sich je nach Ehrenamt teilweise in Landesgesetzen, teilweise in besonderen Gesetzen wie dem THW-Gesetz oder für Schöffen im Deutschen Richtergesetz (§ 45 Abs. 1a DRiG).

Dass einem Arbeitnehmer für eine Tätigkeit als Schöffe bei Gericht keine Nachteile entstehen dürfen, ist in Brandenburg sogar in der Landesverfassung festgeschrieben. Daraus folgt nicht nur die Pflicht zur Freistellung und zum Weiterbezahlen des Lohns. Auch die Möglichkeit, einem Mitarbeiter mit Schöffenamt zu kündigen, ist stark eingeschränkt (Art. 110 Abs. 2 BbgVerf).

Freiwillige Feuerwehr

Der Brand- und Katastrophenschutz ist Ländersache. Deshalb wird der Einsatz ehrenamtlicher Helfer im Brand- und Katastrophenfall in den jeweiligen Landesgesetzen geregelt. Dass freiwilligen Feuerwehrleuten durch ihren Einsatz keine Nachteile entstehen dürfen, ist jedoch durchgängig festgelegt.

Unabhängig von landesspezifischen Unterschieden läuft es im Großen und Ganzen darauf hinaus, dass die Mitarbeiter für solche Einsätze freigestellt werden müssen, Anspruch auf Weiterbezahlung ihres Lohns oder Gehalts haben und solche Einsatzzeiten nicht vom Urlaub abgezogen werden dürfen. Außerdem kann den freiwilligen Feuerwehrleuten aufgrund ihres Engagements nicht gekündigt werden. Die Freistellungspflicht gilt grundsätzlich auch für Übungen, wenn der Arbeitgeber sich nicht gerade auf besondere Umstände berufen kann, die dem entgegenstehen.

Im Gegenzug können private Arbeitgeber sich Lohn und Gehalt für die Einsatzzeiten erstatten lassen. Das gilt außerdem für die Arbeitgeberanteile an den Sozialversicherungsbeiträgen, für freiwillige Leistungen und Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung. Falls der Feuerwehrmann sich bei dem Einsatz verletzt und nicht arbeiten kann, kann der Arbeitgeber sich die Lohnfortzahlung für die Ausfallzeit ebenfalls erstatten lassen.

Technisches Hilfswerk und Katastrophenhelfer

Für ehrenamtliche Helfer des Technischen Hilfswerks gilt ein ähnlich umfassendes Benachteiligungsverbot (§ 3 Abs. 1 THW-Gesetz). Arbeitnehmer und Auszubildende müssen für Einsätze oder Ausbildungsveranstaltungen freigestellt werden. Wird der Arbeitnehmer während seines Urlaubs zu einem Einsatz gerufen, dürfen die betroffenen Tage nicht auf den Urlaub angerechnet werden.

Auch in diesem Fall kann sich der Arbeitgeber das gezahlte Arbeitsentgelt einschließlich der Beiträge zur Sozialversicherung sowie der betrieblichen Altersversorgung erstatten lassen. Voraussetzung für den Erstattungsanspruch ist allerdings, dass der Arbeitsausfall mehr als zwei Stunden an einem Tag oder mehr als sieben Stunden innerhalb von zwei Wochen betragen hat.

Ehrenamtlicher Sitz im Gemeinderat

Für Arbeitnehmer, die ehrenamtlich als Gemeinderatsmitglied fungieren, gibt es in den einschlägigen Gemeindeordnungen vergleichbare Vorschriften. In der Regel muss die Gemeinde dem Arbeitgeber den für die ehrenamtlichen Einsatzzeiten gezahlten Lohn oder das Gehalt erstatten.

Ehrenamt beim Deutschen Roten Kreuz oder anderen Hilfsorganisation

Falls Ihr Mitarbeiter beim Deutschen Roten Kreuz oder einer vergleichbaren Hilfsorganisation wie den Maltesern oder dem Arbeitersamariterbund ehrenamtlich aktiv ist, haben Sie als Arbeitgeber einen Nachteil: Einen gesetzlichen Ausgleichsanspruch wie für die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr oder des THW gibt es hier nicht.

Wenn Rotkreuz-Ehrenamtler während der Arbeitszeit zu einem Einsatz gerufen werden, kann der Arbeitgeber ihnen das zwar theoretisch untersagen. Falls er aus Kulanzgründen jedoch eine Freistellung gewährt, gelten die allgemeinen gesetzlichen Regeln zur Vergütung. Damit ist der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet, kann aber keine Erstattungsmöglichkeit nutzen. Das DRK hat sich auch in diesem Jahr wieder darum bemüht, endlich eine Gleichstellung mit den Ehrenamtlichen der Freiwilligen Feuerwehren zu erreichen, bisher gibt es aber keine einheitliche Lösung. Nur das dieses Jahr in Kraft getretene Bayerische Katastrophenschutzgesetz sieht eine weitgehende Gleichstellung mit den Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr vor.

Engagierte Mitarbeiter sind eine Chance für das Unternehmen

Bislang haben wir nur Paragraphen vorgestellt sowie auf Rechtspflichten und Ansprüche hingewiesen. Das wird dem Thema nicht wirklich gerecht.

  • Wenn Mitarbeiter sich ehrenamtlich engagieren, ist das grundsätzlich ein gutes Zeichen für den Chef. Es spricht dafür, dass die Betreffenden als Arbeitnehmer ebenfalls soziale Verantwortung und Einsatzbereitschaft zeigen. Solche Arbeitnehmer kann man ans Unternehmen zu binden, indem man Ihr Engagement fördert und ihnen dafür Freiraum gibt.
  • Dass Sie das ehrenamtliche Engagement Ihrer Mitarbeiter möglich machen, dürfen Sie ruhig groß herausstellen. Etwa, indem Sie nach dem nächsten Hochwasser darauf hinweisen, dass Ihre Leute an dessen Bekämpfung beteiligt waren und das Unternehmen die Freiwillige Feuerwehr auch sonst unterstützt.
  • Wenn Her Müller aus dem Vertrieb oder Frau Meyer aus der Buchhaltung in ihrer Freizeit keine Katastrophen bekämpfen, sondern Kindergruppen im Sportverein coachen oder im Theaterverein die nächste Vorstellung planen, ist das nicht anders. Das sind ideale Möglichkeiten, um Ihr Unternehmen als Sponsor ins Spiel zu bringen. Damit beweisen Sie, dass der Betrieb seiner sozialen Verantwortung gerecht wird – und betreiben gleichzeitig beste Öffentlichkeitsarbeit.

Sichern Sie sich Ihren eigenen Katastrophenschutz

Fazit: Es gibt keinen Grund, ein Ehrenamt nur als Problem für den Arbeitgeber zu sehen. Es bietet auch Chancen. Schließlich profitiert der Betrieb davon, wenn ein Mitarbeiter genau weiß, wie bei einem Unfall zu reagieren ist, sich mit Erster Hilfe auskennt und ein geschultes Auge für Brandschutz hat.

Das ist nicht nur eine Frage des gesunden Menschenverstandes. Die gesetzliche Unfallversicherung und die Arbeitsschutzvorschriften, genauer gesagt § 10 Arbeitsschutzgesetz und § 26 DGUV schreiben – in Abhängigkeit vom Tätigkeitsfeld und der Personalstärke – betriebliche Ersthelfer, Brandhelfer und Evakuierungshelfer vor.

Vorgegeben ist nicht nur die erforderliche Anzahl von Ersthelfern im Betrieb, sondern auch, wer dafür eingesetzt werden kann. Neben Menschen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung im Gesundheitswesen (wie etwa Arzthelferinnen, Krankenpflegern und Physiotherapeuten) sind das Menschen, die über eine rettungsdienstliche Ausbildung verfügen wie Rettungshelfer, Rettungssanitäter und Rettungsassistenten.

Für die zweitgenannte Gruppe besteht eine regelmäßige Fortbildungspflicht. Als Arbeitgeber schlagen Sie also zwei Fliegen mit einer Klappe, wenn Sie einen Ehrenamtlichen einstellen, der über die genannte Ausbildung verfügt und regelmäßig an entsprechenden Fortbildungen teilnimmt.

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Themen:

Mitarbeiter Arbeitgeber

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