09 Mrz 2017

Betriebsrat & Chef verkeilt: Ausweg Einigungsstelle?

Geschäftsleitung und Mitarbeitervertretung können sich gegenseitig in wichtigen Fragen völlig blockieren. Einigungsstelle und Gericht sind die letzten Möglichkeiten der Verständigung. Dieser Weg ist aufwändig und vielfach unerfreulich. Lesen Sie mehr dazu, warum man innerbetriebliche Konflikte möglichst nicht allzu hochkochen lassen sollte.

Vielleicht haben Sie ja schon einen unserer bisherigen Beiträge mit der Empfehlung gelesen, betriebliche Information und Mitbestimmung schon im Blick zu haben, bevor sich in Ihrem Unternehmen ein Betriebsrat gründet (Teil 1: Betriebsrat: Gewinnen sie Perspektive, Teil 2: Mitarbeiter Informieren und beteiligen, Teil 3: Mitbestimmer im Unternehmen – Impertinenz?). Und selbst wenn nicht: Dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer viele Dinge unterschiedlich sehen und das zu Konflikten führen kann, liegt auf der Hand.

Oft geht es dabei leider um Machtspielchen. Wobei der Betriebsrat über eine ziemlich starke Rechtsposition verfügt. Auf manchen Gebieten kann er viel blockieren. Sie als Arbeitgeber aber auch. Was also tun, wenn sich kein Kompromiss findet?

Dann beginnt das große Kino der institutionellen Möglichkeiten: Zunächst kommt die Einigungsstelle ins Spiel. Diese Institution hat der Gesetzgeber erfunden, damit festgefahrene Konflikte zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung nicht ganze Betriebe sprengen. Es ist schließlich nicht wie in der Politik – im Unternehmen muss es irgendwie weitergehen.

Unter uns: Versuchen Sie, diesen Weg zu vermeiden und sich vorher zu einigen. Die Einigungsstelle kostet viel Zeit. Außerdem gibt es sicher Erquicklicheres. Fairness und Achtung auf beiden Seiten bringen das Unternehmen garantiert besser voran.

Einigungsstelle

Wenn Geschäftsleitung und Betriebsrat sich in einer Frage nicht einigen können, bei der sie auf einen gemeinsamen Nenner kommen müssen, können sie sich – einzeln oder getrennt – an die Einigungsstelle wenden. Dies ist eine Schlichtungsstelle, die sich bei Bedarf innerbetrieblich konstituiert. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt quasi die Einigung, die durch direkte Verhandlungen nicht zustande gekommen ist.

Das ist durchaus so, wie wenn die Erzieherin im Kindergarten am Ende bestimmt, wer heute den roten Sandeimer mit der Micky Maus darauf bekommt und wer den grünen ohne Bild nehmen muss. Nur dass es hier natürlich komplexe arbeitsrechtliche Begründungen gibt. Apropos: Gesetzlich geregelt wird die Einigungsstelle in den §§ 76 und 76a BetrVG.

Gebildet wird sie aus Vertretern des Arbeitgebers und des Betriebsrats. Dazu kommt ein Vorsitzender, den beide Seiten akzeptieren müssen. Oft ist das ein Arbeitsrichter, der Neutralität wegen. Und weil man sich hier häufig auf anspruchsvollem arbeitsrechtlichem Gelände bewegt.

Wer entscheidet über die Einigungsstelle?

Aktiv wird die Einigungsstelle dann, wenn beide Seiten dem zustimmen. Aber nicht nur dann: Es gibt außerdem das sogenannte erzwungene Verfahren: wenn eine Seite die Einigungsstelle einschaltet, kann die andere nichts dagegen tun.

Allerdings gilt dies nur, wenn ein erzwingbares Einigungsstellenverfahren vom Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Das ist bei einer ganzen Liste von potenziellen Streitfragen der Fall, unter anderem bei Konflikten über die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern, über eine Reduzierung der Zahl der Betriebsräte, über die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten sowie bei Berufsbildungsmaßnahmen und auch dann, wenn es um den Interessensausgleich oder einen Sozialplan bei Betriebsschließungen oder -verlegungen geht.

Grundsätzlich führt ein erzwingbares Einigungsstellenverfahren zu einer verbindlichen Entscheidung. (Einzige Ausnahme ist der Interessensausgleich bei Betriebsänderungen, den muss der Arbeitgeber nicht so abschließen wie entschieden.)

Wenn kein erzwingbares Verfahren vorgesehen ist, muss die Seite, die eine Einigungsstelle will, sich an das Arbeitsgericht wenden. Das entscheidet dann (im sogenannten Einigungsstellenbesetzungsverfahren“ – tolles Wort, nicht wahr?) darüber, ob ein solches Gremium eingerichtet wird.

Wer so ein Verfahren beantragt (meist ist das der Betriebsrat), kann dabei einen Vorsitzenden benennen – und kommt oft damit durch. Das sollten Arbeitgeber im Blick behalten, da diese Besetzung oft entscheidend ist.

Die Entscheidung

Die Verhandlungen in der Einigungsstelle sind nicht öffentlich. Die Beschlussfassung erfolgt in zwei Stufen. Zuerst enthält sich der Vorsitzende der Einigungsstelle noch der Stimme. Wenn das – wie meistens – zum Patt führt, stimmt der Vorsitzende mit ab. Er ist in der Regel das Zünglein an der Waage.

Allerdings muss es gar nicht zu einer Beschlussfassung und einem förmlichen Spruch der Einigungsstelle kommen. Eine gütliche Einigung ist selbst in der Einigungsstelle noch möglich, ähnlich einem Vergleich vor Gericht. Apropos Gericht: Gegen den Spruch der Einigungsstelle können beide Seiten vor dem Arbeitsgericht klagen.

Die Kosten

Die Kosten, die für die Einrichtung der Einigungsstelle entstehen, muss der Arbeitgeber bezahlen (§ 76a Abs. 1 BetrVG).

Fazit

Einigungsstellen stehen im Ruf, vor allem der Arbeitnehmerseite zu nützen. Das muss aber nicht so sein. Beide Parteien können beim Anrufen der Einigungsstelle gewinnen und verlieren. Zumindest kann ein kompetenter Vorsitzender oft dafür sorgen, dass der Sand im Getriebe entfernt und eine für beide Seiten tragbare Lösung gefunden wird.

Noch besser ist es natürlich, wenn ein solches Verfahren – oder gar ein Gerichtsprozess – gar nicht erst nötig wird. Das hatten wir ja schon eingangs erwähnt. Je weniger Konflikte hochkochen, umso besser.

Themen:

Arbeitgeber Mitarbeiter

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