10 Aug 2018

Längst nicht immer wirksam: Rückzahlungsklauseln für teure Fortbildungen

Wenn das Unternehmen viel Geld in die Fortbildung eines Mitarbeiters investiert, ist es völlig legitim, dies mit einer Rückzahlungsvereinbarung zu verbinden: Geht der Arbeitnehmer gleich anschließend zur Konkurrenz, muss er die Fortbildungskosten erstatten. Solche Klauseln müssen jedoch rechtlich wirksam formuliert werden.

Ganz klar: Wenn das Unternehmen Geld in die Qualifikation seiner Mitarbeiter investiert, sind die Mittel im Prinzip gut angelegt. Ein Plus an Fähigkeiten des Arbeitnehmers bedeutet ein Plus an Wertschöpfungspotenzial für den Arbeitgeber. Im Prinzip jedenfalls.

Rückzahlungsklauseln sind üblich und sinnvoll

Allerdings kann es auch anders kommen. Kein Brötchengeber sieht es gern, wenn der Mitarbeiter sich auf seine Kosten und für viel Geld fortbilden lässt, um gleich nach Abschluss des Lehrgangs mit seinem neuen Wissen zur Konkurrenz zu wechseln.

Deshalb ist es üblich, vom Arbeitgeber bezahlte, teure Qualifizierungsmaßnahmen zur Aus- und Weiterbildung unter Vorbehalt der Rückzahlung zu stellen: Bleibt der Arbeitnehmer nach der Maßnahme nicht eine bestimmte Zeitlang im Unternehmen, muss er dem bisherigen Arbeitgeber die Kosten der Qualifizierung zumindest teilweise ersetzen.

Das ist grundsätzlich weder unfair noch verstößt es gegen Arbeitsrecht oder die Freiheiten des Arbeitnehmers. Schließlich muss der Arbeitgeber seine Investition nach Möglichkeit absichern.

 

Arbeitsrechtlich „tricky“

Allerdings ist es keineswegs banal, eine wirksame Rückzahlungsklausel mit einem Mitarbeiter zu vereinbaren. Die rechtlichen Aspekte sind einigermaßen komplex. Eine selbst verfasste Vereinbarung kann sich nur allzu leicht als rechtlich unwirksam erweisen, wenn es darauf ankommt.

Weil solche Klauseln in der Regel vom Arbeitgeber vorformuliert und wiederholt verwendet werden, greifen die Kontrollvorschriften des AGB-Rechts. Sind die Formulierungen unklar oder überraschend oder benachteiligen sie den Arbeitnehmer unangemessen, dann ist die Klausel insgesamt unwirksam.

 

Voraussetzung: Die Fortbildung muss dem Arbeitnehmer nützen

Wenn dem Mitarbeiter die Verpflichtung auferlegt wird, unter bestimmten Umständen die Fortbildungskosten erstatten zu müssen, dann muss er von der Qualifizierung auch selbst einen Nutzen haben. Der Lehrgang oder die Zusatzausbildung muss also seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern oder neue Karrieremöglichkeiten eröffnen.

Eine Maßnahme, die dagegen allein dem Arbeitgeber Nutzen bringt, wie etwa die Schulung in einer selbstentwickelten und nur im eigenen Betrieb eingesetzten Software, darf nicht unter Rückzahlungsvorbehalt gestellt werden.

 

Klare Vereinbarung nötig

Als arbeitsvertragliche Regelung muss eine Rückzahlungsklausel schriftlich vereinbart werden. Außerdem muss sie vor Beginn der Fortbildung unterschrieben werden. Eine nachträgliche Vereinbarung ist ungültig.

 

Genau festlegen: Welche Art von Ausscheiden aus dem Unternehmen führt zur Rückzahlungspflicht?

Die Rückzahlungsklausel muss genau festhalten, unter welchen Voraussetzungen die Rückzahlungspflicht ausgelöst wird. Dies darf beispielsweise nicht pauschal Folge des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Unternehmen sein.

Vielmehr muss es der Mitarbeiter in der Hand haben, durch Betriebstreue die Rückzahlungspflicht zu vermeiden. Deshalb reicht es auch nicht aus, wenn die Rückzahlungsklausel nur unterscheidet zwischen dem Fall, dass der Arbeitnehmer kündigt oder der Kündigung durch den Arbeitgeber. Schließlich kann der Arbeitgeber durch einen Verstoß gegen seine Verpflichtungen eine Kündigung des Arbeitnehmers herbeiführen. Und es wäre ungerecht, wenn der Arbeitnehmer dann Fortbildungskosten zurückzahlen müsste.

Deshalb muss in der Vereinbarung genau beschrieben werden, welche Form des Ausscheidens des Arbeitnehmers die Rückzahlungspflicht auslöst.

 

Möglich: Rückzahlung, wenn Fortbildung nicht bestanden wird

Dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Fortbildungskosten erstatten muss, wenn dieser die Fortbildungsmaßnahme nicht besteht, ist durchaus zulässig.

Allerdings muss auch das auf angemessene Fälle eingegrenzt werden. Versäumt der Arbeitnehmer beispielsweise die Prüfung zum Abschluss des Lehrgangs, weil er schwer erkrankt ist, darf er nicht zur Kasse gebeten werden – und das muss aus der Formulierung der Klausel hervorgehen.

Dreh- und Angelpunkt 1: Dauer der Vereinbarung

Eine Rückzahlungsklausel kann nicht pauschal bis zum Rentenalter reichen. Welche Laufzeit angemessen ist, hängt vom Einzelfall ab. In der Regel spielt die Dauer der Fortbildung eine Rolle dafür, wie lange diese sogenannte Bindungswirkung dauern kann. Zur Orientierung nutzten die Gerichte Tabellen wie die folgende (allerdings handelt es sich dabei nur um Richtwerte):


Dauer der Fortbildung bis  -  Bindungsfrist in der Regel höchstens:

1 Monat  - halbes Jahr

2 Monate - 1 Jahr
 
3 bis 4 Monate - 2 Jahre
  
6 bis 12 Monate - 3 Jahre
    
mehr als 24 Monate - 5 Jahre
    

Dreh- und Angelpunkt 2: Höhe möglicher Rückzahlungen

Auf keinen Fall kann man den Arbeitnehmer verpflichten, mehr als die tatsächlichen Fortbildungskosten zu erstatten. Zu diesen zählen neben den Lehrgangs- oder Seminarkosten auch der Lohn oder das Gehalt, das während der Freistellung für die Teilnahme bezahlt wurde, sowie ggf. Lehrmaterial und Reisekosten. Sozialversicherungsbeiträge dürfen übrigens nicht zurückgefordert werden.

In aller Regel werden Rückzahlungsvereinbarungen so gestaltet, dass der Kostenanteil, der bei einem Arbeitgeberwechsel erstattet werden muss, im Laufe der Zeit sinkt. Beispiel: Wenn die Vereinbarung 5 Jahre (d. h. 60 Monate) läuft, kann sich die zu erstattende Summe mit jedem Monat um ein Sechzigstel verringern. Somit wäre bei einem Ausscheiden direkt nach Abschluss die volle Summe fällig, nach einem Jahr noch 80 %, nach zweieinhalb Jahren 50 Prozent und nach 4 Jahren 20 Prozent.
Geht gar nicht: Rückzahlungsvereinbarung für betriebliche Ausbildung

Natürlich ist auch ein Ausbildungsvertrag aus Sicht des ausbildenden Unternehmens eine Investition. Schließlich müssen erst einmal viele Ressourcen in den Azubi gesteckt werden, bevor dieser etwas für das Unternehmen leisten kann. Und auch in diesem Fall ist es sehr ärgerlich, wenn der mühsam gefundene Lehrling im Mangelberuf gleich nach der Gesellenprüfung zu einem Wettbewerber wechselt.

Die Idee, das mit einer Rückzahlungsklausel verhindern zu wollen, ist allerdings aussichtslos. Die Vereinbarung wäre schlicht unwirksam.

 

Fazit: Besser den Anwalt fragen

Eine Rückzahlungsklausel gehört zu den Dingen, bei denen „Do it yourself“ schnell in die Sackgasse führt. Deshalb kann es Sinn machen, sich bei der Formulierung vom Rechtsanwalt unterstützen zu lassen.

Noch wichtiger ist jede Feinheit der Formulierung sind jedoch Mitarbeiterzufriedenheit und Aufstiegschancen, um qualifizierte Mitarbeiter im Unternehmen zu halten.

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