07 Jul 2021

Langzeitarbeitszeitkonto: So machen Sie Sabbaticals möglich

Wie wäre es, wenn Sie Ihren Mitarbeitern dabei helfen, ihre Träume zu verwirklichen? Reisen, um interkulturelle Kompetenzen zu stärken oder einfach Erholung, um neue Energie zu tanken. Wenn Mitarbeiter ein Sabbatical machen, kann es auch für Sie Vorteile haben. Mit einem Langzeitarbeitskonto lässt sich die Arbeitszeit ansparen, die später für Freizeit genutzt werden kann.

Was halten Sie davon, Ihren Arbeitnehmern die Möglichkeit zum Ansparen eines Sabbaticals zu geben? Das hat eine recht effektive Wirkung für die Mitarbeiterbindung:

  • Sie zeigen, dass Sie sich um Ihre Arbeitnehmer kümmern.
  • Sie packen die Leute bei Ihren Träumen. Ein Sabbatical ist eine Möglichkeit, diese endlich einmal zu verwirklichen: monatelang durch Australien reisen, endlich den eigenen Roman schreiben, früher in den Ruhestand gehen oder was immer.
  • Arbeitnehmer bekommen mit einem Langzeitkonto alternativ eine Vorsorge-Möglichkeit für schwierige Lebenssituationen, etwa dass Familienangehörige zum Pflegefall werden. Das ist ein wichtiges Argument, auch wenn sich die Entwicklung des Kontos natürlich nicht präzise planen lässt.
  • Ihre Arbeitnehmer erhalten eine langfristige, positive Perspektive dafür, bei Ihnen zu bleiben.

Ein Rechtsanspruch auf Sabbaticals besteht nicht. Wenn der Arbeitgeber nicht mitzieht, bleibt nur noch als radikaler Schnitt die Kündigung. Das macht Unternehmen, die eine solche Auszeit ermöglichen, umso attraktiver.

Umgekehrt hat aber auch der Arbeitgeber etwas davon, wenn ein Mitarbeiter frische Energie tankt, um dann mit neuen Ideen und Anregungen und einer neuen Sicht der Dinge zurückzukommen.

Langzeitarbeitskonten

Wesentliche Voraussetzungen für Langzeit-Arbeitskonten hat das Flexi-II-Gesetz geschaffen. Mit vollem Namen heißt es „Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen“ und ist in wesentlichen Teilen zum 01. Januar 2009 in Kraft getreten.

Der Kern der Sache: Mit Zeitwertkonten (Lebensarbeitszeitkonten oder Langzeitarbeitszeitkonten) lässt sich Arbeitszeit ansparen und später in Form von Freizeit nutzen. In der Ansparphase können praktische alle Lohn- und Gehaltsbestandteile auf ein Zeitwertkonto gutgeschrieben werden. Man kann beispielsweise außer- oder übertarifliche Leistungen, Überstunden, nicht beanspruchten Urlaub (soweit er über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgeht) oder freiwillige Leistungen des Arbeitgebers auf die hohe Kante legen.

Die Umrechnung von Zeit (wie Urlaubstagen oder Überstunden) in Geld erfolgt auf der Grundlage des jeweiligen Stundensatzes. In der Entnahmephase wird das Geld ausgezahlt, in dieser Phase ersetzt es die Gehaltszahlungen.

Nutzungsmöglichkeiten

Dass Zeitwertkonten eine Altersteilzeit oder einen Vorruhestand ermöglichen, ist im Gesetz ausdrücklich vorgesehen. Es lässt sich aber auch vereinbaren, dass das angesparte Guthaben für ein Sabbatical oder für eine Weiterbildungsphase genutzt werden kann, oder für Pflegezeiten von Angehörigen.

Je flexibler das Langzeitarbeitskonto verwendbar ist, desto effektiver wird es als Bindungsinstrument, weil es umso mehr Arbeitnehmer anspricht.

Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge

Auf die Einzahlungen müssen während des Ansparens weder Lohnsteuer noch Sozialabgaben gezahlt werden. Diese werden erst in der Freistellungsphase fällig, also beim Abbau des Wertguthabens abgeführt.

Seit 2009 sind auch die Arbeitgeberbeitragsanteile Teil des Wertguthabens.

Die Arbeitgeberumlagen U1 und U2 sowie die Insolvenzgeldumlage zählen allerdings nicht dazu. (In der Freistellungsphase kann die Umlage daher auch nicht aus dem Wertguthaben gezahlt werden.) Zur Berechnung der Unfallversicherungsbeiträge ist in der Ansparphase das tatsächliche Entgelt entscheidend. Dafür wird in der Freistellungsphase das entnommene Entgelt nicht mit einberechnet.

Dem Arbeitgeber hat allerdings die allgemeinen Aufzeichnungspflichten zu den Sozialversicherungsbeiträgen (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 Beitragsverfahrensverordnung) und damit einiges an Bürokratie am Hals.

Praxisaspekte

  • Die Einführung von Langzeitarbeitskontos ist nicht ganz einfach. Ohne fachliche Beratung geht vermutlich nichts. Als Arbeitgeber müssen Sie die komplexen Vorgaben des Flexi-II-Gesetzes einhalten, außerdem muss das angesparte Geld, das ja den einzelnen Arbeitnehmern gehört, insolvenzsichernd angelegt werden. Das kostet Geld und Aufwand.
  • Die Möglichkeit zur Nutzung von Zeitwertkonten kann individuell mit einzelnen Arbeitnehmern oder per Betriebsvereinbarung für die gesamte Belegschaft vereinbart werden.
  • Zusätzlich sollten bei jedem Sabbatical die Einzelheiten schriftlich zusammengefasst werden: Wie lange dauert es, in welcher Funktion wird der Mitarbeiter anschließend wieder eingegliedert? Wenn Gehaltszahlungen während des Sabbatical weiterlaufen, muss klargestellt sein, dass der Mitarbeiter in dieser Zeit nicht zur Arbeit verpflichtet ist, seine Betriebszugehörigkeit aber weiterläuft. Außerdem sollte eine Regelung zum Urlaub getroffen werden. Dauert das Sabbatical 6 oder gar 12 Monate, ist es sinnvoll, dabei den Jahresurlaub anzurechnen.
  • Der größte Nachteil von Wertguthaben war früher, dass man sie bei einem Arbeitgeberwechsel nicht mitnehmen konnte. Das hat sich geändert (§ 7f Abs. 1 SGB IV), und auch eine Übertragung auf die Rentenversicherung ist inzwischen möglich.

Alternative

Eine andere Möglichkeit für ein Sabbatical ist die Teilzeitvariante. Dabei wird für einen längeren Zeitraum Teilzeit-Arbeit vereinbart, aber Vollzeit gearbeitet. Das so erwirtschaftete Zeitguthaben verwendet der Mitarbeiter dann für das Sabbatical. Finanziert wird es durch das reduzierte Gehalt, dass er weiterhin erhält. Nach dem Sabbatical kehrt der Mitarbeiter auf seine Vollzeitstelle zurück.

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