17 Aug 2017

Chef … ich bin schwanger.

Grundsätzlich ist eine Schwangerschaft eine schöne Nachricht - Punkt. Lassen Sie sich als Chef nicht bangemachen - als verantwortungsvoller Arbeitgeber bekommen Sie das hin.

Aber keine Frage: Organisatorisch ist das gerade für kleine Unternehmen oft eine Herausforderung. Wir haben die Informationen, die Sie brauchen - Geburtsvorbereitung für Arbeitgeber, quasi.

Der Schwangerschaftstest war positiv – muss der Chef das sofort erfahren?

Die Antwort lautet: Eigentlich ja. Werdende Mütter sollten ihren Arbeitgeber von der Schwangerschaft in Kenntnis setzen, sobald sie selbst davon wissen. Eine arbeitsrechtlich sanktionierte Pflicht dazu gibt es aber nicht.

Wie so oft kommt es eher auf den gesunden Menschenverstand an als auf Paragraphen. Es liegt im Interesse sowohl der werdenden Mutter wie auch des Arbeitgebers, wenn früh geplant werden kann, wie es weitergeht. Und bestehende Schutzvorschriften können nur angewendet werden, wenn der Arbeitgeber von der Schwangerschaft weiß.

Kündigung während der Schwangerschaft?

Wenn eine oder womöglich mehrere Mitarbeiterinnen gleichzeitig schwanger werden, kann das ein kleineres Unternehmen vor richtige Probleme stellen. Womöglich fragt der Chef sich dann, ob er nicht einfach mit einer Kündigung für Klarheit sorgen könnte.

Die Antwort lautet: Wohl kaum. Während der gesamten Schwangerschaft bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Geburt des Kindes ist eine Kündigung unzulässig. Und zwar auch in einem Kleinbetrieb, der nicht unter das Kündigungsschutzgesetz fällt. Ganz ausnahmsweise ist eine Kündigung zwar möglich. Dann muss aber die im jeweiligen Bundesland zuständige Behörde für Arbeitsschutz grünes Licht geben, und der Kündigungsgrund darf weder mit der Schwangerschaft noch mit der Situation nach der Geburt zu tun haben.

Der Kündigungsschutz: weitreichend, aber einseitig

  • Der Kündigungsschutz gilt, auch wenn der Arbeitgeber beim Kündigen noch gar nichts von der Schwangerschaft wusste. Selbst dann ist die Kündigung unwirksam, wenn die Frau ihn innerhalb von zwei Wochen informiert.
  • Der Kündigungsschutz greift sogar, wenn sie nur den Arbeitsvertrag unterzeichnet, die Stelle aber noch gar nicht angetreten hat – also noch vor dem ersten Arbeitstag (LAG Düsseldorf, Urteil vom 30.09.1992, 10 Sa 1049/92).
  • Übrigens gilt der Kündigungsschutz auch, wenn es zu einer Tot- oder Fehlgeburt kommt oder die Schwangerschaft wegen medizinischer Gründe vorzeitig beendet werden muss. (Eine Entbindung im Sinn des Mutterschutzgesetzes liegt dann vor, wenn der Fötus mindestens 500 Gramm wiegt – auch mit solchen Fragen befassen sich Arbeitsrichter, jedenfalls im Urteil des BAG vom 15.12.2005, 2 AZR 462/04.)
  • Die schwangere Arbeitnehmerin kann dagegen auch während der Schwangerschaft problemlos kündigen – zum Ende der Schutzfrist (in der Regel 8 Wochen nach der Entbindung) auch ohne Einhaltung einer Frist.

Schwangere mit Zeitvertrag?

Wenn die Schwangerschaft in ein befristetes Arbeitsverhältnis fällt, dann greift der Kündigungsschutz nicht. Besser gesagt: Das Arbeitsverhältnis endet trotz Schwangerschaft zu dem Zeitpunkt, der im Arbeitsvertrag steht.

Allerdings gibt es auch da Stolperfallen. Wenn die Frau nachweisen kann, dass sie nur deshalb keinen Anschlussvertrag bekommen hat, weil sie schwanger wurde, dann ist das rechtsmissbräuchlich und eine unmittelbare Diskriminierung, sagt der Europäische Gerichtshof (EuGH vom 04.10.2001, C-109/00).

Aufhebungsvertrag ist möglich

Auch wenn eine Kündigung in den meisten Fällen kaum möglich ist: Dass der Arbeitgeber und die Schwangere das Arbeitsverhältnis freiwillig durch einen Aufhebungsvertrag beenden, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das dürfte nicht ohne eine entsprechende Abfindung zu realisieren sein. (Aufhebungsverträge, die unter Druck oder falschen Behauptungen zustande kommen, können angefochten werden.)

Elternzeit und Teilzeit

Eine der wichtigsten Fragen aus Sicht des Arbeitgebers: Will oder kann die schwangere Mitarbeiterin nach der Geburt wieder in ihren Job zurückkehren?

Oft bleibt nichts anderes übrig, als die vakante Stelle per Zeitvertrag mit jemand anderem zu besetzen. Um Umfang und Dauer des befristeten Vertrags festzurren zu können, muss erst einmal klar sein, ob die schwangere Kollegin beruflich ganz aussteigt oder zum Beispiel Elternzeit nimmt, aber dabei in Teilzeit arbeitet. Während der Elternzeit sind bis zu 30 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt möglich. (Die Arbeitszeit muss für mindestens zwei Monate auf 15 bis 30 Wochenstunden reduziert werden.)

Nach der Elternzeit gilt wieder die im Arbeitsvertrag vereinbarte Wochenarbeitszeit. Oft wollen Eltern jedoch gerne mehr Zeit mit ihrem Kind verbringen und deshalb eine dauerhafte Teilzeitlösung. Wenn das Unternehmen

  • mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt,
  • das Arbeitsverhältnis bereits länger als sechs Monate bestanden hat und
  • keine dringenden betrieblichen Gründe dagegensprechen,
  • haben Sie darauf auch einen Rechtsanspruch.

Bleiben Sie guter Hoffnung

Ganz ehrlich: Die Schwangerschaft der unentbehrlichen Mitarbeiterin ist betrieblich gesehen erst mal ein echtes Organisationsproblem. Schichten müssen abgedeckt und Abgabetermine eingehalten werden, ob die Schwangerschaft schwierig und das Kind später krank ist oder nicht. Da kommt ein kleines Unternehmen schnell an die Belastungsgrenze. Es bleibt nur: Flexibel denken, miteinander reden und Lösungen suchen.

Und nicht vergessen, dass die Schwangerschaft auch eine Chance ist, gerade bei guten Kräften. Bei keiner Gruppe von Beschäftigten kann Mitarbeiterbindung so effektiv wirken wie bei Müttern (und Vätern!) mit kleinen Kindern. Wenn der Arbeitgeber sich beweglich zeigt, Teilzeit und flexible Arbeitszeiten ermöglicht sowie Aufgaben passend umstrukturiert, werden sie garantiert nicht so schnell an einen Arbeitsplatzwechsel denken.

Themen:

Mitarbeiter Arbeitgeber

Verwandte Beiträge