01 Jun 2017

Oft übersehen - Die Künstlersozialabgabe

Ob ein Start-up vom Markt mit offenen Armen empfangen wird, das muss sich immer erst zeigen. Dass es von vielen aufgehaltenen Händen begrüßt wird, ist dagegen sicher: Es warten Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, IHK- (oder Handwerkskammer-) Beiträge, Rundfunkbeiträge, Berufsgenossenschaft, möglicherweise GEMA und/oder LKW-Maut und vieles mehr.

Bei diesem Fest der offenen Forderungen wird die Künstlersozialabgabe gern vergessen – bis die KSK (Künstlersozialkasse) sich meldet oder ein Prüfer der DRV dafür sorgt, und man für fünf Jahre nachbezahlen darf. Damit das nicht passiert, haben wir das Wichtigste zur Künstlersozialabgabe zusammengestellt.

Künstlersozialabgabe auch ganz ohne Kunst

Künstlersozialabgabe wird fällig, wenn Sie Aufträge an „selbstständige Künstler und Publizisten“ vergeben. Das ist nicht erst dann der Fall, wenn Sie fürs Büro Ihr Porträt in Öl malen lassen oder einen Autor mit ihrer Erfolgsgeschichte beauftragen. Neben klassischen Kunstschaffenden sind auch Selbstständige gemeint wie:

  • Fotografen
  • Designer
  • Texter
  • Webdesigner
  • Journalisten

Das sind nur einige aus einer langen Liste künstlerisch-kreativer und deshalb KSK-pflichtiger Tätigkeiten. (Clowns, Büttenredner, Kritiker und Zauberer stehen übrigens auch darauf.)

In der Praxis führen besonders Aufträge für Werbung, PR, Entertainment sowie Medien- und Gestaltungsaufträge zu einer Abgabepflicht. Jedenfalls, wenn Selbstständige beauftragt werden.

Was steckt dahinter?

Künstler, Journalisten und andere kreativ oder publizistisch ausgerichtete Selbstständige sollen sozial besonders abgesichert werden.

Deshalb hat man für sie ein System geschaffen, das ein wenig an die Sozialversicherungspflicht von Arbeitnehmern erinnert: Obwohl selbstständig, zahlen Sie nur etwa die Hälfte ihrer Beiträge zur Kranken-, Pflege-und Rentenversicherung selbst. Der Rest wird teilweise vom Staat übernommen und teilweise aus der Künstlersozialabgabe finanziert, die die Auftraggeber abführen müssen.

Zuständig für die Verwaltung ist die Künstlersozialkasse in Wilhelmshaven.

Wie viel kostet der Spaß?

Die Künstlersozialabgabe wird als Prozentsatz auf die Entgelte berechnet, die innerhalb eines Jahres an KSK-pflichtige selbstständige Dienstleister bezahlt werden. Der Abgabesatz ändert sich jedes Jahr, 2016 lag er bei 5,2 Prozent, 2017 sind es 4,8 Prozent.

Wichtig: Auf Umsatzsteueranteile der Rechnungssumme muss keine Abgabe bezahlt werden. Spesen, die erstattet werden, dürfen ebenfalls abgezogen werden.

Übrigens: Ob der mit dem PR-Konzept beauftragte Journalist selbst über die Künstlersozialversicherung versichert ist, tut nichts zur Sache. Rechtsform und Tätigkeit entscheiden.

Wer muss zahlen?

  1. Abgabepflichtig sind alle Unternehmen, die für ihre Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen und das „nicht nur gelegentlich“ (dazu gleich mehr). Sie sind also dabei, wenn Sie regelmäßig Pressemeldungen schreiben lassen oder professionelle Fotos für die Website in Auftrag geben.
  2. Zahlen müssen auch alle Unternehmen, die „nicht nur gelegentlich“ mit den Leistungen kreativ oder publizistisch tätiger Freiberufler Einnahmen erzielen. Wenn Sie T-Shirts produzieren lassen und deren Motive von freien Designern stammen, oder eine Grafikerin Ihr Verpackungsmaterial gestaltet, sind Sie wahrscheinlich abgabepflichtig.
  3. Ansonsten sind bestimmte Unternehmen generell und ganz ohne „nicht nur gelegentlich“ abgabepflichtig, etwa Werbe- und PR-Agenturen, Verlage oder Galerien. Die genaue Liste steht in § 24 Abs. 1 KSVG. Ein Comic-Verlag oder eine auf die Produktion von YouTube-Clips spezialisierte Agentur gehören beispielsweise dazu.

Für alle anderen gibt es die „nicht nur gelegentlich“-Einschränkung, beziehungsweise eine Bagatellgrenze:

  • Wenn ein Unternehmen nicht mehr als 450 Euro für Aufträge an selbstständige Künstler und Publizisten ausgibt („Bagatellgrenze“), gilt das seit 2015 als „nur gelegentlich“. Dann entfällt die Abgabepflicht in der Regel.
  • Das Gleiche gilt, wenn höchstens drei kommerzielle Veranstaltungen, Konzerte, Aufführungen etc. veranstaltet werden.

Allerdings existieren diverse Ausnahmen und Besonderheiten. Zwei davon:

  • Ein einzelner Auftrag, der aus mehreren Unteraufträgen besteht, kann zur Abgabepflicht führen.
  • Wer zur in Punkt 3 erwähnten Liste gehört, muss grundsätzlich Künstlersozialabgabe zahlen – auch dann, wenn er nur zwei Show-Events im Jahr veranstaltet oder nur einmal im Jahr ein Foto-Shooting für 400 Euro beauftragt

Nicht abgabepflichtig

… sind ansonsten:

  • Aufträge an juristische Personen wie eine GmbH oder einen e. V., an eine OHG oder KG (Aufträge an eine Personengesellschaft wie eine GbR oder eine PartG aber sehr wohl!)
  • Aufgaben, die von eigenen Angestellten erledigt werden (für die werden ja reguläre Sozialversicherungsbeiträge abgeführt). Bei einem nicht sozialversicherungspflichtigen Gesellschafter-Geschäftsführer kann es aber schon wieder anders sein.
  • Aufträge, die privat erteilt werden.

Wie ist das Verfahren?

Ihr Unternehmen muss sich von selbst bei der Künstlersozialkasse melden.

Die schickt daraufhin einen Fragebogen und, falls grundsätzlich eine Abgabepflicht in Frage kommt, jährlich im Januar einen Meldebogen. Bis zum 31. März müssen die Vorjahres-Umsätze mit selbstständigen Publizisten und Künstlern bei der KSK gemeldet sein.

Ergibt sich eine Abgabepflicht, bekommt man einen Zahlungsbescheid. Außerdem müssen ab einer gewissen Abgabehöhe auch monatliche Vorauszahlungen geleistet werden (ein Zwölftel der Vorjahressumme).

Was nicht geht:

Auftraggeber dürfen die Künstlersoziabgabe nicht von der Rechnungssumme der Auftragnehmer einbehalten.
Auch das Umdeklarieren von Leistungen ist rechtswidrig. Man kann das Verfassen des Jahresberichts nicht einfach als abgabefreies Korrekturlesen abrechnen.
Der Auftraggeber kann den Auftragnehmer auch nicht dafür haftbar machen, dass er nicht auf die Abgabepflicht hingewiesen wurde. Der ist nicht dazu verpflichtet (wenn er es überhaupt selbst weiß).

Wer kontrolliert?

Überprüft wird die Abgabepflicht neben dem hauseigenen Prüfdienst vor allem von den Prüfern der Deutschen Rentenversicherung, z. B. im Rahmen der routinemäßigen Sozialversicherungsprüfungen. Dann werden in der Regel die Eingangsrechnungen der letzten fünf Jahre auf Leistungen hin kontrolliert, die eine Abgabepflicht ergeben. Außerdem arbeitet die DRV mit dem KSK-eigenen Prüfdienst zusammen, der kreative und publizistische Leistungen bei den KSK-Versicherten feststellt und mit den Auftraggebern verbinden kann.

Wer die Abgabe nicht korrekt bezahlt hat, muss nachbezahlen, und zwar gegebenenfalls für bis zu fünf Jahre auf einmal. Außerdem drohen Bußgelder.

Typische Streitfälle

Ist eine bestimmte Leistung abgabepflichtig oder nicht? Oft ist die Abgrenzung schwierig. Beispielsweise wird zwischen publizistischen und nicht publizistischen Übersetzungen unterschieden. Web-Design mit grafischer Gestaltung führt zur Abgabepflicht, reines Installieren und Anpassen ohne kreative Eigenarbeit nicht.
Wie ist das Auftragsverhältnis einzustufen? Auch da lauern viele Tücken. Wenn der Auftraggeber einen Webdesigner mit der neuen Website beauftragt und dieser die Texterstellung als Unterauftrag vergibt, wird dafür zweimal die Abgabe fällig: Einmal beim Webdesigner, einmal – bezüglich der Gesamtrechnung – beim Hauptauftraggeber. Dieses sogenannten Mehrstufenverfahren hat das Bundessozialgericht abgesegnet (BSG, 22.5.2015 – B 3 KS 5/13 R).
Rechtsform- und Statusfragen: Wenn der Chef einer als GmbH geführten Agentur einen Teil der Gestaltung auf eigenen Namen abrechnet, dann kann Abgabepflicht entstehen – und es hängt von der Rechnungsstellung ab, ob diese bei der Agentur oder dem Auftraggeber liegt.
Kurz und gut: Wieder einmal lauert so mancher Teufel in den Einzelfall-Details.

Weitere Informationen


… findet man bei der KSK selbst. Diese bietet eine Hotline unter der Nummer 04421 9734051500, bei der man sachkundig und durchaus freundlich informiert wird – auch wenn man insgesamt mit eher zahlungsfreundlichen Auskünften rechnen sollte.

FAQ und diverse Informationsschriften kann man sich auf der KSK-Website herunterladen. Dazu gehört auch die erwähnte Liste der „künstlerischen/publizistischen Tätigkeiten“. Den Anmelde-Fragebogen bekommt man dort auch.

Gesetzesgrundlage ist das „Gesetz über die Sozialversicherung der selbstständigen Künstler und Publizisten“ (KSVG).

Themen:

Arbeitgeber Steuern

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