Mutterschutz 2018: Was sich ändert

Januar 2018 - Das im Mai 2017 reformierte Mutterschutzgesetz sorgt an einigen Stellen für zusätzliche Sicherheiten für Mütter und deren (werdende) Kinder. Die wesentlichen Änderungen treten zum Jahresbeginn 2018 in Kraft. Unter anderem werden Arbeitgeber verpflichtet, Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen.

Zum 1. Januar 2018, ist der Großteil der Regelungen im reformierten Mutterschutzgesetz (MuSchG) in Kraft getreten. Wir stellen die wichtigsten Punkte aus Sicht der Lohn- und Gehaltsabrechnung vor.

Mutterschutz auch für Praktikantinnen und „arbeitnehmerähnliche Personen“

Die im Gesetz festgelegten Mutterschutzvorschriften gelten seit der Reform nicht mehr nur für Arbeitnehmerinnen, Frauen in einer betrieblichen Berufsausbildung sowie Heimarbeiterinnen, sondern auch für Praktikantinnen (i. S. d. § 26 BBiG) sowie grundsätzlich auch für Schülerinnen und Studentinnen. Außerdem sind die Regelungen für Frauen einschlägig, die als „arbeitnehmerähnliche Personen“ eingestuft werden (§ 1 Abs. 2 Nr. 7 MuSchG).

Nach unionsrechtlicher Rechtsprechung reicht eine gesellschaftsrechtlich begründete Weisungsgebundenheit aus, um Beschäftigte als Arbeitnehmer einzuordnen. Deshalb fallen beispielsweise Fremdgeschäftsführerinnen einer GmbH grundsätzlich unter die Bestimmungen im MuSchG. Allerdings gelten für arbeitnehmerähnliche Frauen die §§ 18, 19 Abs. 2 und § 20 MuSchG nicht. Sie haben keinen Anspruch auf Mutterschaftslohn, Mutterschaftsgeld von der gesetzlichen Krankenkasse oder auf den Arbeitgeberzuschuss (s. u.).

 

Schutzfristen vor und nach der Geburt

Arbeitnehmerinnen dürfen in den letzten sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin nicht beschäftigt werden. Sie können sich allerdings ausdrücklich zur Arbeitsleistung bereit erklären, diese Erklärung sollte sich der Arbeitgeber möglichst schriftlich geben lassen. Sie kann jederzeit widerrufen werden.

Bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung darf die Arbeitnehmerin ebenfalls nicht beschäftigt werden. Diese Schutzfrist verlängert sich bei Frühgeburten (Geburtsgewicht unter 2.500 Gramm) sowie bei Mehrlingsgeburten. Außerdem verlängert sie sich, wenn bei dem Kind innerhalb von acht Wochen nach der Entbindung einer Behinderung (i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX) festgestellt wird, dann muss die Mutter die Verlängerung allerdings beantragen. Diese Regelung ist bereits seit dem 30.05.2017 in Kraft.

Wird das Kind vor dem errechneten Termin geboren, verlängert sich die Schutzfrist nach der Entbindung um die entsprechende Zeitspanne, die Frau kehrt nicht früher zurück.

Das Beschäftigungsverbot für Arbeitnehmerinnen ist zwingend. Dagegen dürfen Schülerinnen und Studentinnen auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin auch während der Schutzfrist zu Ausbildungszwecken eingesetzt werden.

 

Beschränkung der Arbeitszeiten vor und nach der Schutzfrist

§ 4 MuSchG enthält allgemeine Beschränkungen der Arbeitszeit für werdende und stillende Mütter. Volljährige dürfen höchstens 8,5 Stunden täglich oder 90 Stunden in der Doppelwoche beschäftigt werden, Minderjährige nicht mehr als 8 Stunden täglich oder 80 Stunden in der Doppelwoche. Die Schichten müssen so gelegt werden, dass sich an die tägliche Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden anschließt.

Für die Zeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr besteht grundsätzlich ein Nachtarbeitsverbot. Die Aufsichtsbehörde kann jedoch auf Antrag des Arbeitgebers eine Beschäftigung zwischen 20 Uhr und 22 Uhr genehmigen, wenn die Mitarbeiterin dem ausdrücklich zustimmt, aus ärztlicher Sicht nichts dagegen spricht (Attest) und eine unverantwortbare Gefährdung für Schwangere und Kind ausgeschlossen ist.

Schwangere und Stillende dürfen grundsätzlich nicht an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden (§ 6 Abs. 1 S. 1 MuSchG). Auch hier ist eine Beschäftigung ausnahmsweise zulässig, dann muss die Mitarbeiterin jedoch ausdrücklich einverstanden sein, ihr muss jede Woche ein Ersatzruhetag gewährt werden und zwar im Anschluss an eine ununterbrochene Nachtruhezeit von mindestens elf Stunden und eine unverantwortbare Gefährdung muss ausgeschlossen sein. Außerdem muss für die Branche eine Ausnahme vom Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit nach § 10 ArbZG bestehen.

 

Freistellung zum Stillen und für Untersuchungen

Wenn die Mitarbeiterin ihr Kind stillt, muss ihr dafür während der ersten zwölf Monate nach der Geburt des Kindes die nötige Zeit gewährt werden (§ 7 MuSchG):

  • mindestens zweimal täglich für eine halbe Stunde, oder
  • einmal täglich für eine Stunde.

Schwangere und stillende Mitarbeiterinnen haben außerdem Anspruch auf Freistellung für die notwendigen ärztlichen Untersuchungen.

Wichtig: Die Arbeitnehmerin hat für die Zeiten der Freistellung vollen Entgeltanspruch. Sie muss die zum Stillen oder für ärztlichen Untersuchungen verwendete Zeit auch nicht nacharbeiten (§ 23 Abs. 1 MuSchG).


Beschäftigungsverbote

Das MuSchG sieht für bestimme Situationen ärztliche und betriebliche Beschäftigungsverbote vor, um eine Gefährdung der werdenden Mutter möglichst auszuschließen.

 

Ärztliches Beschäftigungsverbot

Wenn ein Arzt (nicht jedoch die Hebamme!) einer Schwangeren bescheinigt, dass bei weiterer Beschäftigung ihre oder die Gesundheit des Kindes gefährdet ist, darf der Arbeitgeber sie nicht mehr beschäftigen. In den ersten Monaten nach der Entbindung sind solche Arbeiten verboten, die gemäß ärztlichem Attest die Leistungsfähigkeit der Mutter übersteigen (§ 16 MuSchG).

 

Beschäftigungsverbot aufgrund fehlender Gefährdungsbeurteilung

Sobald der Arbeitgeber von der Schwangerschaft erfährt, muss er eine Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes der Mutter vornehmen und nötigenfalls Schutzmaßnahmen ergreifen. Tätigkeiten, für die das nicht geschieht, darf die Frau nicht ausüben (§ 10 Abs. 3 MuSchG).

 

Beschäftigungsverbot, weil keine Schutzmaßnahmen möglich sind

Wenn die Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass weder Schutzmaßnahmen noch ein Arbeitsplatzwechsel Gefährdungen verhindern können, darf der Arbeitgeber die Schwangere oder Stillende nicht weiterbeschäftigen (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 MuSchG).

Genauere Bestimmungen zu verbotenen Tätigkeiten beziehungsweise Arbeitsbedingungen enthält § 11 MuSchG für Schwangere und § 12 MuSchG für Stillende.

 

Mutterschutzlohn

Arbeitet eine Schwangere aufgrund eines Beschäftigungsverbots weniger oder gar nicht, hat sie außerhalb der absoluten Schutzfristen vor und nach der Geburt Anspruch auf Mutterschutzlohn (§ 18 MuSchG). Der Mutterschutzlohn berechnet sich

Für Unternehmen im Niedriglohnsektor ist es sinn-voll, Arbeitszeitnachweise anhand einer Zeiterfas-sung führen zu können. Ab einer gewissen Unter-nehmensgröße sind Zeiterfassungssysteme schlicht nützlich. Denn moderne Zeiterfassungssysteme ermöglichen mehr als nur eine Dokumentation der Arbeits- und Pausenzeiten - sie können zahlreiche weitere  individuelle Anforderungen erfüllen.

mindestens in Höhe des Durchschnittsverdienstes der letzten drei Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist (s. u.).

Der Anspruch ist zeitlich unbegrenzt. Wechselt die Frau aufgrund der Schwangerschaft zu einer Tätigkeit, die geringer entlohnt wird, wird dies beim Mutterschutzlohn nicht berücksichtigt.

Mutterschutzlohn wird vom Arbeitgeber berechnet und bezahlt. Die Krankenkassen erstatten ihn im Rahmen des Umlageverfahrens U2, an dem alle Arbeitgeber teilnehmen, zu hundert Prozent.

Wichtig: Liegt statt eines Beschäftigungsverbots eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung vor, dann besteht wie auch sonst im Krankheitsfall Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer von sechs Wochen und kein Anspruch auf Mutterschutzlohn.

 

Mutterschaftsgeld

Für die Dauer des absoluten Beschäftigungsverbots (also sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt) besteht ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld (§ 19 MuSchG).

Gesetzliche Versicherte erhalten es auf Antrag von der gesetzlichen Krankenkasse (Familienversicherte vom Bundesversicherungsamt). Die Höhe entspricht dem durchschnittlichen Nettoentgelt der letzten drei Kalendermonate vor Beginn der Schutzfrist (s. u.), höchstens jedoch 13 Euro pro Kalendertag. Die Differenz zwischen diesen 13 Euro und dem durchschnittlichen Nettogehalt muss gegebenenfalls der Arbeitgeber als Arbeitgeberzuschuss übernehmen (§ 20 MuSchG), bei mehreren Arbeitsverhältnissen anteilig im Verhältnis zum Gesamtentgelt.

Privat Krankenversicherte erhalten kein Mutterschaftsgeld, nur eine einmalige Auszahlung vom Bundesversicherungsamt. Der Arbeitgeber muss jedoch seinen Arbeitgeberzuschuss in der Höhe leisten, als wäre die Frau gesetzlich krankenversichert.

Sozialversicherungsabgaben und Lohnsteuer fallen bei Mutterschaftsgeld sowie Arbeitgeberzuschuss nicht an.

 

Wie wird das durchschnittliche Arbeitsentgelt berechnet?

Für das durchschnittliche Arbeitsentgelt der letzten drei Monate, auf dessen Grundlage Mutterschaftslohn und Mutterschaftsgeld berechnet werden, zählen neben dem Grundentgelt laufende Bezüge wie Zulagen und Zuschläge (unabhängig von der Sozialversicherungspflicht) sowie vermögenswirksame Leistungen mit. Einmalige Sonderzahlungen werden dagegen nicht berücksichtigt.

Ebenfalls unberücksichtigt bleiben unverschuldete Fehlzeiten, Arbeitsausfälle und Kurzarbeit sowie elternzeitbedingte Teilzeitarbeit (§ 21 MuSchG). Kommt es während des Berechnungszeitraums zu (nicht nur vorübergehenden) Verdienständerungen, etwa eine Erhöhung durch einen Tarifvertrag, dann muss dies für den gesamten Berechnungszeitraum berücksichtigt werden. Wird die Änderung erst nach dem Berechnungszeit wirksam, wird sie dagegen erst ab diesem Zeitpunkt berücksichtigt.

Kann auf die beschriebene Weise kein durchschnittliches Arbeitsentgelt ermittel werden, ist das durchschnittliche kalendertägliche Arbeitsentgelt einer vergleichbar beschäftigten Person maßgeblich.

Wichtig: Ist die Schwangere bereits in Elternzeit, erhält sie keinen Mutterschaftslohn und kein Mutterschaftsgeld (§ 22 MuSchG).

 

Trotz Beschäftigungsverbots voller Urlaubsanspruch

Ausfallzeiten aufgrund von Beschäftigungsverboten verringern den Urlaubsanspruch nicht, sie zählen wie Beschäftigungszeiten (§ 24 S. 1 MuSchG). Kann die werdende Mutter vor Beginn eines Beschäftigungsverbots ihren Urlaub nicht oder nicht mehr vollständig nehmen, darf sie ihn im nächsten Jahr nehmen, und zwar über die ersten drei Monate hinaus. Die Übertragung ist, in Abweichung von § 7 Abs. 3 BUrlG, nicht auf den 31. März des Folgejahrs begrenzt.

 

Der Arbeitgeber „soll“ informiert werden

Sobald eine Arbeitnehmerin weiß, dass sie schwanger ist, soll sie ihren Arbeitgeber informieren und ihm den voraussichtlichen Geburtstermin mitteilen. Dazu kommt jetzt eine weitere Mitteilungspflicht, falls die frischgebackene Mutter ihr Kind stillt (§ 15 Abs. 1 S. 1 MuSchG).

Es handelt sich allerdings in beiden Fällen um eine bloße Empfehlung. Informiert die Frau ihren Arbeitgeber nicht, kann dieser sie nicht sanktionieren. Allerdings kann ihm dann die Nichteinhaltung der speziellen Schutzvorschriften für Schwangere bzw. Stillende nicht vorgeworfen werden.

Wichtig: Der Arbeitgeber darf – mit Ausnahme des Betriebsrats – Dritte nicht ohne Zustimmung der Frau über die Schwangerschaft informieren.

 

Kündigungsschutz

Eine ordentliche Kündigung ist während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Geburt des Kindes ist weiterhin grundsätzlich unzulässig. Das Gleiche gilt bei einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche (§ 17 MuSchG). Nur in Ausnahmefällen ist eine Kündigung mit Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörde möglich.

Stand: 20. Dezember 2017

Kategorie

Steuern, Bescheinigungen und Rechtliches

Themen:

Sozialversicherung Beschäftigungsverhältnis

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