Besonderheiten der Saisonarbeit in der Lohnabrechnung

Juli 2018: Viele Betriebe sind auf saisonal beschäftigte Mitarbeiter angewiesen. So werden in der Landwirtschaft regelmäßig ausländische Arbeitskräfte als Erntehelfer eingesetzt. In Tourismuszentren verstärken ebenfalls saisonal beschäftigte, oft ausländische Arbeitnehmer als Servicekräfte das Stammpersonal.

In Bezug auf Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben bestehen beim Einsatz von Saisonkräften einige Besonderheiten, zu denen dieser Beitrag einen Überblick vermittelt.

Der Arbeitslohn ausländischer, saisonal tätiger Arbeitnehmer ist grundsätzlich steuerpflichtig, ihr Einkommen muss in Deutschland versteuert werden. Allerdings sind ausländische Arbeitnehmer lediglich beschränkt steuerpflichtig, falls sie

  • nur vorübergehend in Deutschland tätig sind,
  • hier über keinen Wohnsitz verfügen und
  • sich nicht länger als sechs Monate in Deutschland aufhalten.

Bei der Berechnung der Lohnsteuerwerden auch hier die persönlichen Besteuerungsmerkmale des Arbeitnehmers zugrundegelegt. Alternativ bestehen Möglichkeiten zur pauschalen Versteuerung, die vom Arbeitgeber vorgenommen wird (Näheres hierzu weiter unten).

Mindestlohnvorschriften - wichtig: Der gesetzliche Mindestlohnanspruch gilt auch für Saisonarbeiter.

Lohnsteuerabzugsbescheinigung

Für beschränkt steuerpflichtige Mitarbeiter gibt es keine elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ElStAM). Ausländische Arbeitnehmer, die als Saisonkräfte nur vorübergehend in Deutschland tätig und deshalb lediglich beschränkt steuerpflichtig sind, benötigen vielmehr jährlich eine Lohnsteuerabzugsbescheinigung. Diese „Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug“ wird auf Antrag vom zuständigen Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers ausgestellt. Anfordern kann sie sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber.

Der Antrag erfordert neben den Angaben zur Person der saisonal beschäftigten Kraft auch Angaben zum Arbeitgeber in Deutschland, möglichen weiteren Arbeitgebern und dem voraussichtlichen inländischen Jahresarbeitslohn.

Auf der Lohnsteuerabzugsbescheinigung werden zudem sämtliche Besteuerungsmerkmale eingetragen, die zur Berechnung der Lohnsteuer relevant sind. So kann sich die ausländische Saisonkraft beispielsweise Sonderausgaben sowie Freibeträge wie Werbungskosten wegen doppelter Haushaltsführung oder Reisekosten eintragen lassen, falls diese den Pauschbetrag übersteigen.

 

Unbeschränkte Steuerpflicht auf Antrag

Vielen ausländischen Saisonarbeitern dient die Tätigkeit in Deutschland zur Sicherung ihres Lebensunterhalts. Für sie besteht die Möglichkeit, sich auf Antrag wie unbeschränkt Steuerpflichtige behandeln zu lassen. Die unbeschränkte Steuerpflicht auf Antrag ermöglicht es beispielsweise, die Steuerklasse 3 zu nutzen oder Vorsorgeaufwendungen steuerlich anzusetzen.

Für den Antrag müssen die Saisonkräfte allerdings entweder mindestens 90 Prozent ihrer Einkünfte in Deutschland erzielen, oder der Anteil an Einkünften, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen, darf den steuerlichen Grundfreibetrag nicht übersteigen (§ 1 Abs. 3 EStG).

 

Strenge Anforderungen an die Lohnsteuer-Pauschalierung

Als Alternative zur Lohnbesteuerung nach persönlichen Lohnsteuermerkmalen auf Grundlage einer Lohnsteuerabzugsbescheinigung kommt eine Lohnsteuer-Pauschalierung in Betracht.

Für Aushilfskräfte in der Land- und Forstwirtschaft existiert die Möglichkeit zur Pauschalierung der Lohnsteuer zu einem besonders niedrigen Steuersatz von 5 Prozent (§ 40a Abs. 3 EStG.) Dafür gelten allerdings eine Reihe von Voraussetzungen:

  • der Stundenlohn darf 12 Euro nicht überschreiten,
  • die Aushilfskraft muss in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb nach Maßgabe des Einkommensteuerrechts (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 EStG) tätig sein,
  • sie darf dort ausschließlich typisch land- oder forstwirtschaftliche Arbeiten ausführen,
  • keine ausgebildete land- und forstwirtschaftliche Fachkraft sein,
  • höchstens 180 Tage im Kalenderjahr in dem Betrieb tätig sein,
  • mindestens 75 Prozent der Arbeitszeit muss Tätigkeiten umfassen, die nicht ganzjährig ausgeführt werden, wie Erntetätigkeiten, Pflanzungen oder Holzeinschlag.

 

Lohnsteuerpauschalen beim Einsatz geringfügig oder kurzfristig Beschäftigter

Für Saisonkräfte, die nicht in der Land- und Forstwirtschaft tätig sind, bestehen unter jeweils sehr engen Voraussetzungen ebenfalls die Möglichkeiten zur Lohnsteuerpauschalierung, und zwar in Höhe von 25 Prozent, 20 Prozent oder 2 Prozent. Die gesetzliche Grundlage bilden § 40a EStG, R 40a.1 LStR sowie H 40a.1 LStH.

  • Die Pauschalierung auf 25 Prozent setzt voraus, dass der durchschnittliche Arbeitslohn pro Arbeitstag maximal 72 Euro beträgt und die Beschäftigungsdauer 18 zusammenhängende Arbeitstage nicht übersteigt, eine regelmäßig wiederkehrende Beschäftigung ist ausgeschlossen.
  • Die Lohnsteuerpauschale in Höhe von zwei Prozent gilt für geringfügig entlohnte Tätigkeiten (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV, „450-Euro-Minijobs“). Die Tätigkeit muss die dafür geltenden Voraussetzungen erfüllen.
  • Die Lohnsteuerpauschale in Höhe von 20 Prozent gilt, wenn mehrere geringfügig entlohnte Tätigkeiten ausgeübt werden.

 

Kost und Logis

Es ist vielfach üblich, dass Saisonarbeiter neben ihrem Lohn zusätzlich freie Kost und Logis erhalten. Die erste Tätigkeitsstätte des Saisonarbeiters liegt in der Regel in der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers. Die Unterkunft kann deshalb steuerfrei gewährt werden. Gleiches gilt für die Verpflegungspauschale während der ersten drei Monate. Werden vom Arbeitgeber Mahlzeiten gewährt, muss die Verpflegungspauschale entsprechend gekürzt werden.

Hinweis: Wird eine Unterkunft kostenpflichtig zur Verfügung gestellt, muss die Miete dafür angemessen sein und darf nicht direkt vom Lohn abgezogen werden (§ 15a Abs. 2 BeschV).

Einnahmen des Arbeitgebers durch das Stellen von Unterkunft (7 %) und Verpflegung (19 %) sind umsatzsteuerpflichtig. Die Anwendung von Durchschnittssätzen bei  land- und forstwirtschaftlichen Betrieben gemäß § 24 UStG ist ausgeschlossen.

 

Sozialversicherung

Auch im Hinblick auf die Sozialversicherung gelten für Saisonkräfte einige Besonderheiten.

Wird der Saisonarbeiter im Rahmen einer kurzfristigen Beschäftigung eingestellt (gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV, „kurzfristig geringfügige Beschäftigung“), handelt es sich um eine versicherungs- und beitragsfreie Beschäftigung. Die Beschäftigung darf in diesem Fall nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts dienen.

Liegt eine Hauptbeschäftigung im Heimatland vor, sind während der Beschäftigung in Deutschland ausschließlich die Rechtsvorschriften des Heimatlandes anwendbar. Der Saisonarbeiter muss dazu die Bescheinigung A1 vorlegen, die das für ihn zuständige Sozialsystem bzw. die für den Saisonarbeiter geltenden nationalen Rechtsvorschriften nachweist. In diesem Fall richtet sich die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge nach den Regelungen des Heimatlandes der Saisonkraft. Die im Heimatland möglicherweise anfallenden Sozialversicherungsbeiträge müssen vom deutschen Arbeitgeber abgeführt werden.

 

Unfallversicherung

Auch kurzfristig Beschäftigte (DEÜV-Personengruppenschlüssel 110) unterliegen dem Unfallversicherungsschutz. Das beitragspflichtige Arbeitsentgelt muss in der UV-Jahresmeldung berücksichtigt werden.

Eine Besonderheit besteht bei Arbeitnehmern von landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften. Für diese wird die Unfallumlage nicht nach Entgelten berechnet, sondern beispielsweite nach Hektarwerten. Deshalb ist bei der UV-Jahresmeldung als UV­Grund „A08“ anzugeben. Die Felder „unfallversicherungspflichtiges Entgelt“ und „Gefahrtarifstelle“ werden nicht ausgefüllt.

 

Flüchtlinge als Saisonarbeiter

Ob in Deutschland registrierte Flüchtlinge als Saisonkräfte eingesetzt werden dürfen, hängt von ihrem Aufenthaltsstatus ab. Anerkannten Flüchtlingen steht der Arbeitsmarkt offen.

 Bei Geduldeten oder noch nicht anerkannten Flüchtlingen bedarf es in der Regel einer Genehmigung der Ausländerbehörde und ggf. der Zustimmung der Agentur für Arbeit. 

 

Saisonarbeiter, die nicht aus den Mitgliedsländern der Europäischen Union stammen

Seitdem die Saisonarbeitnehmerrichtlinie der EU in Deutschland durch das „Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union zur Arbeitsmigration“ umgesetzt ist, genießen Saisonarbeiter aus Nicht-EU-Ländern deutlich mehr Rechte. Das Gesetz trat am 01.08.2017 in Kraft. Seither ist für die Einreise und Beschäftigung kein Aufenthaltstitel mehr notwendig, sofern für die Saisonarbeit eine Arbeitserlaubnis vorliegt.

Hinweis: Für Fragen des Aufenthaltsrechts und der Arbeitserlaubnis von Saisonkräften ist §15a BeschV einschlägig.

Stand: 02. Juli 2018

Kategorie

Lohn- und Gehaltsabrechnung

Themen:

Lohnabrechnung Steuern

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