Bestandsschutz- und Übergangsregelungen für bisherige geringfügig entlohnte Beschäftigungen und Beschäftigungen in der Gleitzone ab 1. Januar 2013

Dezember 2012 - Das Gesetz zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung wurde am 25.10.2012 vom Bundestag verabschiedet. Am 12.11.2012 hatten dann die beteiligten Ausschüsse dem Bundesrat empfohlen, zu dem Gesetz die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu verlangen mit dem Ziel, das Gesetz aufzuheben, und darüber hinaus das Gesetz für zustimmungspflichtig zu erklären (Drs-Nr. 625/1/12). Am 23.11.2012 hat der Bundesrat dieses Gesetz gebilligt. Es wurde festgestellt, dass das Gesetz nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Zudem wurde beschlossen, keinen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses zu stellen. Es kann damit dem Bundespräsidenten zur Unterschrift vorgelegt werden.

Mit diesem Gesetz wird die seit 2003 unverändert geltende Entgeltgrenze für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung zum 1.1.2013 von 400 € auf 450 € angehoben und damit der allgemeinen Lohnentwicklung der vergangenen Jahre angeglichen. Außerdem werden geringfügig entlohnte Beschäftigte rentenversicherungspflichtig, erhalten aber die Möglichkeit, sich von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen.

Gleichzeitig wird der bisherige Gleitzonenbereich von 400,01 € bis 800 € an den neuen Grenzwert für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung angepasst. Der Gleitzone umfasst künftig Arbeitsentgelte im Bereich von 450,01 € bis 850 €. Für diesen Bereich gilt eine neue Gleitzonenformel:

F x 450 + (2,125 – 1,125 x F) x (AE – 450)

Für die Gleitzone wird ein jährlich festzulegender Faktor F verwendet. Der Faktor F ergibt sich, wenn der Gesamtbeitragssatz des Arbeitgebers für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung (30 %) durch den Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz geteilt wird.

Der Faktor F gilt sowohl für die bisherige als auch für die neue Gleitzonenformel und beträgt (2013) 0,7605.

Für Beschäftigungsverhältnisse, die bereits vor dem 1.1.2013 bestanden haben, gelten umfangreiche Bestandsschutz- und Übergangsregelungen, die im Folgenden näher erläutert werden sollen.

Geringfügig entlohnte Beschäftigte mit einem Arbeitsentgelt bis 400 €

geringfügig entlohnten Beschäftigung rentenversicherungsfrei waren, bleiben in der Rentenversicherung weiterhin versicherungsfrei, solange das Arbeitsentgelt monatlich 400 € nicht übersteigt (§ 230 Abs. 7 SGB VI).

Der Arbeitnehmer kann aber durch eine schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber auf die Versicherungsfreiheit verzichten und den RV-Pauschalbeitrag des Arbeitgebers (15 %) auf den vollen Beitragssatz aufstocken (2013: 18,9 % des Arbeitsentgelts), um alle Leistungsansprüche aus der Rentenversicherung – das ist unter anderem auch ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente – zu erwerben und die Vorteile der Riester-Förderung nutzen zu können. Die monatliche Mindestbeitragsbemessungsgrundlage für die Entrichtung des vollen Rentenversicherungsbeitrags (§ 163 Abs. 8 SGB VI) beträgt nunmehr 175 € (bisher: 155 €).

Die Aufstockung von RV-Beiträgen ist nur mit Wirkung für die Zukunft und bei mehreren Beschäftigungen nur einheitlich möglich und für die Dauer der Beschäftigung bindend.

Ist der Arbeitnehmer aufgrund einer Verzichtserklärung bereits vor dem 1.1.2013 rentenversicherungspflichtig geworden, bleibt die RV-Pflicht bestehen. Ein Antrag nach neuem Recht auf Befreiung von der RV-Pflicht kann nicht gestellt werden, da der Verzicht bereits nach dem bisherigen Recht für die Dauer der Beschäftigung bindend war (§ 229 Abs. 5 SGB VI).

Wird in einer bisher geringfügigen Beschäftigung mit einem Arbeitsentgelt bis 400 € das Entgelt im Rahmen der neuen Entgeltgrenze auf bis zu 450 € erhöht, sind die ab 1.1.2013 geltenden Regelungen anzuwenden, d. h. der geringfügig entlohnte Beschäftigte wird rentenversicherungspflichtig und muss den RV-Beitrag des Arbeitgebers auf den vollen RV-Beitrag aufstocken, kann sich aber von der Versicherungspflicht befreien lassen (§ 6 Abs. 1b SGB VI). Dazu ist ein schriftlicher Antrag beim Arbeitgeber einzureichen, der diesen Antrag im Rahmen des DEÜV-Meldeverfahrens an die Minijob-Zentrale weiterleitet (§ 6 Abs. 3 und 4 SGB VI).

Beschäftigte mit einem Arbeitsentgelt zwi-schen 400 € und 450 €

Für Arbeitnehmer, die vor dem 1.1.2013 in der Gleitzone zwischen 400,01 € und 450 € beschäftigt waren, ist die bis 31.12.2012 geltende Gleitzonenregelung noch bis zum 31.12.2014 anzuwenden.

Der Arbeitnehmer bleibt in der Kranken- und Pflegeversicherung längstens bis zum 31.12.2014 versicherungspflichtig, sofern nicht die Voraussetzungen einer Familienversicherung vorliegen und solange das regelmäßige Arbeitsentgelt monatlich 400 € übersteigt (§ 7 Abs. 3 und § 249 Abs. 4 SGB V, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB XI). Familienversichert nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB V sind Personen, deren Gesamteinkommen als geringfügig entlohnte Beschäftigte (ab 2013) monatlich 450 € nicht übersteigt.

Der Arbeitnehmer bleibt in der Rentenversicherung versicherungspflichtig, solange das Entgelt weiterhin in dieser Einkommensspanne liegt. Ein Antrag auf Befreiung von der RV-Pflicht kann erst ab 1.1.2015 gestellt werden (§ 231 Abs. 9 SGB VI).

Der Arbeitnehmer bleibt in der Arbeitslosenversicherung längstens bis zum 31.12.2014 versicherungspflichtig, solange das regelmäßige Arbeitsentgelt monatlich 400 € übersteigt (§ 444 SGB III). Diese Beschäftigten waren bisher in den Versicherungsschutz der Arbeitslosenversicherung einbezogen. Dieser Versicherungsschutz wird übergangsweise aufrechterhalten. Der Arbeitnehmer kann sich aber auf Antrag von der Versicherungspflicht befreien lassen. Der Antrag ist bei der Agentur für Arbeit zu stellen. Die Befreiung wirkt rückwirkend zum 1.1.2013, wenn sie bis zum 31.3.2013 beantragt wird, ansonsten ab dem der Antragstellung folgenden Kalendermonat und ist auf die jeweilige Beschäftigung beschränkt.

Bleibt die Versicherungspflicht bestehen, so ist die ermäßigte Bemessungsgrundlage aus dem Arbeitsentgelt (AE) längstens bis zum 31.12.2014 nach der bisher geltenden Berechnungsformel zu ermitteln:

F x 400 + (2 – F) x (AE – 400)

Die Versicherungspflicht endet, wenn das regel-mäßige Arbeitsentgelt monatlich weniger als 400,01 € beträgt.

Tragung des RV-Beitrags bei Verzicht auf Anwendung der Gleitzonenregelung zwischen 400 € und 450 €

Hat ein Arbeitnehmer mit einem monatlichen Arbeitsentgelt zwischen 400,01 € und 450 € bis zum 31.12.2012 auf die Anwendung der Gleitzone zur Ermittlung der Rentenversicherungsbeiträge durch eine schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber verzichtet, sodass dem RV-Beitrag das tatsächliche Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist, sind 15 % RV-Pauschalbeitrag durch den Arbeitgeber zu tragen. Der Arbeitnehmer hat den RV-Beitrag auf den vollen Beitragssatz aufzustocken (§ 276b Abs. 1 SGB VI). Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer erst nach dem 1.1.2013 auf die Anwendung der Gleitzonenformel verzichtet, spätestens aber ab 1.1.2015.

Beschäftigte mit einem Arbeitsentgelt zwischen 800 € und 850 €

Für Arbeitnehmer, die vor bereits dem 1.1.2013 ein Arbeitsentgelt oberhalb der bisherigen Gleitzone von 800 € bis zur neuen Gleitzonengrenze von 850 € erhalten haben, ist die neue Gleitzonenformel nicht anzuwenden (§ 276b Abs. 2 SGB VI). Bemessungsgrundlage für die zu erhebenden Sozialversicherungsbeiträge ist das tatsächliche Arbeitsentgelt.

Der Arbeitnehmer kann aber gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich erklären, dass auf das Beschäftigungsverhältnis die Gleitzonenregelung angewendet werden soll. Diese Erklärung ist nur bis zum 31.12.2014 und mit Wirkung für die Zukunft möglich. Die schriftliche Erklärung des Beschäftigten, dass die Gleitzonenregelung Anwendung finden soll, ist zu den aufbewahrungspflichtigen Unterlagen zu nehmen (§ 8 Abs. 2 Nr. 5a BVV).

Sofern der Arbeitnehmer bis zum 31.12.2014 keine schriftliche Erklärung abgegeben hat, dass die Gleitzonenregelung angewendet werden soll, ist dauerhaft das tatsächliche Arbeitsentgelt Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Sozialversicherungsbeiträge. Damit wird es bei Entgelten zwischen 800 € und 850 € neben der Anwendung der Gleitzone dauerhaft auch Abrechnungsvorgänge ohne Gleitzonenregelung geben, wenn das Arbeitsverhältnis bereits vor dem 1.1.2013 bestanden hat.

Kategorie

Steuern, Bescheinigungen und Rechtliches

Themen:

Lohn und Gehalt Gesetze

Verwandte Artikel

Artikel

Pflegeversicherung ab Juli 2023: neue Beitragshöhe, stärkere Entlastung für Eltern, neue Arbeitgeber-Pflichten

Versicherungen Gesetze

Schon seit dem 01. Juli 2023 greifen neue Regeln für die Pflegeversicherungsbeiträge. Einerseits wurden die Beiträge und der Zuschlag für Kinderlose angehoben. Andererseits erhalten Eltern Abschläge, wenn sie mehr als zwei Kinder unter 25 Jahren haben. Arbeitgeber müssen von ihren Mitarbeitern entsprechende Erklärungen einholen.

Artikel

Bis Ende März fällig: die Schwerbehinderten-Anzeige und die Ausgleichsabgabe

Gesetze Beschäftigungsverhältnis

Arbeitgeber müssen eine bestimmte Anzahl von Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigen, wenn der Betrieb mehr als zwanzig Arbeitsplätze umfasst. Andernfalls wird eine Ausgleichsabgabe fällig. Außerdem muss eine Meldung zur Beschäftigungsstruktur erfolgen. Für beides endet die Frist am 31. März.

Artikel

Beschäftigung von Rentenbeziehern: Das hat sich bei den Hinzuverdienstgrenzen geändert

Altersvorsorge Versicherungen Gesetze

Eine Beschäftigung führt jetzt selbst bei vorgezogener Altersgrenze nicht mehr zu Rentenkürzungen, unabhängig von der Höhe des Einkommens. Bei Erwerbsminderungsrenten gilt seit dem Jahreswechsel eine höhere Hinzuverdienstgrenze. Das ist auch für Arbeitgeber positiv: Rentner, die sie beschäftigen, können ohne Einbußen beim Rentenbezug mehr arbeiten.

Artikel

Auf Honorare an selbstständige Designer, Texter und Fotografen: Künstlersozialabgabe soll steigen

Gesetze Sozialversicherung

September 2022 - Die Künstlersozialabgabe ist eine Form von Sozialversicherungsbeitrag für Selbstständige. Sie fällt auf das Honorar von Selbstständigen in Kreativberufen an und muss vom Auftraggeber bezahlt werden. Für das Jahr 2023 ist eine Erhöhung auf fünf Prozent vorgesehen. Allerdings muss nicht jedes Unternehmen bezahlen, wenn es Freelancer mit Webdesign, Werbetext oder Image-Fotos beauftragt. Das hat das Bundessozialgericht vor Kurzem klargestellt.

Artikel

Fünftelregelung bei geballter Nachzahlung von Überstundenvergütungen

Gesetze Steuern

April 2022: Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass auf die geballte Nachzahlung von Überstundenvergütungen für einen mehrjährigen Zeitraum nicht die volle Einkommensteuer anfällt. Es handelt sich vielmehr um außerordentliche Einkünfte, die unter die Fünftelregelung fallen.