Vier Aspekte, die bei Weihnachtsgratifikationen zu beachten sind

November 2013 - Bei der Zahlung und Abrechnung von Weihnachtsgratifikationen sind verschiedene arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtliche Regelungen zu berücksichtigen. Vier wichtige Aspekte werden im Folgenden erläutert.

1. Arbeitsrechtlich zulässige Kürzungen

Die Zahlung von Weihnachtsgratifikationen wird in der Regel in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder auch einzelvertraglich vereinbart. Diesen Festlegungen können Sie auch entnehmen, ob die Weihnachtsgratifikation als Anerkennung für geleistete Arbeit oder als Belohnung für Betriebstreue gezahlt werden soll.

Wenn Sie die Weihnachtsgratifikation ausschließlich als Anerkennung für geleistete Arbeit gewähren, ist sie Teil der Vergütung und darf entsprechend der im Bezugszeitraum – das ist meist das Kalenderjahr – tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung auch ohne besondere vertragliche Vereinbarung anteilig gekürzt werden.

Wird für die Zahlung der Weihnachtsgratifikation ein zu einem bestimmten Stichtag bestehendes Arbeitsverhältnis vorausgesetzt oder behalten Sie sich als Arbeitgeber eine Rückforderung vor, falls das Arbeitsverhältnis beispielsweise vor dem 31. März des Folgejahres beendet wird, soll mit der Weihnachtsgratifikation auch die Betriebstreue belohnt werden. Fehlen Solche Anspruchsvoraussetzungen, handelt es sich im Zweifel um Arbeitsentgelt für geleistete Arbeit.

Eine leistungsunabhängige Weihnachtsgratifikation dürfen Sie nur mindern, wenn bereits im Voraus die entsprechenden Bedingungen festgelegt worden sind.

Beispielsweise könnten Sie als Voraussetzung für die ungekürzte Weihnachtsgratifikation ein nicht ruhendes Beschäftigungsverhältnis oder ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis benannt haben. Nur dann können Sie die Weihnachtsgratifikation bei Elternzeit oder Kündigung kürzen oder gar ganz entfallen lassen.

Auch eine Kürzung wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten ist möglich, wenn es dazu eine Vereinbarung gibt (§ 4a EFZG) oder wenn Sie die Zahlung unter Freiwilligkeitsvorbehalt gewähren (BAG-Urteil vom 7.8.2002, 10 AZR 709/01). Gleichzeitig wird aber in § 4a EFZG bestimmt, dass die Kürzung für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ein Viertel des Arbeitsentgeltes, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, nicht überschreiten darf. Diese Regelung soll verhindern, dass bereits geringe krankheitsbedingte Fehlzeiten zu einer unangemessen hohen Kürzung der Weihnachtsgratifikation führen. Sollten Sie als Arbeitgeber eine höhere Kürzung vereinbaren, ist die Kürzungsvereinbarung insgesamt unwirksam (LAG Hamm, 13.1.2011, 16 Sa 1521/09).

Beachte:
Eine Kürzung der Weihnachtsgratifikation für Zeiten der gesetzlichen Mutterschutzfristen ist generell unzulässig

2. Lohnsteuer

Die Lohnsteuerermittlung für die Weihnachtsgratifikation erfolgt als sonstiger Bezug über einen Vergleich der Jahreslohnsteuerbeträge, die vom Arbeitnehmer voraussichtlich zu entrichten sind. Dadurch wird gewährleistet, dass vom sonstigen Bezug nicht zu viel Lohnsteuer infolge der Steuerprogression einbehalten wird.

Die Lohnsteuer ist einzubehalten, wenn der sonstige Bezug dem Arbeitnehmer zufließt (R 39b.6 Abs. 1 LStR). Bei Weihnachtsgratifikationen wird das in der Regel der Monat November sein. Ausgangspunkt für die Berechnung ist der voraussichtliche Jahresarbeitslohn ohne den sonstigen Bezug (§ 39b Abs. 3 EStG). Hierfür sind der laufende Arbeitslohn, der im Kalenderjahr bereits gezahlt wurde, sowie bisher gewährte sonstige Bezüge mit dem laufenden Arbeitslohn zusammenzurechnen, der sich voraussichtlich für die Restzeit des Kalenderjahres ergibt (R 39b.6 Abs. 2 Satz 2 LStR). Im November ist also der für Dezember noch zu zahlende laufende Arbeitslohn zu schätzen (R 39b.6 Abs. 2 Satz 3 LStR). Geldwerte Vorteile und Freibeträge sind mit ihrem Jahresbetrag zu berücksichtigen. Anschließend ist die Jahreslohnsteuer für den voraussichtlichen Jahresarbeitslohn unter Einbeziehung der Weihnachtsgratifikation zu ermitteln. Der Unterschiedsbetrag zwischen den Jahreslohnsteuerbeträgen ist die Lohnsteuer, die von der Weihnachtsgratifikation einzubehalten ist. Sie ist gleichzeitig Bemessungsgrundlage für Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer.

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3. Sozialversicherungsbeiträge

Weihnachtsgratifikationen sind beitragspflichtiges Arbeitsentgelt. Sie werden dem Kalendermonat zugeordnet, in dem sie gezahlt werden, und sind gemeinsam mit dem laufenden Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers für diesen Monat abzurechnen. Übersteigt die Summe aus laufendem Arbeitsentgelt und Weihnachtsgratifikation die monatliche Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung bzw. in der Renten- und Arbeitslosenversicherung, besteht für das Weihnachtsgratifikation Beitragspflicht, soweit die anteilige Beitragsbemessungsgrenze durch das bisher vom Arbeitgeber gezahlte beitragspflichtige Arbeitsentgelt des laufenden Kalenderjahres noch nicht ausgeschöpft worden ist (§ 23a Abs. 1 bis 3 und 5 SGB IV). Neben den Beiträgen zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sind im Rahmen der Sozialversicherung noch weitere Umlagen und Beiträge zu berücksichtigen:

Umlage U1 und U2
Bei Berechnung der Umlagen U1 und U2 bleibt einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (nach § 23a SGB IV) außer Betracht (§ 7 Abs. 2 AAG).
Insolvenzgeldumlage
Weihnachtsgratifikationen sind umlagepflichtig als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (§ 358 Abs. 2 SGB III). Der Umlagesatz für die Insolvenzgeldumlage beträgt (2013) 0,15 %.
Beiträge zur Unfallversicherung
Weihnachtsgratifikationen sind beitragspflichtig bis zur Höhe des Höchstjahresverdienstes (§ 153 Abs. 2 SGB VII).

4. Rückzahlungsklauseln und Rückzahlung

Handelt es sich bei der Weihnachtsgratifikation um eine Zahlung als Anerkennung für die im zurückliegenden Jahr geleistete Arbeit, darf sie bei Ausscheiden eines Arbeitnehmers nicht zurückgefordert werden.

Zahlen Sie die Weihnachtsgratifikation als Anerkennung für die Betriebstreue und damit als Belohnung für ein bestehendes Arbeitsverhältnis, kann sie bei Ausscheiden eines Arbeitnehmers gegebenenfalls zurückgefordert werden. Eine Rückzahlung ist aber nur zulässig, wenn diese zuvor vereinbart worden ist. Allerdings ist für Weihnachtsgratifikationen bis zu 100 € eine Rückzahlungsforderung generell unzulässig.

Bei Gratifikationen über 100 € bis zur Höhe eines Monatsverdienstes kann der Arbeitnehmer zur Rückzahlung verpflichtet werden, wenn er bis 31.3. des Folgejahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

Bei höheren Gratifikationen ist eine Bindungsfrist bis 30.6. des Folgejahres zulässig.
Durch Tarifvertrag können auch längere Bindungsfristen vereinbart werden, durch eine Betriebsvereinbarung jedoch nicht. Steuerrechtlich werden zum Rückzahlungszeitpunkt die Einnahmen des Arbeitnehmers gemindert. Im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung haben Sie diesen Betrag im Lohnzahlungszeitraum der Rückzahlung vom laufenden Arbeitslohn abzusetzen. Der gekürzte steuerpflichtige Bruttoarbeitslohn ist dann auch in der Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr des Austritts zu berücksichtigen. Ergibt die Verrechnung zwischen ausgezahltem und zurückgefordertem Arbeitslohn einen negativen Betrag, so ist dieser Betrag mit einem Minuszeichen zu kennzeichnen. Eine Änderung des Lohnsteuerabzugs im zurückliegenden Kalenderjahr ist nicht zulässig.

Dagegen ist bei der Berechnung der SV-Beiträge im Abrechnungszeitraum der Rückzahlung vom ungekürzten Arbeitsentgelt auszugehen. Andererseits müssen die SV-Beiträge für den Monat, in dem die Weihnachtsgratifikation gewährt wurde, korrigiert werden. Die SV-Jahresarbeitsentgeltmeldung ist ebenfalls zu berichtigen. Die zu viel gezahlten SV-Beiträge können aber mit den für den Rückzahlungsmonat zu leistenden SV-Beiträgen verrechnet werden. Diese Verrechnung ist auch im laufenden Beitragsnachweis zu berücksichtigen. Ein Korrektur-Beitragsnachweis ist nicht einzureichen. Die dem Arbeitnehmer erstatteten Beträge mindern jedoch im Rückzahlungsjahr die als Vorsorgeaufwendungen abziehbaren SV-Beiträge. Deshalb müssen Sie diese Minderung bei den in der Lohnsteuerbescheinigung für das Rückzahlungsjahr auszuweisenden SV-Beträgen einbeziehen.

Beispiel:Rückzahlung einer Weihnachtsgratifikation
Klaus Rupprecht bezieht ein monatliche Gehalt in Höhe von 4.600 €. Im November erhält er eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 2.000 €. Diese Sonderzahlung wurde bei der Ermittlung der Lohnsteuer- und SV-Beträge im Abrechnungsmonat November berücksichtigt. Im nachfolgenden Jahr wird das Arbeitsverhältnis auf Wunsch von Klaus Rupprecht zum 31.3. beendet. Die Weihnachtsgratifikation wird in voller Höhe zurückgefordert.
Lohnsteuer:

Für den Abrechnungsmonat März ist bei der Ermittlung der Lohnsteuer von einem gekürzten Arbeitslohn in Höhe von (4.600 € /. 2.000 € =) 2.600 € auszugehen.
Sozialversicherung:

Die für November ermittelten Sozialversicherungsbeiträge sind zu berichtigen. Bemessungsgrundlage ist das ohne Weihnachtsgratifikation gezahlte Arbeitsentgelt in Höhe von 4.600 €. Für März sind die SV-Beiträge vom ungekürzten Arbeitsentgelt in Höhe von 4.600 € zu ermitteln. Die für November zurückzuzahlenden Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung werden von den für März zu leistenden Beiträgen abgesetzt. In der Lohnsteuerbescheinigung für das Austrittsjahr sind die zu bescheinigenden Anteile zur Sozialversicherung entsprechend zu kürzen.

Erfahren Sie mehr zu Einmalzahlungen und Märzklausel.

Kategorie

Steuern, Bescheinigungen und Rechtliches

Themen:

Erstattungen Zusatzleistungen

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