Equal Pay Day: Frauen verdienen auch 2024 weniger

Trotz der bisherigen Maßnahmen und Veränderungen bleibt der Gender Pay Gap Realität: zwischen den Geschlechtern klafft weiter eine breite Lohnlücke. Wenn man rechnerisch für Frauen und Männer den gleichen Verdienst ansetzt, dann haben die Frauen vom 01 Januar bis zum 6. März 2024 unentgeltlich gearbeitet. Wo direkte geschlechterbasierte Lohndiskriminierung nachweisbar ist, können Arbeitnehmerin sich allerdings juristisch zur Wehr setzen.

Der Gender Pay Gap hat viele Facetten

Frauen und Männer sind gleichberechtigt, der Staat wirkt auf die Beseitigung von Benachteiligungen hin. So steht es seit 1949 im Grundgesetz. Dass Frauen weniger verdienen als Männer, blieb seither Teil der Wirklichkeit. Wie man es dreht und wendet: die Statistik zeigt, dass zwischen beiden Geschlechtern Unterschiede in der Bezahlung bestehen – zum klaren Nachteil der Frauen.

Dieser Gender Pay Gap hat viele verschiedene Aspekte. Das lässt sich anhand der Zahlen, die Sozialforscherinnen und -forscher laufend erheben, klar zeigen.

  • Noch immer gibt es denn Fall, dass Frauen bei gleicher Qualifikation, Erfahrung und Arbeitszeit für dieselbe Arbeit weniger Geld erhalten – obwohl das gegen geltendes Arbeitsrecht verstößt.

  • Außerdem zeigt sich, dass Frauen in schlecht bezahlten Berufen wie dem Pflegebereich überproportional vertreten sind. Das statistische Bundesamt hat diese Tatsache am Beispiel der Zahlen für den April 2022 dargestellt und dazu die gesamten Beschäftigten nach Brutto-Stundenverdienst in zehn gleich große Gruppen sortiert. In der Gruppe mit dem niedrigsten Verdienst von bis zu 10,50 Euro pro Stunde sind Frauen zu 51 Prozent vertreten. In der bestbezahlten Gruppe ab einem Stundenverdienst von 37,08 Euro sind es gerade einmal 25 Prozent. Topverdienste gehen weiter vor allem an Männer. Das ist einer der Hauptfaktoren, die den Gender Pay Gap zementieren.

  • Diese Tatsache hängt eng damit zusammen, dass Frauen auch auf der Hierarchieleiter viel zu oft den Kürzeren ziehen: Obwohl sie mittlerweile beim Eintritt ins Berufsleben in vielen Bereichen mindestens ebenso qualifiziert sind, erreichen sie seltener Leitungspositionen. Damit sind sie auf der Führungsebene im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Belegschaft selten angemessen repräsentiert. Und sie erreichen damit auch nicht die entsprechenden Gehälter.

  • Stattdessen nehmen Frauen überproportional häufig Auszeiten oder reduzieren ihre Arbeitszeit. Im individuellen Fall sind solche Entscheidungen als Teil der Lebensplanung nicht zu beanstanden. Doch im Blick auf die Gesamtheit zeigt die Realität ein krasses Missverhältnis: Weit überwiegend bleibt Fürsorgearbeit an Frauen hängen. Sie übernehmen einen weit größeren Anteil an der Kinderpflege, sind viel häufiger für die Pflege von alten oder chronisch kranken Angehörigen zuständig und verbringen deutlich mehr Zeit mit alltäglichen Aufgaben wie dem Einkauf oder dem Haushalt.

  • Das überproportionale Engagement führt dazu, dass Frauen dreimal häufiger in Teilzeit tätig sind. Außerdem können sie weniger Überstunden leisten. Das resultiert in einem Gender Hours Gap, den das statistische Bundesamt auf 18 Prozent beziffert: so viel weniger an bezahlten Arbeitsstunden entfallen auf Frauen durchschnittlich. Gleichzeitig nehmen Arbeitnehmerinnen längere Elternzeiten: durchschnittlich 14,6 Monate gegenüber 3,6 Monaten bei Männern im Jahr 2022.

  • Dazu kommt eine weitere geschlechtsabhängige Ungleichheit: Frauen sind generell seltener erwerbstätig. Diesen Gender Employment Gap setzt das Statistische Bundesamt mit 9 Prozent an.

  • Der höhere Anteil an unbezahlter und schlecht bezahlter Arbeit und der niedrigere Anteil an gut bezahlten Positionen bremst Frauen bei der Karriere aus und macht sie klar ärmer – in Form niedrigerer Bezahlung, erschwerter Vermögensbildung und geringerer Rentenansprüche. Der unbereinigte Gender Pay Gap, der auf Grundlage der durchschnittlichen Bruttoverdienste generell berechnet wird, liegt den offiziellen Zahlen zufolge bei 18 Prozent. Selbst wenn man Unterschiedle bei Branchen, Berufen, Arbeitsstunden sowie Qualifikation und Hierarchieebene herausrechnet, bleibt eine geschlechterbedingte Entgeltlücke von 6 Prozent.

Auch wenn die Lohnlücke fortbesteht: die Rechtslage hat sich geändert

Die Statistik zeigt, dass gleiche Bezahlung und berufliche Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern bei weitem nicht erreicht sind. Umgekehrt lässt sich nicht leugnen, dass das Arbeitsrecht sich bewegt hat. Frauen haben mehr Möglichkeiten, gegen Ungleichbehandlung und Lohndiskriminierung vorzugehen.

  • Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts. Wenn eine Frau schlechter bezahlt wird, weniger Aufstiegs- oder Fortbildungschancen erhält oder auf andere Art zurückgesetzt wird, nur weil sie eine Frau ist, muss der Arbeitgeber ihr den entgangenen Lohn nachzahlen. Außerdem muss er Schadenersatz leisten. Der Nachweis ist im Einzelfall oft problematisch. Zur Schadenersatzpflicht reicht es jedoch aus, wenn der Arbeitgeber eine Benachteiligung, auf die er hingewiesen wurde, nicht beseitigt.

  • Chancen, gegen Lohndiskriminierung vorzugehen, bietet auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieses Prinzip steht zwar nirgends ausdrücklich im Gesetz. Es ist jedoch seit vielen Jahren fester Bestandteil der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte.

  • Ganz besonders wichtig war eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu Equal Pay vom Februar 2023. Im Kern besagt sie, dass Arbeitnehmer ungleiche Bezahlung nicht damit rechtfertigen können, dass der Mann besser verhandelt und mehr Geld gefordert hat.

  • Seit dem Inkrafttreten des Entgelttransparenzgesetzes können Frauen verlangen, dass der Arbeitgeber mögliche Ungleichbezahlung anhand des Verdienst von vergleichbaren, männlichen Kollegen aufdeckt. Leider ist das anonymisierte Verfahren umständlich und auf Betriebe mit mehr als 200 Beschäftigten beschränkt.

Den Gender Pay Gap schließen – das ist nicht nur für Frauen wichtig, sondern auch für Arbeitgeber

Die geschlechtsbezogene Lohnlücke wird oft als Problem der Frauen gesehen – als Anliegen, dessen Lösung in ihre Verantwortung fällt. Das ist nicht nur moralisch fragwürdig, es ist auch unsinnig. Das Überwinden dieser Form von Diskriminierung liegt im ureigenen Interesse der Arbeitgeber. Die gesellschaftliche Schieflage, auf der sie beruht, und die sich in der ungleich verteilten Care-Arbeit besonders deutlich zeigt, bremst auch die wirtschaftliche Entwicklung.

Unternehmen sind mit einem schwierigen Arbeitsmarkt konfrontiert. Wenn weibliche Fachkräfte auf ihrem Weg zum beruflichen Erfolg auf Widerstände treffen, verlieren nicht nur sie, sondern wir alle. Umgekehrt beflügelt es die wirtschaftliche Entwicklung enorm, wenn Frauen in voller Zahl ins Erwerbsleben eintreten und dort ihr gesamtes Potenzial ausspielen können.

Wer das für schöne Worte hält, möge die Analyse von Heike Buchter zur Rückkehr der Frauen in den US-Jobmarkt lesen: in den USA beflügeln weibliche Arbeitskräfte, die sich während der Epidemie aus dem Arbeitsleben zurückgezogen hatten und nun wieder arbeiten, das Wirtschaftswachstum enorm. Die amerikanische Wirtschaft wuchs zuletzt um 3,2 Prozent.

 

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