Mindestausbildungsvergütung steigt: neue Beträge ab 2024

Für Auszubildende gibt es eine eigene Form des Mindestlohns: ihnen muss seit 2020 mindestens die bundeseinheitlich festgelegte Mindestausbildungsvergütung bezahlt werden. Ab dem 01. Januar 2024 gelten neue Beträge.

Die Mindestausbildungsvergütung 2023 und 2024

Die Mindestvergütung für Auszubildende wird seit dem 01.Januar 2020 durch § 17 Berufsbildungsgesetz gesetzlich vorgegeben. Ihre Höhe ist nach dem Jahr des Beginns der Ausbildung sowie nach dem Lehrjahr gestaffelt und steigt mit jedem Kalenderjahr.

Direkt im Gesetz waren die Mindestvergütungen bis einschließlich 2023 geregelt. Die für 2024 geltenden Beträge wurden am 18. Oktober 2023 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Es gelten folgende Zahlen:

Die Regeln zur Fortschreibung

Die Mindestausbildungsvergütung wird in Zukunft nach einer fest vorgegebenen Rechenformel fortgeschrieben. Grundlage sind die statistisch erhobenen Ausbildungsvergütungen fürs erste Ausbildungsjahr in den jeweils zwei Kalenderjahren vor Bekanntgabe. Die Mindestausbildungsvergütungen für 2024 ergaben sich also aus den Vergütungen, die Ausbildungsbetriebe und Azubis in den Jahren 2021 und 2022 vereinbart haben.

  • Der so ermittelte Wert, gerundet auf volle Euro-Beträge entspricht der Mindestausbildungsvergütung im ersten Lehrjahr für Azubis, die ihre Ausbildung im betreffenden Jahr beginnen.
  • Die Mindestvergütung für das zweite Lehrjahr liegt dann um 18 Prozent höher.
  • Im dritten Lehrjahr entspricht sie der Mindestvergütung des erstens Lehrjahrs plus 35 Prozent.
  • Umfasst die Ausbildung ein viertes Lehrjahr, so liegt die Mindestvergütung beim Betrag fürs erste Lehrjahr plus 40 Prozent.

Gilt statt der gesetzlichen Mindestvergütung eine tarifliche Ausbildungsvergütung?

In vielen Branchen beziehungsweise Ausbildungsbetrieben gelten Tarifverträge, die eigene Vorgaben zur Höhe der Ausbildungsvergütung machen. Wo dies der Fall ist, gelten statt der gesetzlichen Beträge die tariflichen Festlegungen.

  • Tarifverträge können die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung auch unterschreiten, selbst wenn sich diese Möglichkeit angesichts der Lage auf dem Ausbildungsmarkt derzeit wenig auf die Praxis auswirkt.
  • Viele Tarifverträge mit Regelungen zur Ausbildungsvergütung sind vom Bundesarbeitsminister für allgemeingültig erklärt worden. Das gilt unter anderem für Tarifvereinbarungen im Baugewebe, im Bäckerhandwerk oder im Hotel- und Gaststättengewerbe. Dann müssen selbst Arbeitgeber, die ansonsten nicht tarifgebunden sind, ihren Azubis die tariflich festgelegten Vergütungen zahlen.
  • Selbst wenn sie nicht für allgemeingültig erklärt wurden, wirken sich tariflich vorgegebene Ausbildungsvergütungen auf sämtliche Ausbildungsbetriebe der Branche aus: nicht tarifgebundene Unternehmen müssen „in der Regel“ mindestens 80 Prozent einer einschlägigen tariflichen Mindestvergütung für die Branche bezahlen ( 17 Abs. 4 BBiG). Eine niedrigere Vergütung gilt nicht als angemessen. Da die tarifliche Ausbildungsvergütung 2023 im Baugewerbe 935 Euro beträgt, reicht die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung von 620 Euro deshalb nicht aus. Angemessen wären zumindest im Regelfall 748 Euro.
  • Für Teilzeitausbildungen müssen die gesetzlichen Mindestvergütungen anteilig bezahlt werden. Selbst wenn sich bei Teilzeitausbildungen die Ausbildungsdauer verlängert, ergibt sich keine längere Staffelung der Vergütung für weitere Lehrjahre.

Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge

Die Mindestausbildungsvergütung entspricht den Bruttobeträgen. Darauf fallen die üblichen Sozialversicherungsbeiträge an. Auszubildende werden sowohl bei der Sozialversicherung als auch steuerlich gleich behandelt wie andere Beschäftigte.

  • Für Azubis besteht grundsätzlich Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Eine Anwendung der Regelungen zum Übergangsbereich ist bei Auszubildenden allerdings ausgeschlossen. Das gilt selbst dann, wenn ihre Vergütung wie in den meisten Fällen von der Höhe her in die Gleitzone fällt. Der Personengruppenschlüssel ist 102.

  • Nur falls die Ausbildungsvergütung den Grundfreibetrag übersteigt, kommt ein Lohnsteuerabzug in Betracht (Ausnahme: Lohnsteuerklasse 6). Der Grundfreibetrag liegt 2024 bei 11.604 Euro für Singles. Dazu kommt der Arbeitnehmer-Pauschbetrag (Werbungskostenpauschale) von 1.230 Euro. Für eine Ausbildungsvergütung im Bereich der gesetzlichen Mindestwerte fällt damit keine Lohnsteuer an.

Hinweis: Sozialkassenverfahren

Ausbildungsbetriebe der Bauwirtschaft können sich die an Azubis bezahlten Vergütungen bis zu einer bestimmten Höhe von der Sozialkasse der Bauwirtschaft (SOKA-Bau) erstatten lassen. Das ist Teil des tariflichen Sozialkassenverfahrens im Baugewerbe.  Arbeitgeber sind aufgrund eines allgemeingültigen Tarifvertrags zur Teilnahme verpflichtet.

Entsprechende Regelungen gibt es auch in anderen Branchen mit tariflicher Sozialkasse wie dem Dachdeckerhandwerk, dem Gerüstbauerhandwerk oder im Garten- und Landschaftsbau. Weitere Informationen liefert der Beitrag „Die tariflichen Sozialkassen in der Lohnabrechnung“.

Weitere Hinweise

  • Das Unterschreiten der gesetzlichen oder einer tariflich vorgegeben Mindestausbildungsvergütung führt zu Phantomlohn. Wird dies bei einer Betriebsprüfung aufgedeckt, fordern die Sozialversicherungsträger die Nachzahlung der Beiträge für die rückliegenden vier Jahre, unabhängig davon, ob der volle Vergütungsanspruch ausbezahlt wurde.
  • Kurzarbeit ist bei Auszubildenden in der Regel ausgeschlossen. Die Bundesagentur für Arbeit handhabt die Gewährung von Kurzarbeitergeld sehr restriktiv und verpflichtet Ausbildungsbetriebe, stattdessen alle anderen Optionen zur Fortführung der Ausbildung auszunutzen. Selbst wenn Kurzarbeit für Auszubildende durchgeführt wird, muss der Arbeitgeber ihnen während der ersten sechs Wochen die volle Vergütung bezahlen ( 19 Abs. 2 Bst. b BBiG)
  • Die Zahlung einer Lehrabschlussprämie stellt steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Das gilt unabhängig davon, ob die Zahlung freiwillig beziehungsweise zusätzlich oder aufgrund einer Regelung im Tarifvertrag oder Ausbildungsvertrag erfolgt.
  • Die Ausbildungsstätte entspricht der ersten Tätigkeitsstätte. Fahrten zwischen Ausbildungsstätte und Wohnung können in Höhe der Entfernungspauschale vom Arbeitgeber ersetzt werden (30 Cent für die ersten 20 Entfernungskilometer, 0,38 Cent für weitere Entfernungskilometer). Fahrten zur Berufsschule und vergleichbaren Einrichtungen werden wie die Fahrstrecke bei Auswärtstätigkeiten behandelt: dafür ist steuerfreier Fahrtkostenersatz in Höhe der Reisekostenpauschale möglich (30 Cent pro gefahrenem Kilometer bei Fahrten mit dem PKW, 20 Cent bei Fahrten mit dem Motorrad oder Motorroller).
  • Die in § 20 Abs. 3 SGB IV verankerte Geringverdienergrenze von 325 Euro monatlich hat in der Praxis so gut wie keine Bedeutung mehr. Wenn die Ausbildungsvergütung diesen Betrag nicht übersteigt, trägt der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge allein. Das ist für Ausbildungsverhältnisse, die im Jahr 2024 beginnen, nur noch möglich, wenn Teilzeitausbildung im Umfang von 50 Prozent vereinbart ist und nur die anteilige Mindestvergütung bezahlt wird, und selbst dann nur im ersten Lehrjahr.

Lohnabrechnung auslagern: Nie mehr Kopfschmerzen wegen der korrekten Lohn- und Gehaltsabrechnung

Die korrekte Abrechnung der Ausbildungsvergütung ist nur eine Facette der vielen Aspekte, die Arbeitgeber für eine rechtssichere Lohnabrechnung beachten müssen. Der damit verbundene Fortbildungsaufwand ist enorm, die Haftungsrisiken sind es ebenfalls.

Zum Glück gibt es eine ebenso einfache wie bewährte Möglichkeit, Ihr Unternehmen zu entlasten: Lagern Sie die gesamte Lohn- und Gehaltsabrechnung an Paychex aus. Auf unsere Erfahrung und unsere Sachkompetenz können Sie sich verlassen. Sehen Sie selbst, was wir für Sie tun können.

Möchten Sie auf dem Laufenden bleiben, wenn es um die neuesten Entwicklungen im Bereich Personalwesen, Lohn- und Gehaltsabrechnung geht? Dann abonnieren Sie noch heute den Paychex-Newsletter!

Jetzt anmelden

Kategorie

Lohn- und Gehaltsabrechnung

Themen:

Lohn und Gehalt

Verwandte Artikel

Artikel

Ab April 2024: Qualifizierungsgeld zur Arbeitsplatzsicherung durch Weiterbildung

Lohn und Gehalt

Das neue Qualifizierungsgeld können Arbeitgeber beantragen, wenn Arbeitnehmer ganz oder teilweise für eine Weiterbildung freigestellt werden. Voraussetzung: Ohne die Weiterbildungsmaßnahme wäre der Arbeitsplatz vom Strukturwandel bedroht. Antrag und Berechnung des Qualifizierungsgeldes entsprechen den Regeln beim Kurzarbeitergeld.

Artikel

Equal Pay Day: Frauen verdienen auch 2024 weniger

Lohn und Gehalt

Trotz der bisherigen Maßnahmen und Veränderungen bleibt der Gender Pay Gap Realität: zwischen den Geschlechtern klafft weiter eine breite Lohnlücke. Wenn man rechnerisch für Frauen und Männer den gleichen Verdienst ansetzt, dann haben die Frauen vom 01 Januar bis zum 6. März 2024 unentgeltlich gearbeitet. Wo direkte geschlechterbasierte Lohndiskriminierung nachweisbar ist, können Arbeitnehmerin sich allerdings juristisch zur Wehr setzen.

Artikel

Kinderkrankentage und Kinderkrankengeld im Jahr 2024

Versicherungen Lohn und Gehalt

Gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer erhalten Kinderkrankengeld, wenn der Nachwuchs krank wird und sie deshalb nicht arbeiten können. Seit Jahresbeginn 2024 gelten neue Festlegungen dafür, wie viele dieser Kinderkrankengeld-Tage möglich sind. Allerdings kann statt der Krankenkasse auch der Arbeitgeber verpflichtet sein, die durch kranke Kinder bedingten Ausfallzeiten finanziell abzufedern.

Artikel

Rechengrößen und Beitragssätze für die Lohnabrechnung: das gilt 2024

Sozialversicherung Lohnabrechnung Lohn und Gehalt

Alle Jahre wieder gibt es zum Jahreswechsel neue Rechenwerte in der Sozialversicherung. Unser Überblick nennt die Beträge und Zahlen, die ab Jahresbeginn 2024 gelten.

Artikel

Hinweisgeberschutzgesetz: was die neuen Whistleblower-Regeln für Arbeitgeber bedeuten

Gesetze Lohn und Gehalt Lohnabrechnung

Ein neues Gesetz schützt Arbeitnehmer, die als Whistleblower Hinweise auf bestimmte Verstöße im Betrieb aufdecken. Ab einer bestimmten Betriebsgröße müssen Arbeitgeber sogar Meldestellen dafür einrichten. Staatliche Anlaufstellen gibt es ebenfalls. Zu den Verstößen gehören viele Pflichtverletzungen im Bereich der Lohn- und Gehaltsabrechnung, etwa Lohndiskriminierung, Mindestlohnverstöße oder nicht abgeführte Lohnsteuer. Arbeitgeber sollten sich auf das Hinweisgeberschutzgesetz und seine Folgen einstellen.