Phantomlohn in der Betriebsprüfung
Februar 2016 - Hat der Arbeitnehmer rechtlichen Anspruch auf Lohn, den der Arbeitgeber nicht abgerechnet und ausgezahlt hat, kann die Deutsche Rentenversicherung bei einer Betriebsprüfung dies als sozialversicherungspflichtigen Phantomlohn feststellen. In diesem Fall müssen die zu wenig abgeführten Abgaben nachgezahlt werden.
Die Definition des Phantomlohns
Bei der Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung wird nicht nur auf die richtige Bewertung der gezahlten Lohnbestandteile geachtet. Das Augenmerk wird auch auf Lohnbestandteile gerichtet, die nicht in die Beitragsberechnung einbezogen wurden, auf die der Arbeitnehmer jedoch einen rechtlichen Anspruch hat.
Auf die Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten und dem rechtlich zustehenden Lohn müssen daher ebenfalls Beiträge zu den Sozialversicherungen gezahlt werden. Diese Differenz nennt man auch Phantomlohn.
Arbeitsentgelt nach dem Sozialversicherungsrecht
Die Definition des Arbeitsentgeltes wird im § 14 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) geregelt. Demzufolge gehören zu dem Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung. Irrelevant ist, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Entstehung der Sozialversicherungsbeiträge
Die allgemeine Definition des Arbeitsentgeltes hat jedoch nicht mit der Beitragsentstehung zu tun. In der Sozialversicherung gibt es zwei Arten, wann die Beiträge entstehen und fällig sind. Daher ist es wichtig, einige Lohnbestandteile zu differenzieren.
Entstehungsprinzip
In der Sozialversicherung gilt vorzugsweise das Entstehungsprinzip. Für die Beitragsberechnung werden die geschuldeten und nicht die tatsächlich gezahlten Arbeitsentgelte herangezogen. Daher ist es in der Sozialversicherung irrelevant, ob an den Arbeitnehmer das Entgelt auch tatsächlich gezahlt wurde. Wichtig ist nur, dass der Arbeitnehmer einen rechtlichen Anspruch auf das Entgelt hat.
Zuflussprinzip
Ob das Entgelt tatsächlich gezahlt wurde oder nicht, ist in der Sozialversicherung bei Einmalzahlungen (z. B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) wichtig. Bei Einmalzahlungen wird der Beitrag nur von dem tatsächlich gezahlten Entgelt berechnet. Sollten diese dem Arbeitnehmer laut einer einzelvertraglichen Regelung auch zustehen oder sollte der Arbeitnehmer auf die Auszahlung verzichten, entsteht kein Sozialversicherungsbeitrag. Es kommt nur auf die tatsächliche Auszahlung an.
In der Lohnsteuer hat der Phantomlohn keine Auswirkung, da diese aus dem tatsächlich gezahlten Entgelt berechnet und abgeführt wird.
Rechtsanspruch auf Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers
Der Arbeitnehmer kann aus folgenden Grundlagen einen Anspruch auf Arbeitsentgelt haben:
- gesetzliche Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz,
- Leistungen nach dem Arbeitnehmerentsendungsgesetz,
- Allgemeinverbindliche Tarifverträge,
- bei tarifgebundenen Tarifverträgen,
- Betriebsvereinbarungen,
- individuellen Arbeitsverträgen,
- Aufzeichnungen nach dem Nachweisgesetz,
- Leistungen aufgrund betrieblicher Übung,
- Leistungen nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz,
- Leistungen nach dem Bundesurlaubsgesetz,
- Ansprüche aus rechtskräftigen Urteilen.
Die häufigsten Fehlerquellen, die die Deutsche Rentenversicherung in der Betriebsprüfung findet, sind eine geringe oder keine Lohnfortzahlung während einer Krankheit oder eines Erholungsurlaubs oder das tatsächlich erarbeitete Gehalt von Minijobbern und kurzfristig Beschäftigten. Seit diesem Jahr kann auch die Nichtbeachtung des Mindestlohngesetzes zu den Fehlerquellen in der Lohnabrechnung zählen.
Erfahren Sie mehr zur Lohnabrechnung und Geschäftsführerhaftung.
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Der Arbeitnehmer hat im Krankheitsfall bis zu 6 Wochen nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf die Fortzahlung seines Arbeitsentgeltes. Dabei muss man beachten, dass dem Arbeitnehmer das Gehalt weitergezahlt wird, welches ihm in der regelmäßigen Arbeitszeit zusteht.
Bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung werden folgende Lohnbestandteile berücksichtigt:
- die effektiv gezahlten Grundbezüge (Monatsgehalt, Stunden- oder Akkordlohn),
- Zulagen für Nacht-, Sonntags- oder Feiertagsarbeit, für Gefahren oder Erschwernisse, wenn diese Zulagen ansonsten angefallen wären,
- vermögenswirksame Leistungen,
- Aufwendungsersatz, wenn die Aufwendungen auch während der Krankheit anfallen,
- die mutmaßlichen Provisionen für Empfänger von Provisionsfixa, Umsatz- und Abschlussprovisionen,
- allgemeine Lohnerhöhungen oder Lohnminderung.
Nicht in die Erstattungsberechnung gehören jedoch Zulagen oder Leistungen (z. B. Schmutzzulagen), wenn die damit abzugeltenden Aufwendungen im Falle der Arbeitsunfähigkeit nicht entstehen.
Urlaubsentgelt
Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf einen Erholungsurlaub. Während des Erholungsurlaubes muss das Arbeitsentgelt jedoch weitergezahlt werden. Die Bemessungsgrundlage des Urlaubsentgeltes bildet dabei der durchschnittliche Arbeitsverdienst der letzten dreizehn Wochen vor Urlaubsbeginn. Für die Berechnung bleiben gezahlte Überstunden und Lohnkürzungen aufgrund von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis außer Betracht.
Die Betriebsprüfung
Die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen der Arbeitgeberpflichten zu den Sozialversicherungen prüft die Deutsche Rentenversicherung. Die Prüfung findet mindestens alle vier Jahre statt. Bei der Betriebsprüfung wird auch die Vorlage von Entgeltunterlagen verlangt, für die keine Beiträge gezahlt wurden. Die Deutsche Rentenversicherung kann fehlende Sozialversicherungsbeiträge für vier Jahre nachfordern (§ 25 Abs. 1 SGB IV). Der Arbeitgeber kann jedoch vom Arbeitnehmer nur für drei Monate dessen Anteil an den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen einbehalten (§ 28g SGB IV).
Aufzeichnungspflicht
Für jeden Beschäftigten müssen die Entgeltunterlagen getrennt nach dem Kalenderjahr in deutscher Sprache aufbewahrt werden. Bei Verstoß gegen die Aufzeichnungspflichten kann der Prüfer die Sozialversicherungsbeiträge von dem gezahlten Arbeitsentgelt nachfordern.
Aufbewahrung der Entgeltunterlagen
Der Arbeitgeber muss nach dem § 8 Beitragsverfahrensverordnung u.a. folgende Entgeltunterlagen aufbewahren und bei der Betriebsprüfung vorlegen:
- persönliche Daten, wie Familien- und Vorname, Geburtsdatum und Anschrift,
- Angaben über die Beschäftigung, wie Beschäftigungsbeginn und -ende, Beschäftigungsart und Beitragsgruppenschlüssel,
- das Wertguthaben aus flexibler Arbeitszeit einschließlich der Zu- und Abgänge,
- die für die Versicherungsfreiheit maßgebenden Angaben,
- das Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV, seine Zusammensetzung und zeitliche Zuordnung, ausgenommen sind Sachbezüge und Belegschaftsrabatte, soweit für sie keine Aufzeichnungspflicht nach dem Einkommensteuergesetz besteht,
- die Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag.
Erfahren Sie mehr zu den Aufbewahrungsfristen und -möglichkeiten.
Was ist nach Ankündigung der Betriebsprüfung zu tun?
Die Unterlagen sollten alle sorgfältig vorbereitet werden. Schon im Vorfeld sollte man Ungereimtheiten prüfen. Wichtig ist auch die richtige Behandlung der steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit während der Urlaubs- oder Krankheitszeit.
Laut dem Arbeitsrecht (§§ 2, 3, 9 Entgeltfortzahlungsgesetz) hat der Arbeitnehmer auch Anspruch auf die Zuschläge, wenn die Arbeit aufgrund von Feiertag, Krankheit oder Urlaub ausgefallen ist. Wenn dies der Fall ist, sind die Zuschläge beitragspflichtig, da Beitrags- und Steuerfreiheit nur gewährt werden kann, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat.
Beispiel Phantomlohn:
Laut einem Arbeitsvertag bekommt ein Arbeitnehmer ein monatliches Entgelt in Höhe von 450 €. Aufgrund des geltenden Tarifvertrags stehen dem Mitarbeiter jedoch 470 € zu. Der nicht gezahlte Lohn in Höhe von 20 € stellt Phantomlohn dar.
Die Sozialabgaben werden nach dem höheren Tariflohn, d.h. auf ein monatliches Entgelt von 470 € berechnet. Der Arbeitnehmer ist damit nicht mehr geringfügig beschäftigt. Die Sozialversicherungsbeiträge werden nach der Gleitzonenregelung ermittelt. Damit fallen sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge an. Die Lohnsteuer kann nicht mehr mit 2 % pauschal berechnet und abgeführt werden, sondern der Arbeitgeber muss einen Lohnsteuerabzug entsprechend der persönlichen Steuermerkmale der Aushilfe vornehmen. Die Bemessungsgrundlage für den Lohnsteuerabzug beträgt jedoch das tatsächlich gezahlte Entgelt in Höhe von 450 €.
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Kategorie
Steuern, Bescheinigungen und Rechtliches
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