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04. April 2022
3 Min. Lesezeit

Haftung und Insolvenz: Schwierige Einschätzung der Zahlungsfähigkeit

Covd-19 - Coronavirus
Unternehmen
Arbeitslosigkeit

Wie wird die Pandemielage in den nächsten Monaten aussehen? Wie lange dauern die Shutdown-Maßnahmen noch an? Wie entwickelt sich die Konjunktur, wie die Einnahmen und die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens?

Vor solchen Unsicherheiten stehen derzeit viele Selbstständige und Unternehmen. Für Menschen, die eine GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) leiten, sind sie besonders schwerwiegend. Ihnen droht im schlimmsten Fall nicht nur die Insolvenz. Sie können sich zudem des Straftatbestands der Insolvenzverschleppung schuldig machen. Der hat die Haftung mit dem Privatvermögen zur Folge.

Das Haftungsproblem

Grundsätzlich gilt: Wer für die Geschäftsführung einer GmbH oder UG verantwortlich ist, muss bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einen „Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens“ stellen. Passieren muss das unverzüglich, spätestens aber nach drei Wochen (bei Zahlungsunfähigkeit) oder sechs Wochen (bei Überschuldung).

Das Versäumen dieser Frist ist eine Straftat: Geschäftsführer begehen damit Insolvenzverschleppung. Damit kann der Betreffende für viele Zahlungen des Unternehmens ab dem Verstreichen der Antragsfrist haftbar gemacht werden. Der Insolvenzverwalter wird alle Überweisungen und Zahlungen durchgehen und prüfen, bei welchen er sich das Geld aus der Privatkasse des Geschäftsführers zurückholen kann – bis zu dessen persönlicher Pfändungsgrenze.

Verschiedene neue Rechtslagen überlappen sich

Allerdings gelten derzeit besondere Bedingungen. Kurz, nachdem die Corona-Krise die Wirtschaft zu lähmen begann, wurde die Insolvenzantragspflicht per Gesetz ausgesetzt. Unter bestimmten Voraussetzungen muss seither kein Insolvenzantrag gestellt werden, selbst wenn er nach den vorherigen Maßstäben erforderlich war.

Diese Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurde mehrfach verlängert. Nach aktuellem Stand gilt sie noch bis zum 31. Januar 2022. Allerdings wurden die Voraussetzungen immer weiter verschärft. Schon seit letztem Herbst gilt die Regelung nur noch bei Überschuldung, nicht mehr bei Zahlungsunfähigkeit. Inzwischen muss noch dazu kommen, dass das Unternehmen auf die Auszahlung finanzieller Unterstützung wie etwa Überbrückungshilfen wartet. In anderen Fällen muss bei Insolvenzreife auch jetzt Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt werden, sonst drohen die oben beschriebenen Folgen.

Außerdem wurden bestimmte Haftungstatbestände zum Jahreswechsel in der Insolvenzverordnung verankert. Die Haftung für „Zahlungen bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung“ ist nun einheitlich in § 15b Insolvenzordnung geregelt.

Gleichzeitig hat das „Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts“ eine erweiterte Grundlage für Sanierungsverfahren als Alternative zum Insolvenzverfahren geschaffen. Kriselnde Unternehmen, die noch nicht insolvenzreif sind, können eine außergerichtliche Sanierung durchlaufen, wenn ein tragfähiger Sanierungsplan vorliegt. Ganz entscheidend: Die Sanierung muss rechtzeitig in die Wege geleitet werden, bevor das Unternehmen zahlungsunfähig oder unrettbar überschuldet ist.

Fazit: Haftungs- und Insolvenzfragen erfordern Fachleute

Das Gesamtergebnis: Die Rechtslage und die Perspektiven sind bestimmt nicht einfacher geworden. Immerhin kann man einige Punkte festhalten:

  • Insolvenzantragspflicht und Insolvenzhaftung betreffen nur Geschäftsführende (und in Ausnahmen die Gesellschafter) von Kapitalgesellschaften wie einer GmbH oder UG (haftungsbeschränkt).

  • Für Einzelselbstständige und Personengesellschaften besteht keine Insolvenzantragspflicht. Sie - oder ihre Gläubiger - können Insolvenz beantragen, wenn die wirtschaftliche Lage es erfordert.

  • Auf die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sollte sich kein GmbH-Geschäftsführer unbesehen verlassen. Ob sie im eigenen Fall gilt, muss mit einem Anwalt oder Steuerberater geklärt werden - schon aus Eigeninteresse.

  • Insolvenzverschleppung ist auch strafbar, wenn dem Geschäftsführer die Lage der Gesellschaft nicht klar war. Er hat ja gerade die Pflicht, sich laufend über die Zahlungsfähigkeit zu informieren. Ein Steuerberater kann helfen, eine drohende Überschuldung rechtzeitig festzustellen.

Natürlich ist eine Insolvenz kein erfreuliches Ereignis. Aber sie lässt einem zumindest eine persönliche Perspektive. Wenn Vogel-Strauß-Politik jedoch in einer Insolvenzverschleppung endet, kann das auch privat in den Ruin führen.