Auf Honorare an selbstständige Designer, Texterinnen, Fotografen: Künstlersozialabgabe soll steigen
September 2022 - Die Künstlersozialabgabe ist eine Form von Sozialversicherungsbeitrag für Selbstständige. Sie fällt auf das Honorar von Selbstständigen in Kreativberufen an und muss vom Auftraggeber bezahlt werden. Für das Jahr 2023 ist eine Erhöhung auf fünf Prozent vorgesehen. Allerdings muss nicht jedes Unternehmen bezahlen, wenn es Freelancer mit Webdesign, Werbetext oder Image-Fotos beauftragt. Das hat das Bundessozialgericht vor Kurzem klargestellt.
Künstlersozialabgabe – was ist das überhaupt?
Unternehmen, die selbstständige „Künstler und Publizisten“ beauftragen, müssen auf das Honorar eine Abgabe bezahlen: die Künstlersozialabgabe. Sie wird zum Beispiel bei Aufträgen an selbstständige Fotografen, Designerinnen, Musiker, Werbetexterinnen, Journalisten, Videogestalterinnen und viele weitere Berufe kreativer Art fällig.
Für diese Selbstständigen existiert eine ganz besondere Form der Sozialversicherung, die Künstlersozialkasse (KSK). Sie sind ähnlich wie Arbeitnehmer in der Kranken- und Pflegeversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung pflichtversichert und zahlen nur die Hälfte der Beiträge selbst. Der Rest wird aus Steuermitteln und über die Künstlersozialabgabe aufgebracht.
Längst nicht jedes Unternehmen denkt an die Abgabepflicht, wenn es eine Webdesignerin mit der Gestaltung der neuen App oder einen PR-Berater mit dem Text für eine Pressemitteilung beauftragt. Der Prüfdienst der Deutschen Rentenversicherung achtet jedoch auf die Abgabe an die KSK. Wurde sie versäumt, kommen zur Nachzahlung Säumniszuschläge hinzu.
Im Überblick: Künstlersozialabgabe und Künstlersozialkasse
Eine Zusammenfassung der wichtigsten Infos zur Künstlersozialabgabe und Künstlersozialkasse liefert der Paychex-Beitrag „Oft übersehen: die Künstlersozialabgabe“.
Die Künstlersozialabgabe soll auf fünf Prozent steigen
Die Bundesregierung plant, den Satz der Künstlersozialabgabe für das Jahr 2023 auf 5 Prozent zu erhöhen. Derzeit liegt er wie schon seit 2018 bei 4,2 Prozent. Unternehmen, die regelmäßig selbstständige kreative Dienstleister beauftragen, müssen also mit einer durchaus spürbaren Kostensteigerung rechnen.
Die Bagatellgrenze
Das Künstlersozialgesetz unterscheidet zwei Gruppen von abgabepflichtigen Auftraggebern (§ 24 KSVG):
Typische Verwerter, für die das „Einkaufen“ abgabepflichtiger Dienstleistungen zum Geschäftsmodell gehört: Werbeagenturen, Veranstalter, Verlage, Bildagenturen und ähnliches mehr.
Unternehmen, die eigentlich ein anderes Geschäftsfeld haben, aber für betriebliche Zwecke Aufträge über kreative Leistungen vergeben: an den Musikunterhalter beim Tag der offenen Tür etwa, an die Logo-Designerin oder an den Fotografen, der Bilder für die Imagebroschüre liefert.
Für die zweite Gruppe – und nur für sie – besteht eine Bagatellgrenze von 450 Euro im Kalenderjahr. Außerdem besagt das Gesetz, dass für die Unternehmen dieser Gruppe nur dann Beitragspflicht besteht, wenn sie „nicht nur gelegentlich“ Aufträge der fraglichen Art vergeben.
Einmaliger Auftrag an einen Webdesigner, trotzdem „nicht nur gelegentlich“ Auftraggeber?
Die Künstlersozialkasse ging lange davon aus, dass die 450-Euro-Grenze einziges Kriterium war: Nur wer sie nicht überschritt, vergab „nur gelegentlich“ Aufträge an kreative Selbstständige. Wer darüber lag, war abgabepflichtig.
Ein Rechtsanwalt sah das anders. Er hatte für einen einzelnen Auftrag mehr als 1.700 Euro innerhalb eines Jahres an einen Webdesigner bezahlt. Damit ordnete er sich trotz der Auftragssumme als „nur gelegentlichen“ Auftraggeber ohne Abgabepflicht ein. Der Streit wurde schließlich vor Gericht entschieden: Das Bundessozialgericht gab dem Anwalt recht (Aktenzeichen: BSG, 01.06.2022- B 3 KS 3/21 R).
Fazit: Bessere Argumente für „gelegentliche Verwerter“
Für Unternehmen bedeutet das: Wer nur einmal oder zweimal im Jahr kreative Selbstständige beauftragt, hat selbst jenseits eines Auftragsvolumens von 450 Euro gute Argumente gegen die Zahlung der Künstlersozialabgabe. Der Auftraggeber darf natürlich kein typischer Verwerter sein.
Wo genau die Grenze zur „nicht nur gelegentlichen“ Beauftragung liegt, ist jedoch offen und lässt sich wohl nur im Einzelfall klären. Und ob die Künstlersozialkasse nun angesichts des Urteils in vergleichbaren Fällen auf Ihre Forderungen verzichtet, wird sich erst noch herausstellen. Möglich, dass sie in weiteren Konfliktfällen erneut vor Gericht zieht.
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