Arbeitszeitkonten: Das Wichtigste für Arbeitgeber im Überblick
September 2019: Für Arbeitgeber sind Arbeitszeitkonten damit ein interessantes Mittel zur Personalbindung. Dieser Überblick nennt die wichtigsten Aspekte aus Sicht der Lohn- und Gehaltsabrechnung.
Arbeitszeitkonten sind eine Möglichkeit, Arbeitnehmer von starren Vorgaben zur Arbeitszeit zu befreien. Je nach Art des Arbeitszeitkontos können die Mitarbeiter die jeweiligen täglichen Arbeitsstunden an ihren persönlichen Bedarf anpassen oder über Jahre hinweg ein Guthaben für besondere Zwecke ansammeln und später für eine längere Freistellung nutzen.
Arbeitszeitkonten: kurzfristige Zeitkonten und langfristige Wertguthaben
Arbeitszeitkonten sind ein wichtiges Mittel, um als Arbeitgeber zwei unterschiedliche Ziele zu erreichen.
Reine Zeitkonten dienen dazu, flexible Beschäftigungsmodelle im Arbeitsalltag umzusetzen, jenseits der starren Stechuhr-Vorgabe früherer Zeiten, als die Mitarbeiter gemeinsam ein- und ausstempelten. Solche Konten haben den Zweck, Mehr- und Minderzeiten auszugleichen. Der Zeitrahmen dafür ist eher kurz. Oft beträgt er eine Woche oder einen Monat, maximal ein Jahr. Arbeitgeber sind gefordert, Arbeitszeiten genau festzuhalten. Es ergibt Sinn, gleichzeitig Flexibilität zu ermöglichen.
Wertguthaben (Langzeitarbeitskonten, Lebensarbeitszeitkonten) sollen dagegen dem einzelnen Mitarbeiter die flexible Planung seiner Erwerbsbiografie ermöglichen. Sie bieten quasi einen auf Arbeitszeit beruhenden Sparplan und umfassen zwei Phasen: Während der über mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte dauernden Ansparphase wird ein Teil des Entgelts nicht ausbezahlt, sondern auf das Wertguthaben gebucht. In der Auszahlungsphase ist der Arbeitnehmer dann freigestellt oder nur in Teilzeit tätig, gleichzeitig wird das angesammelte Guthaben in Form monatlicher Lohn- oder Gehaltszahlungen ausgeschüttet.Auf diese Weise können beispielsweise Pflegezeiten von Angehörigen, eine längere Fortbildung, oder ein Sabbatical finanziert werden. Auch Altersteilzeit oder ein Vorruhestand sind mit den angesparten Lohn- und Gehaltsansprüchen bei vollen Bezügen möglich.
Arbeitszeitkonten aus Sicht der Lohn- und Gehaltsabrechnung
Zeit ist Geld, Arbeitszeit ist Entgelt. Bei einem Arbeitszeitkonto willigt der Arbeitnehmer ein, dass er einen Teil seines Entgeltanspruchs sozusagen auf dem Arbeitszeitkonto zwischenlagert. Weil auf Lohn und Gehalt jedoch grundsätzlich Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge anfallen, müssen auch die Ansprüche des Staates und der Sozialversicherungsträger beachtet werden.
Das ist einer der Gründe dafür, dass Arbeitszeitkonten eine solide vertragliche Grundlage benötigen.
Kurzzeitkonten
Hinweise zur Lohn- und Gehaltsabrechnung:
Reine Zeitwertkonten werden in Zeiteinheiten (in der Regel Arbeitsstunden) geführt.
Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge fallen erst bei der Entgeltzahlung an.
Die Höhe von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen richtet sich nach den Sätzen, die zum Zeitpunkt der Entgeltzahlung gelten, und nach der Höhe der Auszahlung.
Für die Lohn- und Gehaltsabrechnung ergeben sich also keine Besonderheiten.
Mindestlohnvorschriften und Kurzzeitkonten:
Für den Mindestlohn gelten besondere Regeln. Die Vorgabe des Mindestlohngesetzes, dass der Mindestlohn spätestens am Ende des Folgemonats bezahlt werden muss, gilt für Kurzzeitkonten nicht: Mehrstunden, durch die der Mindestlohn im Monat unterschritten würde, können stattdessen auf ein Arbeitszeitkonto gebucht werden. Zwingende Voraussetzung dafür ist eine schriftliche Vereinbarung. Mit einem Kurzzeitkonto lässt sich so die Auszahlung von Mehrstunden vermeiden. Der Mindestlohn für auf dem Arbeitszeitkonto gebuchte Mehrstunden muss innerhalb von zwölf Monaten bezahlt oder durch Freizeit ausgeglichen werden. (§ 2 Abs. 2 MiLoG.) Wichtig: Das betrifft nur Mehrstunden, d. h. Stunden, die über die vereinbarte Arbeitszeit hinausgehen. Endet das Arbeitsverhältnis, muss der Mindestlohn im Monat nach dem Ausscheiden bezahlt werden.
Unbegrenzt ist die Möglichkeit allerdings nicht. Die Zahl der auf einem Arbeitszeitkonto angesparten Arbeitsstunden darf monatlich höchstens 50 Prozent der vereinbarten Arbeitszeit betragen.
Weitere Hinweise:
Die Regeln für das Kurzzeitkonto müssen schriftlich vereinbart sein, entweder einzelvertraglich, durch eine Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag. Wenn ein Betriebsrat existiert, muss er bei der Einführung von Kurzzeitkonten beteiligt werden (§ 87 Abs. 1 BetrVG).
Die Vereinbarung muss beispielsweise regeln, ob unabhängig von der flexiblen Arbeitszeit ein gleichbleibendes Entgelt bezahlt wird oder ob Lohn und Gehalt entsprechend der tatsächlich erbrachten Arbeitszeit variieren. Zudem muss geregelt werden, ob der Arbeitnehmer selbst auf den Ausgleich des Arbeitszeitkontos achten muss, und wie weit das Kurzzeitkonto ins Minus oder ins Plus ausschlagen darf (innerhalb der gesetzlichen Grenze, mehr dazu im Abschnitt zum Mindestlohn). Die im Arbeitszeitgesetz festgelegten Höchstarbeitszeiten und Pausenvorschriften lassen sich durch ein Kurzzeitkonto nicht aushebeln.
Wertguthaben: Langzeit- und Lebensarbeitszeitkonten
Im Sozialgesetzbuch (§§ 7b-f SGB IV) finden sich eine Reihe von Vorgaben für ein Wertguthaben. Ein Arbeitszeitkonto, das diese Vorgaben nicht erfüllt, darf nur als Zeitkonto geführt werden.
Hinweise zur Lohn- und Gehaltsabrechnung:
Bei als Entgeltkonto geführten Langzeitarbeitskonten fallen sowohl die Lohnsteuer wie auch die Sozialversicherungsbeiträge erst bei Auszahlung des Guthabens an.
Aus Sicht der Lohnbuchhaltung gibt es bei Wertguthaben drei mögliche Phasen:
die Ansparphase, in der abgesehen von einigen Ausnahmen weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge auf das angesparte Entgelt anfällt
die Auszahlungsphase, in der beides abgeführt werden muss
die Auszahlung in sogenannten Störfällen
Ein solcher Störfall liegt beispielsweise vor, wenn der Arbeitnehmer stirbt, eine Erwerbsminderungsrente bezieht, sich das Guthaben für einen anderen Zweck als die bezahlte Freistellung auszahlen lässt oder es auf jemand anders überträgt. In solchen Störfällen fallen ebenfalls Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben an. Sie werden dann jedoch anders berechnet als in der regulären Auszahlungsphase.
Langzeitkonten dürfen nicht in Zeiteinheiten (Arbeitsstunden) geführt werden, sondern müssen das in Euro bezifferte Wertguthaben ausweisen (wie schon der Name sagt).
Das Wertguthaben setzt sich aus dem angesparten Bruttoentgelt sowie den darauf entfallenden Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung zusammen, je nach Gestaltung können außerdem Zinserträge dazukommen.
Angespart werden können neben dem regulären Monatsbruttoentgelt auch so gut wie alle anderen Lohn- und Gehaltsbestandteile, etwa Zuschläge, Überstundenvergütungen, nicht beanspruchter Urlaub (der gesetzliche Urlaub muss allerdings genommen werden), Boni oder freiwillige Arbeitgeberleistungen des Arbeitgebers. Einschlägig für den Wertzuwachs ist bei Mehrstunden und Urlaubsansprüchen der geltende Stundensatz.
Die Freistellung muss mindestens einen Monat dauern, das Entgelt in dieser Zeit über 450 Euro liegen (außer bei bereits in der Ansparphase geringfügig Beschäftigten).
Die Beitragsverfahrensordnung schreibt besondere Aufzeichnungspflichten für Wertguthaben vor (§ 8 Abs. 1 Nr. 7 BVV). Unter anderem müssen Zu- und Abgänge mit Abrechnungsmonat und die getroffenen Insolvenzschutzmaßnahmen festgehalten werden.
Weitere Hinweise:
Wertguthaben sind von den Mindestlohnvorschriften ausdrücklich ausgenommen (§ 2 Abs. 3 MiLoG).
Beim Arbeitgeberwechsel kann das Wertguthaben eines Arbeitnehmers auf den neuen Arbeitgeber übertragen werden, falls dieser zustimmt. Ist dies nicht der Fall, kann das Wertguthaben auf die Deutsche Rentenversicherung übertragen werden, falls es das Sechsfache der monatlichen Bezugsgröße übersteigt (für 2019 im Westen: 18.690 Euro). Bei geringeren Guthaben bleibt nur die Auszahlung zum Ende der Beschäftigung, dann müssen Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge direkt abgeführt werden.
Die Auszahlung von Wertguthaben, die für GmbH-Geschäftsführer und andere Organe einer Kapitalgesellschaft gebildet werden, kann zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen (BMF-Schreiben vom 08.08.2019).
Erfahren Sie mehr zur Lohnabrechnung und Geschäftsführerhaftung.
Fazit: Mit einem starken Abrechnungspartner ein wirksames Signal zur Mitarbeiterbindung
Durch flexible Arbeitszeiten und erst recht durch Langzeitkonten können Arbeitgeber zeigen, dass sie auf die Interessen der Mitarbeiter aktiv eingehen. Mit einem kompetenten Steuerberater für die Gestaltung und Paychex als Abrechnungspartner für die Umsetzung lässt sich diese Chance optimal nutzen.
Erfahren Sie mehr zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit.
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