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03. Mai 2024
6 Min. Lesezeit
Lohn und Gehalt
Arbeitszeiten

Leistungszulage bei veränderter Arbeitszeit: die Formulierung entscheidet

Wachsen beziehungsweise schrumpfen Zulagen und vergleichbare Gehaltsbestandteile mit, wenn sich die Arbeitszeit ändert? Diese Frage ist auch für die Lohn- und Gehaltsabrechnung wichtig. Vor kurzem hat das Bundesarbeitsgericht in einem strittigen Fall seine Antwort gegeben.

Lohn und Gehalt
Arbeitszeiten

Was gilt für das Gehalt beim Wechsel von Teilzeit zu Vollzeit oder umgekehrt?

Arbeitgeber sind nicht immer glücklich, wenn Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit erhöhen oder verringern wollen. Schließlich kann man den Stellenzuschnitt und die anfallende Arbeit nicht einfach nach Belieben anpassen. Manchmal haben Beschäftigte allerdings einen gesetzlichen Anspruch auf mehr oder weniger Arbeitsstunden.

Dann müssen Lohn und Gehalt an die veränderte Arbeitszeit angepasst werden. Das einfache Umrechnen genügt nicht immer. Bei manchen Sonderzahlungen und Zulagen stellt sich die Frage, ob sie trotz veränderter Stundenzahl gleichbleiben. Einen solchen Fall musste vor kurzem das Bundesarbeitsgericht entscheiden.

Strahlenphysikerin mit monatlicher Zulage

Geklagt hatte eine Physikingenieurin. Sie war als Strahlentherapie-Physikerin in einem Krankenhaus angestellt, das nach BAT-KF bezahlte, dem „Bundes-Angestellten-Tarifvertrag in kirchlicher Fassung“.

Zwischenzeitlich hatte die Ingenieurin bei einer anderen Einrichtung in Teilzeit gearbeitet. Dort wurde besser bezahlt. Um sie zur Rückkehr zu bewegen, stockte das Krankenhaus ihr Gehalt für eine Teilzeitstelle von 50 Prozent der vollen Arbeitszeit auf: Sie erhielt zusätzlich zum Tarifgehalt nach BAT-KF eine monatliche Zulage in Höhe von 250 Euro brutto. Diese Zusatzleistung wurde nur mündlich vereinbart und in den Gehaltsabrechnungen als „Leistungszulage“ ausgewiesen.

Ist die Leistungszulage an die Arbeitszeit gekoppelt oder nicht?

2022 wollte die Strahlenphysikerin in Vollzeit wechseln. Die Klinik lehnte diesen Wunsch zunächst ab, musste sich dann aber fügen: Das Teilzeit- und Befristungsgesetz sieht unter bestimmten Bedingungen ein Recht auf die Verlängerung der Arbeitszeit vor (mehr dazu weiter unten).

Der Übergang auf eine Vollzeitstelle führte zu einem weiteren Konflikt. Die Klinik zahlte der Frau die Leistungszulage in gleicher Höhe weiter. Sie dagegen verlangte, die Verdoppelung anteilig zur Arbeitszeit auf 500 Euro pro Monat. Die Klinik wies dieses Ansinnen ab.

Es kam zum Prozess, der sich bis vors Bundesarbeitsgericht in Erfurt zog. Die Richter dort gaben der klagenden Physikerin recht: die Klinik wurde zur Verdoppelung der Leistungszulage verurteilt.

Entscheidend: der Grund der Zulage

Zunächst einmal stellt das Bundesarbeitsgericht fest, dass das Teilzeit- und Befristungsgesetz Arbeitnehmern nicht vorschreibt, wie sich eine Arbeitszeitveränderung auf Lohn oder Gehalt auswirkt. Einzige Ausnahme: wer in Teilzeit wechselt, darf nicht durch ein überproportional gekürztes Entgelt diskriminiert werden (§ 4 Abs. 1 TzBfG). Ansonsten ist es ist Sache von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die finanziellen Auswirkungen der Arbeitszeitänderung auszuhandeln, soweit dies nicht schon im Arbeitsvertrag geregelt ist. Darauf wies das Bundesarbeitsgericht in der Begründung des Urteils als erstes hin.

Damit rückte die mündliche Vereinbarung über die Zusatzzahlung der Physikerin in den Mittelpunkt. Die Klinik hatte sie als „Pauschale zu Abwerbungszwecken“ charakterisiert. In dem Fall wäre sie unabhängig vom Umfang der Arbeitsleistung. Das BAG sah darin jedoch eine statische übertarifliche Zulage, die zum Ausgleich der Gehaltsdifferenz im früheren Job gedacht war. Der entscheidende Unterschied: Damit war die Zusatzzahlung Teil der finanziellen Gegenleistung für die Arbeitsleistung der Physikerin. Und die Höhe dieser Gegenleistung hatte sich „am zeitlichen Umfang der Arbeitsleistung“ zu orientieren.

Die Folge dieser Einordnung: Angesichts der erhöhten Arbeitszeit musste die Zulage „neu justiert“, sprich: anteilig erhöht und somit verdoppelt werden (BAG, 13.12.2023 - 5 AZR 168/23).

Entscheidend: eine klug formulierte, schriftliche Vereinbarung

Hätte die Zulage sich nicht auf die Arbeitsleistung bezogen, sondern etwa als Treueprämie rein auf die Betriebszugehörigkeit, dann hätte sie in unveränderter Höhe weiterbezahlt werden können, trotz des Wechsels in Vollzeit. Das lässt sich zumindest aus der Urteilsbegründung ableiten.

Aus dem Urteil können Arbeitgeber zwei Lehren ziehen.

  • Es kann fatale Folge haben, wenn wie im geschilderten Fall Gehaltsbestandteile rein mündlich abgesprochen werden. Die Klinik hatte als Arbeitgeber den Argumenten der Strahlenphysikerin wenig entgegenzusetzen. Es gab keine schriftlich fixierte Vertragsgrundlage zu der strittigen Zulage.

  • Selbst eine schriftliche Vereinbarung ist für sich genommen nicht aufstockungssicher. Entscheidend ist letztlich die Vertragsauslegung. Deshalb sind präzise Formulierungen wichtig. Möglich wäre zum Beispiel die Festlegung, dass die Zulage unabhängig von den geleisteten Arbeitsstunden bezahlt wird, nicht aber bei Arbeitsunfähigkeit, Freistellung oder unbezahltem Urlaub. Damit ändert sich die Höhe der Zulage bei einer verlängerten Arbeitszeit nicht. Allerdings kann sie im Fall einer Arbeitszeitverkürzung auch nicht gesenkt werden.

Der Rechtsanspruch auf Arbeitszeitverkürzung und Arbeitszeitverlängerung

Unter welchen Voraussetzungen Arbeitnehmer eine Verkürzung oder Erhöhung ihrer Arbeitsstunden fordern können, steht im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).

  • Unbefristet in Teilzeit wechseln bzw. die Arbeitsstunden verringern dürfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wenn sie mindestens sechs Monate im Betrieb sind, keine betrieblichen Gründe dagegensprechen und der Arbeitgeber mindestens 16 Beschäftigte hat. Die genauen Vorgaben nennt § 8 TzBfG.

  • Befristet für ein bis fünf Jahre in Teilzeit wechseln dürfen Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigt. Auch hier können betriebliche Gründe den Wunsch blockieren. Außerdem muss der Betrieb nur einem bestimmten Anteil der Belegschaft eine befristete Verringerung der Arbeitszeit ermöglichen. Die genaue Zahl hängt von der Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab. Eine Staffel mit den Zahlen findet sich, zusammen mit den weiteren Voraussetzungen, in § 9a TzBfG.

  • Eine Verlängerung der Arbeitszeit beziehungsweise den Übergang von Teilzeit in Vollzeit können Beschäftigte fordern, wenn der Arbeitgeber einen entsprechenden freien Arbeitsplatz hat, keine dringenden betrieblichen Gründe gegen die Aufstockung sprechen und kein besser geeigneter Bewerber für die Stelle verfügbar ist. Eine Mindestbeschäftigtenzahl gibt es für den Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit nicht. Die Regelungen finden sich in § 9 TzBfG.

Die Festlegungen im Gesetz sind vage genug, um regelmäßig Streit auszulösen. Wann ist ein anderer Bewerber besser geeignet? Welche betrieblichen Gründe sprechen tatsächlich gegen einen Übergang in Teilzeit, welche sind nur vorgeschoben? Mit solchen Konflikten müssen sich die Arbeitsgerichte immer wieder befassen.

Umso wichtiger ist es, dass die Arbeitsverträge und die Vereinbarungen zu Lohn und Gehalt bereits auf eine mögliche veränderte Arbeitszeit ausgerichtet sind.

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