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Arbeitszeitkonten bei Mindestlohn richtig (ein)führen
August 2015 - Seit der Einführung des Mindestlohns zum 01.01.2015 sind Arbeitszeitkonten ein wichtiges Instrument zur Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von 8,50 € je (Zeit-)Stunde. In diesem Beitrag informieren wir Sie über die Hintergründe, die verschiedenen Arten und die korrekte Führung der Arbeitszeitkonten.

Arbeitgeber sind nicht immer glücklich, wenn Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit erhöhen oder verringern wollen. Schließlich kann man den Stellenzuschnitt und die anfallende Arbeit nicht einfach nach Belieben anpassen. Manchmal haben Beschäftigte allerdings einen gesetzlichen Anspruch auf mehr oder weniger Arbeitsstunden.
Dann müssen Lohn und Gehalt an die veränderte Arbeitszeit angepasst werden. Das einfache Umrechnen genügt nicht immer. Bei manchen Sonderzahlungen und Zulagen stellt sich die Frage, ob sie trotz veränderter Stundenzahl gleichbleiben. Einen solchen Fall musste vor kurzem das Bundesarbeitsgericht entscheiden.
Geklagt hatte eine Physikingenieurin. Sie war als Strahlentherapie-Physikerin in einem Krankenhaus angestellt, das nach BAT-KF bezahlte, dem „Bundes-Angestellten-Tarifvertrag in kirchlicher Fassung“.
Zwischenzeitlich hatte die Ingenieurin bei einer anderen Einrichtung in Teilzeit gearbeitet. Dort wurde besser bezahlt. Um sie zur Rückkehr zu bewegen, stockte das Krankenhaus ihr Gehalt für eine Teilzeitstelle von 50 Prozent der vollen Arbeitszeit auf: Sie erhielt zusätzlich zum Tarifgehalt nach BAT-KF eine monatliche Zulage in Höhe von 250 Euro brutto. Diese Zusatzleistung wurde nur mündlich vereinbart und in den Gehaltsabrechnungen als „Leistungszulage“ ausgewiesen.
2022 wollte die Strahlenphysikerin in Vollzeit wechseln. Die Klinik lehnte diesen Wunsch zunächst ab, musste sich dann aber fügen: Das Teilzeit- und Befristungsgesetz sieht unter bestimmten Bedingungen ein Recht auf die Verlängerung der Arbeitszeit vor (mehr dazu weiter unten).
Der Übergang auf eine Vollzeitstelle führte zu einem weiteren Konflikt. Die Klinik zahlte der Frau die Leistungszulage in gleicher Höhe weiter. Sie dagegen verlangte, die Verdoppelung anteilig zur Arbeitszeit auf 500 Euro pro Monat. Die Klinik wies dieses Ansinnen ab.
Es kam zum Prozess, der sich bis vors Bundesarbeitsgericht in Erfurt zog. Die Richter dort gaben der klagenden Physikerin recht: die Klinik wurde zur Verdoppelung der Leistungszulage verurteilt.
Zunächst einmal stellt das Bundesarbeitsgericht fest, dass das Teilzeit- und Befristungsgesetz Arbeitnehmern nicht vorschreibt, wie sich eine Arbeitszeitveränderung auf Lohn oder Gehalt auswirkt. Einzige Ausnahme: wer in Teilzeit wechselt, darf nicht durch ein überproportional gekürztes Entgelt diskriminiert werden (§ 4 Abs. 1 TzBfG). Ansonsten ist es ist Sache von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die finanziellen Auswirkungen der Arbeitszeitänderung auszuhandeln, soweit dies nicht schon im Arbeitsvertrag geregelt ist. Darauf wies das Bundesarbeitsgericht in der Begründung des Urteils als erstes hin.
Damit rückte die mündliche Vereinbarung über die Zusatzzahlung der Physikerin in den Mittelpunkt. Die Klinik hatte sie als „Pauschale zu Abwerbungszwecken“ charakterisiert. In dem Fall wäre sie unabhängig vom Umfang der Arbeitsleistung. Das BAG sah darin jedoch eine statische übertarifliche Zulage, die zum Ausgleich der Gehaltsdifferenz im früheren Job gedacht war. Der entscheidende Unterschied: Damit war die Zusatzzahlung Teil der finanziellen Gegenleistung für die Arbeitsleistung der Physikerin. Und die Höhe dieser Gegenleistung hatte sich „am zeitlichen Umfang der Arbeitsleistung“ zu orientieren.