Betriebliche Altersvorsorge: Modelle und Möglichkeiten im Überblick

August 2019: Der Gesetzgeber fördert die private Vorsorge für das Alter. Ein Schwerpunkt ist die betriebliche Altersvorsorge, die dann neben die gesetzliche Rente und eine mögliche private Altersvorsorge des Arbeitnehmers tritt.

Allerdings sind die Regelungen der betrieblichen Altersvorsorge recht komplex. Außerdem unterscheiden sich Voraussetzungen, Optionen und Leistungen der verschiedenen Durchführungswege deutlich. Im Folgenden werden die verschiedenen Modelle im Überblick dargestellt.

 

Betriebliche Altersvorsorge – was ist das?

Betrieblichen Altersvorsorge bedeutet, dass der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern eine Zusage für Versorgungsleistungen erteilt. Der Anspruch auf die Auszahlung entsteht in drei Fällen: wenn die Altersgrenze erreicht wird, wenn der Arbeitnehmer invalide wird, oder wenn er stirbt. (In diesem Fall erhalten die Angehörigen Versorgungsleistungen.)

Die Beteiligung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann unterschiedlich ausfallen.

  • Bei bestimmten Modellen trägt ausschließlich der Arbeitgeber die Beiträge. Diese Form der Altersvorsorge ist vor allem bei Führungskräften relevant.
  • Andere Modelle werden vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer gemeinsam finanziert.
  • Schließlich gibt es die Variante, dass allein der Arbeitnehmer durch Entgeltumwandlung Beiträge leistet. Auf diese Form der betrieblichen Altersvorsorge haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch.

 

Wie kann eine betriebliche Altersversorgung ausgestaltet sein?

Es gibt fünf verschiedene Modelle für das Gewähren einer betrieblichen Altersvorsorge, die sogenannten Durchführungswege.

Einer davon, die Direktzusage, ist eine unmittelbare Pensionszusage. Dabei leistet der Arbeitgeber die Versorgung selbst und muss dafür Rückstellungen bilden. Bei Vorsorgeangeboten für ganze Belegschaften spielt die Direktzusage kaum eine Rolle. Die anderen vier Durchführungswege sind mittelbare Pensionszusagen, die Zusage erfolgt über einen externen Versorgungsträger.

Bei der Direktversicherung schließt der Arbeitgeber eine private Lebensversicherung zugunsten des Arbeitnehmers ab. Dieses Modell wird vor allem für die Entgeltumwandlung genutzt.

Pensionskassen sind eigenständige Versorgungseinrichtungen, die die Verantwortungfür die Auszahlung der Leistungen im Versorgungsfall übernehmen.
Pensionsfonds sind erst seit 2002 zur Einrichtung einer betrieblichen Altersversorgung zugelassen. Grundlage der Versorgung ist in diesem Fall kein Umlageverfahren, sondern die Kapitaldeckung der Leistungsansprüche durch den Fonds.
Unterstützungskassen schließlich werden von Arbeitgebern gegründet, um die Versorgung zu organisieren. Der Arbeitgeber haftet allerdings für die Versorgungsleistung, falls eine Unterstützungskasse die zugesagte Versorgung später nicht erbringen kann. So kam es schon zu Insolvenzen.

 

Anspruch besteht nur auf Entgeltumwandlung

Eine betriebliche Altersvorsorge können alle rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer verlangen. Seit 2002 haben Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch darauf, per Entgeltumwandlung in eine betriebliche Altersversorgung einzuzahlen (§ 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG). Der Arbeitgeber muss also eine betriebliche Altersvorsorge anbieten, wenn ein Arbeitnehmer dies verlangt. Den Arbeitgeber über diese Option informieren muss er nicht.

Ein Umwandlungsanspruch besteht in Höhe von vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (nicht des Gehalts). Selbstverständlich kann auch mehr umgewandelt werden, allerdings gelten Grenzen für die sozialversicherungsfreie und lohnsteuerfreie Einzahlung – siehe unten.

Mit eigenen Beiträgen muss der Arbeitgeber sich grundsätzlich nicht beteiligen. Bei reiner Entgeltumwandlung ist er jedoch verpflichtet, als Ausgleich für die gesparten Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung 15 Prozent der umgewandelten Entgeltsumme einzuzahlen.

 

Die Gestaltung ist Arbeitgebersache

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, am Abschluss und der Umsetzung einer betrieblichen Altersvorsorge mitzuwirken, wenn der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Entgeltumwandlung einfordert. Wie die Versorgungszusage konkret ausgestaltet wird, entscheidet der Arbeitgeber alleine.

  1. Er kann eine Leistungszusage wählen: Dem Arbeitnehmer werden dabei festgelegte Versorgungsleistungen zugesagt, etwa ein bestimmter monatlicher Auszahlungsbetrag, unabhängig davon, welche Rendite die eingezahlten Beiträge erwirtschaften.
  2. Dagegen wird bei der beitragsorientierten Leistungszusage vereinbart, welche Mittel in die betriebliche Altersversorgung fließen. Diese werden dann in aller Regel einem externen Unternehmen anvertraut. Die späteren Leistungen variieren, je nachdem, wie erfolgreich dieses wirtschaftet. Der Arbeitgeber muss die Entwicklung regelmäßig überprüfen und unter Umständen die laufenden Zahlungen nach oben anpassen.
  3. Dazwischen gibt es eine Variante, die Mindestleistungen in Höhe der Einzahlbeträge festschreibt, abzüglich der Kosten für Risikoabsicherung und Teilzahlungszuschläge. Vorteil dieser Variante: Eine Prüfung auf notwendige Anpassung der Beiträge entfällt.

 

Die Unverfallbarkeit der betrieblichen Altersversorgung

Die sogenannte Unverfallbarkeit der Anwartschaften auf spätere Versorgung ist ein zentrales Element betrieblicher Altersversorgung. Sie läuft darauf hinaus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer diese Ansprüche weder einseitig entziehen noch die Durchführung nach eigenen Vorstellungen umgestalten kann. Wann genau eine betriebliche Altersvorsorge unverfallbar ist oder wird, regelt das Betriebsrentengesetz (§ 1b BetrAVG). Die Vorschriften sind komplex, denn es wird in mehrfacher Hinsicht differenziert.

Zum einen hängen die Vorgaben davon ab, ob es sich um eine betriebliche Altersvorsorge durch Entgeltumwandlung handelt oder der Arbeitgeber die Finanzierung trägt beziehungsweise mitträgt. Im Fall der Entgeltumwandlung behält der Arbeitnehmer seine Anwartschaft, wenn er vor Beginn der Versorgung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Bei einer arbeitgeberfinanzierten Altersversorgung hängt die Unverfallbarkeit dagegen vom Datum der Zusage ab. Grund dafür ist eine ganze Reihe von Änderungen, die der Gesetzgeber im Laufe der Zeit vorgenommen hat.

In einer finanziell schwierigen Situation kann der Arbeitnehmer den nachvollziehbaren Wunsch äußern, künftig keine Beiträge mehr in die betriebliche Altersvorsorge einzuzahlen, oder er möchte sogar über den bereits angesparten Betrag zu verfügen.

In diesem Fall stellt sich naturgemäß die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung überhaupt möglich ist und ob eine Auszahlung von bereits angespartem Vermögen in Betracht kommt. Erfahren Sie mehr zur Kündigung von betrieblichen Altersversorgungen.

Besteuerung und Sozialversicherungspflicht

Beiträge, die in die betriebliche Altersversorgung fließen, sind grundsätzlich steuerfrei. Mindestens bis zu einer bestimmten Höhe fallen auch keine Sozialversicherungsabgaben an.

  • Im Fall einer Direktversicherung, eines Pensionsfonds oder einer Pensionskasse sind seit dem 01.01.2018 Beiträge bis zur Höhe von 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung für die alten Bundesländern (bundesweit) steuerfrei (§ 3 Nr. 63 EStG). Der Höchstbetrag für die steuerfreien Einzahlungen entspricht damit im Jahr 2019 einer Summe von 536 Euro monatlich. Daneben sind noch einmal 1.800 Euro lohnsteuerfrei, sofern keine Lohnsteuerpauschalierung gemäß § 40b EStG erfolgt und die Versorgungszusage nach dem 31.12.2004 vorgenommen wurde.
  • Sozialversicherungsfrei sind Einzahlungen in eine Direktversicherung, einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse dagegen nur bis zur Höhe von vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze West, für 2019 sind dies 268 Euro monatlich (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 SvEV).
  • Bei betrieblicher Altersversorgung im Wege einer Unterstützungskasse oder einer Pensionszusage sind die Zuwendungen des Arbeitgebers kein Teil des Arbeitslohns und bereits deshalb lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei.
  • Was wird bei Arbeitgeberwechsel aus der Versorgungsanwartschaft?
  • Auch für diesen Fall sieht das Betriebsrentengesetz Optionen vor.
  • Der neue Arbeitgeber kann die Versorgungsanwartschaft nach Absprache mit dem vorigen Arbeitgeber übernehmen, wenn der Arbeitnehmer dies will. An der Ausgestaltung und den angesparten Ansprüchen der Versorgungszusage ändert sich in diesem Fall nichts.
  • Alternativ kann der Wert der Versorgungszusage vom bisherigen auf den neuen Arbeitgeber übertragen werden, der neue Arbeitgeber erteilt dann eine neue, wertgleiche Zusage. Falls die betriebliche Altersversorgung im Wege eines Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder einer Direktversicherung erteilt wurde, kann der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres sogar darauf bestehen, dass der Übertragungswert auf eine betriebliche Altersvorsorge beim neuen Arbeitgeber übergeht.

 

Fazit: Kompliziert, aber mit viel Potenzial für Arbeitnehmerbindung

Die gesetzlichen Vorgaben für die betriebliche Altersvorsorge sind ausgesprochen komplex – das lässt sich kaum bestreiten. Andererseits wissen Arbeitnehmer mittlerweile genau, wie unzureichend die gesetzliche Rente als alleinige Altersvorsorge ist. Angebote zur betrieblichen Altersvorsorge, die von Arbeitnehmern als faires Kümmern des Arbeitgebers wahrgenommen werden, entfalten deutlich stärkere Bindungswirkung als viele andere Maßnahmen im Bereich Human Resources.

Sinnvoll nutzen kann ein Arbeitgeber diese Chance, wenn er bei der Einführung verlässliche Berater und für die Umsetzung kompetente Dienstleister hat. Sprechen Sie uns gerne an worauf es bei der Lohnabrechnung in puncto betriebliche Altersvorsorge ankommt.

Kategorie

Unternehmen, Arbeitgeber und Mitarbeiter

Themen:

Altersvorsorge Lohnabrechnung

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