Homeoffice im Ausland: Was bedeutet das für die Lohn- und Gehaltsabrechnung?
März 2022: Was gilt für die Lohn- und Gehaltsabrechnung, wenn das Homeoffice eines Mitarbeiters im Ausland liegt? Diese Frage hat durch die Pandemie an Bedeutung gewonnen. Sie betrifft Grenzgänger ebenso wie Mitarbeiter, die Homeoffice-Phasen unter der südlichen Sonne verbringen.
Sozialversicherungspflicht für Grenzgänger im Homeoffice
Was gilt für die Sozialversicherungspflicht von Grenzgängern, die normalerweise aus dem benachbarten Ausland zu einem Arbeitsplatz in Deutschland pendeln und nun aufgrund der Pandemie im Homeoffice tätig sind oder waren? Dazu hat die Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA) ihre Rechtsposition in einem Rundschreiben festgelegt.
Demnach ändert sich durch das Homeoffice im Ausland für die Sozialversicherungspflicht der Grenzgänger nichts. Das Schreiben legt fest, dass solche Mitarbeiter für bis zu 24 Monate sozialversicherungsrechtlich weiter als Grenzgänger behandelt werden, selbst wenn sie sich aufgrund der Corona-Pandemie im Homeoffice befinden. Entsprechende Regelungen gelten umgekehrt auch für deutsche Grenzgänger, die normalerweise jenseits der Grenze arbeiten, nun wegen Corona jedoch im deutschen Homeoffice tätig sind. Wenn der Arbeitgeber bescheinigt, dass dies durch die Pandemie bedingt war, zählen die Homeoffice-Tage als reguläre Arbeitstage im anderen Land. Sie sind also keine Nichtrückkehrtage.
Eine A1-Bescheinigung ist grundsätzlich nicht notwendig. Fordert das Wohnsitzland, in dem die Homeoffice-Tätigkeit stattfindet, einen entsprechenden Nachweis, wird eine A1-Bescheinigung für Entsendung ausgestellt.
Diese Sonderregelungen gelten vorerst bis zum 30. Juni 2022. Sie drücken naturgemäß nur die Position der deutschen Sozialversicherungsträger aus. Gegenüber dem jeweiligen Nachbarland sind sie nicht verbindlich. Dieses kann die Situation anders beurteilen.
Personen, die in mehreren Staaten tätig sind
Arbeitnehmern, die normalerweise in mehreren Ländern der EU, des EWR sowie der Schweiz tätig sind, wird gemäß EU-Recht die Sozialgesetzgebung eines der Länder zugewiesen (Art. 13 (EG) 883/2004).
Auch an dieser Zuweisung ändert sich nichts, wenn die „gewöhnliche Beschäftigung in mehreren Mitgliedsstaaten“ wegen der Pandemie unterbrochen wurde und die Arbeit nun im Homeoffice und damit in nur einem Land stattfindet. Die Sozialversicherungsbeiträge werden weiter dort abgeführt, wo dies schon vor der Pandemie der Fall war. Wurde eine A1-Bescheinigung ausgestellt, behält sie ihre Gültigkeit. Diese Regelung gilt ebenfalls bis zum 30. Juni 2022.
Grenzgänger im Homeoffice: Lohnsteuer
Im Zuge der Pandemiemaßnahmen hat die Bundesregierung mit mehreren Nachbarländern Konsultationsvereinbarungen zu den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) getroffen. Derartige Konsultationsvereinbarungen bestehen mit Österreich, Belgien, Frankreich, Luxemburg, der Niederlande, Polen und der Schweiz. Mit Dänemark und Tschechien gibt es keine entsprechenden Vereinbarungen.
Diese Vereinbarungen sehen vor, dass pandemiebedingte Homeoffice-Tage im Wohnsitzland als reguläre Arbeitstage zählen. Sie werden nicht als Nichtrückkehrtage gewertet und gefährden somit nicht den Grenzgänger-Status. Für Arbeitnehmer, die bisher eine Grenzgängerbescheinigung hatten und einheitlich im Wohnsitzstaat besteuert wurden, ändert sich durch das Homeoffice also nichts.
Dank der „Tatsachenfiktion“ müssen Arbeitgeber auch nicht nicht damit rechnen, dass das Finanzamt des Nachbarlandes im Homeoffice des Arbeitnehmers eine ausländische Betriebsstätte sieht.
Wichtig:
Obwohl die Regelungen in die gleiche Richtung gehen, gibt es durchaus Unterschiede im Detail. Im Zweifelsfall hilft ein Blick in die Konsultationsvereinbarung mit dem betreffenden Staat. Eine Übersicht findet sich beim Bundesfinanzministerium.
Wird aus anderen Gründen als der Pandemie im Homeoffice gearbeitet, gelten die Sonderregelungen nicht.
Wann die Regelungen auslaufen, hängt von der jeweiligen Vereinbarung ab. Die mit der Schweiz endet beispielsweise am 31. März 2022, die mit Luxemburg erst am30. Juni 2022.
„Workation“ statt Homeoffice
Neben den beschriebenen Fällen gibt es seit dem Pandemiebeginn zunehmend ein neues Phänomen: Arbeitnehmer verbringen Homeoffice-Phasen in einem Feriendomizil im Ausland. „Workation“ wird diese Vermischung von Arbeit aus der Ferne und Urlaub genannt.
Dieser Fall wird weder durch das oben genannte DVKA-Rundschreiben noch die Konsultationsvereinbarungen der Steuerverwaltung abgedeckt. Viele rechtliche Aspekte sind unklar. Das betrifft die sozialversicherungsrechtlichen, die steuerrechtlichen und die arbeitsrechtlichen Aspekte solcher Arbeits-/Urlaubs-Aufenthalte.
Stellt es einen Arbeitsunfall dar, wenn man am Hotel-Pool auf den Kanaren mit dem Firmen-Laptop ins Unternehmensnetzwerk eingeloggt ist und der Sonnenschirm über einem zusammenbricht? Wie muss eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag aussehen, die Workation-Aufenthalte wirksam regelt? Gilt dort deutsches oder ausländisches Arbeitsrecht? Was ist mit dem Anspruch auf Urlaubsgeld?
In vielen Praxisfragen wird wohl erst die Rechtsprechung Klarheit schaffen. Deshalb erheben die anschließenden Ausführungen keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Eine abschließende Beurteilung der Sozialversicherungspflicht und der Steuerpflicht ist – wenn überhaupt – nur im Einzelfall möglich.
Corona-Homeoffice im Ausland: Sozialversicherung
Beschränkt sich der Aufenthalt auf wenige Tage oder Wochen, wird er kaum ins Gewicht fallen – ähnlich wie bei einem Urlaub, in dem ja auch oft aus der Ferne noch gearbeitet wird. Anders ist es, wenn die „Homeoffice-Auslandsaufenthalt mehrere Monate dauert. Für die Sozialversicherung gelten dann die allgemeinen Regeln je nach Aufenthaltsland.
Ist der Homeoffice-Einsatz im Ausland mit dem Arbeitgeber abgesprochen und auf maximal 24 Monate befristet, stellt er im Regelfall eine Entsendung dar. Sie muss den Sozialversicherungsträgern gemeldet werden. Bei „Pandemie-Homeoffice als Workation“ sollte das Prinzip der Ausstrahlung greifen, da der Aufenthalt befristet ist, das Beschäftigungsverhältnis in Deutschland besteht, der Mitarbeiter den Weisungen des deutschen Arbeitgebers unterliegt und auch der Lohn hier abgerechnet wird. Damit gilt die deutsche Sozialversicherungspflicht für diesen Mitarbeiter weiter.
In den EU-Staaten, den EWR-Staaten und der Schweiz wird eine A1-Bescheinigung notwendig. Mit vielen weiteren Drittländern bestehen Sozialversicherungsabkommen. Beim Homeoffice in einem vertragslosen Drittland kann dort eine Sozialversicherungspflicht entstehen.
Corona-Homeoffice im Ausland: Steuerpflicht
Ähnliches gilt für die Steuerpflicht: Hier gilt zum einen die generelle 183-Tage-Frist: Dauert das Homeoffice im Ausland kürzer, bleibt der Mitarbeiter in Deutschland lohnsteuerpflichtig. Verbringt der Arbeitnehmer innerhalb von 12 Monaten mehr als 183 Tage im Ausland, wird er grundsätzlich dort steuerpflichtig.
Allerdings bestehen mit vielen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen, die eigene Regelungen festschreiben. Je nach Aufenthaltsland kann unter Umständen sogar eine doppelte Steuerpflicht entstehen. In jedem Fall ist auch in Bezug auf die Steuer bei längeren „Homeoffice-Auslandsaufenthalten“ eine Prüfung des Einzelfalls unerlässlich.
Anmerkung: Unterbrechung oder Verschiebung einer Entsendung
Während einer Entsendung bleiben Arbeitnehmer im Herkunftsland sozialversichert. Doch was gilt, wenn die Entsendung aufgrund der Pandemie unterbrochen oder verschoben wurde?
Grundsätzlich muss der Arbeitgeber die Sozialversicherungsträger über eine Verschiebung oder längere Unterbrechung der Entsendung informieren. Allerdings ist diese Information nur dann notwendig, wenn die Entsendung länger als zwei Monate dauern soll oder wenn sich ihr Enddatum verschiebt. Andernfalls kann auf die Benachrichtigung verzichtet werden, und ausgestellte A1-Bescheinigungen bleiben gültig. Das gilt auch dann, wenn sie durch eine Ausnahmevereinbarung über 24 Monate hinaus verlängert wurden.
Weitere spannende Lohn-UpdatesVerwandte Beiträge
Rückwirkende Korrektur Lohnabrechnung
Incentive-Modelle mit Langzeitvergütung als außerordentliche Einkünfte
Lohnabrechnung 2022: Rechengrößen, Beitragssätze zur Sozialversicherung und weitere Änderungen