Lohnsteuer auf Zukunftssicherungsleistungen: Sachbezug oder Barlohn?

Steuerfreie Zuschüsse zur Vorsorge von Arbeitnehmern

April 2019 - Die Möglichkeit, Arbeitnehmern Teile von Lohn und Gehalt in Form steuerfreier Leistungen zu gewähren, ist in Zeiten erhöhter Konkurrenz um Fachkräfte und qualifizierte Mitarbeiter für Arbeitgeber von besonderem Interesse. Eine interessante Variante davon sind Zukunftssicherungsleistungen.

Diese sind jedoch nur in bestimmten Fällen lohnsteuerfrei. Vor allem unterliegen sie teilweise nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht der monatlichen Lohnsteuerfreigrenze für Sachbezüge. Allerdings hat der Bundesfinanzhof das in zwei Entscheidungen aus dem Jahr 2018 anders gesehen.

 

Was sind Zukunftssicherungsleistungen?

Als Zukunftssicherungsleistungen werden Aufwendungen des Arbeitgebers bezeichnet, die die Absicherung des Arbeitnehmers oder nahestehender Personen für den Fall eines Unfalls, der Invalidität, einer Krankheit, des Alters oder des Todes zum Zweck haben. Es handelt sich um freiwillige Beiträge, die der Arbeitgeber zu einer Lebensversicherung, einer Unfallversicherung oder einer betrieblichen Krankenversicherung leistet.

Die Behandlung von Zukunftssicherungsleistungen in der Lohn- und Gehaltsabrechnung ist nicht unbedingt trivial. Sie erfordert professionelle Fachkenntnis und eine genaue Einzelfallprüfung.

 

Die Frage der Lohnsteuer

Im Zentrum steht die Frage, ob solche Aufwendungen des Arbeitgebers einen Zufluss von Arbeitslohn beim Arbeitnehmer darstellen und wenn ja, ob dieser gegebenenfalls zu versteuern ist.

Eine erste Antwort dazu liefert § 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV: Demnach gehören Zukunftssicherungsleistungen zum Arbeitslohn, wenn der Arbeitnehmer den Zahlungen zumindest stillschweigend zugestimmt hat. Für die anschließende Frage, ob diese Form des Arbeitslohns dann auch lohnsteuerpflichtig ist, ergibt sich aus § 3 Nr. 62 EStG folgende Situation:

  • Wenn der Arbeitgeber mit der Zahlung einer (sozialversicherungsrechtlichen oder einer anderen) gesetzlichen Verpflichtung nachkommt, handelt es sich um steuerfreien Arbeitslohn. Deshalb erfolgt kein Lohnsteuerabzug.
  • Handelt es sich dagegen um Zukunftssicherungsleistungen, die freiwillig vom Arbeitgeber gezahlt werden, sind diese im Grundsatz lohnsteuerpflichtig.
  • Steuerfrei sind freiwillig gezahlte Zukunftssicherungsleistungen nur, wenn sie dem Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung des Arbeitnehmers dienen oder wenn sie aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung vom Arbeitgeber erbracht und damit freiwillig gezahlt werden.

Baulohn und Sachlohn? Der BFH entscheidet gegen der BMF-Auffassung

Arbeitgeber haben die Zuwendung von Zukunftssicherungsleistungen als Sachlohn betrachtet und dafür die Sachbezugsfreigrenze von monatlich 44 Euro gemäß § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG in Anspruch genommen. Die Finanzverwaltung sah und sieht dies allerdings anders.

Nach dem BMF-Schreiben „Zukunftssicherungsleistungen und 44-Euro-Freigrenze“ vom 10.10.2013 stellen vom Arbeitgeber geleistete Zukunftssicherungsleistungen Barlohn dar. Demnach kann die Freigrenze für Sachbezüge nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Arbeitgeber Beiträge zu einer privaten Pflegezusatzversicherung oder einer Krankentagegeldversicherung des Arbeitnehmers bezahlt.

Mit zwei Entscheidungen aus dem Jahr 2018 hat sich der Bundesfinanzhof gegen diese Auffassung der Finanzverwaltung gestellt. Damit besteht aktuell in diesem Punkt ein deutlicher Gegensatz zwischen der Praxis der Finanzämter und der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

 

Zusätzlicher Versicherungsschutz als Sachbezug

In dem einen vom Bundesfinanzhof zu entscheidenden Fall (BFH 07.06.2018, VI R 13/16) ging es um eine Gruppenzusatzkrankenversicherung, die der Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer abgeschlossen hatte. Er selbst bezahlte die Beiträge direkt. Die Arbeitnehmer hatten einen unmittelbaren Anspruch auf den Versicherungsschutz gegenüber dem Versicherer.

Nach Auffassung des BFH stellte der durch den Arbeitgeber verschaffte zusätzliche Versicherungsschutz ganz klar einen Sachbezug dar. Die Richter verwiesen auf vorangegangene Urteile (BFH 11.11.2010, VI R 21/09, VI R 27/09 und BFH, VI R 41/10), denen zufolge bei der Abgrenzung von Bar- und Sachlohn der Rechtsgrund maßgeblich über die Kriterien für den Zufluss entscheidet. Anders ausgedrückt: Es kommt darauf an, welche Leistung der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen kann. Kann er bloß die Sache selbst verlangen (hier also den Versicherungsschutz), nicht aber eine Geldleistung von entsprechendem Wert, handelt es sich um einen Sachbezug.

Unerheblich war für den BFH dabei die Gestaltung der vertraglichen Beziehungen: ob der Arbeitnehmer die Sache von seinem Arbeitgeber direkt bekommt oder auf Kosten des Arbeitgebers von einem Dritten bezieht, und ob der Arbeitnehmer selbst Vertragspartner des Dritten ist oder ob der Arbeitgeber diese Stellung einnimmt und für die Arbeitnehmer die Sachleistung bei einem Dritten bezieht.

Wenn der Arbeitnehmer dagegen verlangen kann, dass ihm der Arbeitgeber an Stelle der Sache (des Versicherungsschutzes) Barlohn im Wert der Sachbezüge zur Verfügung stellt (= Ersatzanspruch), dann ist dies ein entscheidender Unterschied. In diesem Fall handelt es sich selbst dann um Barlohn, wenn der Arbeitgeber die Sache unmittelbar zuwendet.

 

Verwendungsbezogener Zuschuss ist kein Sachbezug

Anders sieht es nach dem zweiten Urteil (BFH, 04.07.2018 - VI R 16/17) aus, wenn der Arbeitgeber lediglich einen Zuschuss zahlt mit der klaren Vorgabe, diesen für eine private Zusatzkrankenversicherung zu verwenden. Dann liegt nach Auffassung der Richter kein Sachbezug, sondern ein Barlohn vor, so dass die Sachbezugsfreigrenze nicht greift. Im Streitfall hatte der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die Möglichkeit eingeräumt, im eigenen Namen eine Zusatzkrankenversicherung bei einem privaten Krankenversicherer abzuschließen. Dazu gewährte er einen – vermeintlich – steuerfreien Zuschuss. Das zuständige Finanzamt sah darin jedoch Barlohn und bestand auf der fälligen Lohnsteuer.

Die Richter des BFH gaben letztlich der Finanzverwaltung recht. Selbst wenn der Versicherer vom Arbeitgeber gewählt wurde, handelt es sich nicht um einen Sachbezug, wenn der Arbeitgeber den gewährten Zuschuss mit der Bedingung verknüpft, dass damit die Prämie des Versicherungsvertrags zu bezahlen ist. Vielmehr lässt der Arbeitgeber lohnsteuerrechtlich gesehen dem Arbeitnehmer Geld und damit Barlohn zukommen. Damit ist die Anwendung der 44-Euro-Freigrenze hinfällig.

Auch in dieser Entscheidung hoben die Richter hervor, dass es stets nur dann um einen Sachbezug handelt, wenn der Arbeitnehmer arbeitsrechtlich einen Anspruch auf Gewährung von Sachlohn hat und dieser mit der Leistung erfüllt wird.

 

Konsequenzen aus den Entscheidungen für die Gestaltung von Zukunftssicherungsleistungen an Arbeitnehmer

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber damit die Wahl. Gewährt er seinen Arbeitnehmern unmittelbaren Versicherungsschutz, handelt es sich um begünstigten Sachlohn. Damit gilt die monatliche Freigrenze von 44 Euro. Da jedes Überschreiten der Grenze den vollständigen Wegfall der Steuerfreiheit zur Folge hat, verringert sich jedoch der Spielraum für weitere Sachbezüge. Alternativ kann der Arbeitgeber einen steuerpflichtigen Zuschuss unter der Bedingung gewähren, dass der Arbeitnehmer damit eine eigene private Zusatzversicherung abschließt.

Die Finanzverwaltung hält bislang allerdings an ihrer Auffassung fest, wonach Zukunftssicherungsleistungen keinen Sachlohn darstellen. Die genannten Entscheidungen des BFH (07.06.2018 - VI R 13/16 und 04.07.2018 - VI R 16/17) wurden – zumindest bis jetzt – nicht im BStBl. II veröffentlicht.

Deshalb sollten Arbeitgeber sich sehr genau mit ihrem Steuerberater abstimmen, wenn sie mögliche Spielräume bei der steuerfreien Gewährung von Zukunftssicherungsleistungen ausschöpfen wollen. Ein weiteres entscheidendes Plus ist es, wenn man sich bei der Umsetzung der Gestaltungen auf verlässliche Abrechnungsdienstleistungen von hoher Qualität stützen kann.

Kategorie

Steuern, Bescheinigungen und Rechtliches

Themen:

Lohnsteuer Lohn und Gehalt

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