Urlaub und Krankheit

Juni 2012 - Ein Arbeitnehmer hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert wird, ohne dass ihn ein Verschulden trifft (§ 3 EFZG).

Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs und weist die Tage der Arbeitsunfähigkeit durch ein ärztliches Zeugnis nach, hat er auch für diese Tage Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Der Arbeitgeber darf diese nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Urlaub anrechnen (§ 9 BUrlG). Die Arbeitsunfähigkeit ist deshalb vom ersten Krankheitstag an durch ein ärztliches Attest nachzuweisen. Kann der Arbeitnehmer den bereits genehmigten Urlaub wegen Krankheit nicht antreten, so ist auch die Urlaubserteilung hinfällig, da sich Urlaub und Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ausschließen. Der Urlaub ist dann nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit erneut zu beantragen.

Erkrankung während eines Auslandsurlaubs

Im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung treten immer wieder Fragen auf, wenn ein Arbeitnehmer während eines Auslandsurlaubs erkrankt. In diesem Fall ist der erkrankte Arbeitnehmer verpflichtet, seinem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtliche Dauer und auch die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen. Allerdings hat der Arbeitgeber auch die durch die Mitteilung über die Arbeitsunfähigkeit entstehenden Kosten zu tragen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 und 2 EFZG).

Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer, sofern er Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, auch seiner Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als angezeigt, so ist er verpflichtet, sowohl seinem Arbeitgeber als auch der gesetzlichen Krankenkasse die voraussichtliche Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit erneut mitzuteilen. Die gesetzlichen Krankenkassen können aber festlegen, dass der erkrankte Arbeitnehmer diese Anzeige- und Mitteilungspflichten auch gegenüber einem ausländischen Sozialversicherungsträger erfüllen kann (§ 5 Abs. 2 Satz 3 bis 5 EFZG). Bestehen mit dem Urlaubsland bilaterale Sozialversicherungsabkommen, vereinfachen sich die Nachweispflichten gegenüber Arbeitgeber und Krankenkasse. Der im Urlaub Erkrankte wendet sich in diesem Fall mit seiner Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an den für seinen Aufenthaltsort zuständigen Sozialversicherungsträger, der die deutsche Krankenkasse benachrichtigt. Die Krankkasse informiert dann auch den Arbeitgeber.

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus dem Ausland

Bei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus Ländern der Europäischen Union ist der Arbeitgeber grundsätzlich an deren Beweiswert gebunden. Dabei muss das ärztliche Attest klar erkennen lassen, dass der Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit unterschieden hat. Nur dann hat sie den gleichen Beweiswert wie eine in Deutschland ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 25.6.1998). Auf die Attestierung der Arbeitsunfähigkeit als Folge der Erkrankung ist insbesondere bei ärztlichen Bescheinigungen aus Ländern außerhalb der Europäischen Union zu achten.

Praxistipp:
Bei ernsthaften Zweifeln an der während des Auslandsurlaubs eingetretenen Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber über die jeweilige Krankenkasse beim ausländischen Sozialversicherungsträger ein medizinisches Gutachten zur Arbeitsunfähigkeit verlangen.

Kehrt der arbeitsunfähig erkrankte Beschäftigte nach Deutschland zurück, ist er verpflichtet, seine Rückkehr unverzüglich dem Arbeitgeber und der Krankenkasse anzuzeigen (§ 5 Abs. 2 Satz 7 EFZG). Der im Urlaub erkrankte Arbeitnehmer darf aber die ursprünglich vereinbarte Urlaubszeit nicht nach eigenem Gutdünken um die nachgewiesenen Krankentage verlängern. Der infolge der Arbeitsunfähigkeit nachzugewährende Urlaub muss stets erneut beantragt und durch den Arbeitgeber genehmigt werden.

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Erkrankung während eines unbezahlten Urlaubs

In einem ruhenden Arbeitsverhältnis besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Dazu zählt auch ein unbezahlter Urlaub. In diesem Fall besteht der Entgeltfortzahlungsanspruch nur für die Zeiten vor und nach dem unbezahlten Urlaub. Möchte ein Arbeitnehmer seinen bezahlten Erholungsurlaub mit einem unbezahlten Urlaub verlängern, kann aber in der Vereinbarung zum unbezahlten Urlaub festgelegt werden, dass der unbezahlte Urlaub endet oder nicht beginnt, wenn Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit eintritt. Sollte der Arbeitnehmer in dieser Zeit tatsächlich erkranken, entfallen die noch nicht in Anspruch genommenen unbezahlten Urlaubstage. Der Arbeitnehmer hat dann auch während dieser Zeit Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Selbst verschuldete Erkrankung während des Urlaubs

Ist eine Erkrankung im Urlaub und die damit verbundene Arbeitsunfähigkeit durch grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzliche Handlungen selbst verschuldet, verliert der Arbeitnehmer zwar seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 EFZG), der Anspruch auf Nichtanrechnung der nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub bleibt aber nach wie vor bestehen (§ 9 BUrlG), sodass auch hier der Urlaub nachzugewähren ist.

Beispiele für eine selbst verschuldete Arbeitsunfähigkeit:

  • Verletzungen bei einem Verkehrsunfall infolge grober Verstöße gegen die Verkehrsvorschriften
  • Verletzungen als Folge erheblicher Trunkenheit
  • Verletzungen bei Ausübung einer besonders gefährlichen Sportart
  • Verletzungen bei einer selbst provozierten Schlägerei

Legt der Arbeitnehmer bei einer selbst verschuldeten Arbeitsunfähigkeit jedoch kein Attest vor, läuft sein Urlaub weiter und es kommt nicht zu einer Nachgewährung der durch Arbeitsfähigkeit entgangenen Urlaubstage. Dafür behält er aber den Vergütungsanspruch für den bezahlten Erholungsurlaub. .

 Erkrankung eines Kindes während des Urlaubs

Wenn während des Urlaubs nicht der Arbeitnehmer selbst erkrankt, sondern ein Kind des Arbeitnehmers, bleibt der erteilte Urlaub bestehen und führt nicht zu einem Anspruch auf Nachgewährung der für die Pflege des Kindes verwendeten Urlaubstage. Für die Nichtanrechnung von Krankentagen auf Urlaubstage ist die nachgewiesene Arbeitunfähigkeit infolge Krankheit des Arbeitnehmers selbst erforderlich. Die Regelung nach § 9 BUrlG kann deshalb nicht angewendet werden. Lässt sich der Arbeitnehmer während seines Urlaubs wegen der Erkrankung des Kindes von der Arbeit freistellen (§ 45 Abs. 3, Satz 1 SGB V), hat er Anspruch auf das von der Krankenkasse gewährte KinderpflegeKrankengeld in Höhe von 70% seines Nettoarbeitsentgelts, verliert aber zugleich den Anspruch auf die Zahlung des Urlaubsentgelts. Die Arbeitsfreistellung zur Pflege eines erkrankten Kindes erfolgt ausdrücklich bei gleichzeitigem Wegfall der Vergütungspflicht des Arbeitgebers (ArbG Berlin 17.6.2010, 2 Ca 1648/10).

Praxistipp:
Wenn ein Arbeitnehmer während des Urlaubs sein erkranktes Kind pflegt und sich dafür nicht von der Arbeit nach § 45 SGB V freistellen lässt, erhält er weiterhin das volle Urlaubsentgelt.

Nachgewährung des durch Krankheit entgangenen Urlaubs

Auch bei Nachgewährung des durch Krankheit entgangenen Urlaubs muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Eine Übertragung in das nächste Kalenderjahr ist aber gerechtfertigt, wenn dringende betriebliche Gründe vorliegen oder die persönliche Situation des Arbeitnehmers dies erforderlich macht. Der Urlaub muss dann in den ersten drei Monaten des Folgejahres gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 3 BUrlG).

Ausnahmen und Besonderheiten sind bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit zu beachten. Urlaubsansprüche langjährig arbeitsunfähiger Arbeitnehmer verfallen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres, wenn sie bis dahin nicht genommen werden konnten (LArbG Hamm 12.1.2012, 16 Sa 1352/11). Sie sind auch bei einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht abzugelten.

Es ist jedoch zulässig, dass in einem Tarifvertrag das Ansammeln von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub aus vergangener Zeit auf einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten beschränkt wird. Der Übertragungszeitraum muss aber die Dauer des Bezugszeitraums, für den der Urlaub gewährt wird – das ist das Kalenderjahr – deutlich überschreiten (EuGH 22.11.2011, C-214/10 und LArbG Hamm 22.3.2012, 16 Sa 1176/09).

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Kategorie

Steuern, Bescheinigungen und Rechtliches

Themen:

Sozialversicherung Lohn und Gehalt

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