19 Apr 2022

Lohn- und Gehaltspfändung: Corona-Prämie darf nicht gepfändet werden

Corona-Prämien dürfen bei einer Lohn – und Gehaltspfändung in vielen Fällen nicht berücksichtigt werden. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen erklärte die Corona-Beihilfe einer Tresenkraft für unpfändbar.

Küchenhilfe in Privatinsolvenz, versuchte Pfändung der Corona-Prämie

Corona-Prämien gehören zumindest in einer Vielzahl der Fälle zu den Arbeitgeber-Leistungen, die Gläubiger des Arbeitnehmers nicht pfänden dürfen. Das ergibt sich aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom Herbst letzten Jahres (LAG Niedersachsen, 25.11.2021 - 6 Sa 216/21).

Eine Lohn- und Gehaltspfändung bei Mitarbeitern ist auch aus Sicht des Arbeitgebers unerfreulich: Er haftet dafür, dass der korrekte Betrag an die Gläubiger ausbezahlt wird. Fehler sollten dabei tunlichst vermieden werden. Erhalten die Gläubiger zu viel oder zu wenig vom Einkommen eines Arbeitnehmers, muss der Arbeitgeber dafür geradestehen.

In dem konkreten Fall ging es um eine Frau in Privatinsolvenz, die ein halbes Jahr lang in einer Brauereigaststätte als Küchenhilfe und Thekenkraft tätig war. Dort erhielt sie zusätzlich zum Festlohn und Sonntagszuschlägen auch eine Corona-Prämie in Höhe von 400 Euro. Die Insolvenzverwalterin der Frau forderte von dem Gastronomie-Betrieb den daraus pfändbaren Betrag. Der Arbeitgeber verweigerte die Zahlung. Er hielt die Corona-Sonderzahlung für unpfändbar. Daraufhin wurde er von der Insolvenzverwalterin verklagt.

 

Wie ist die Corona-Prämie einzuordnen?

Bereits vor dem Arbeitsgericht Braunschweig als erster Instanz ging es um die Frage, wie die offiziell „Corona-Hilfe“ genannte allgemeine Corona-Prämie einzuordnen sei – als Treueprämie oder als Erschwerniszulage. Auf Erschwerniszulagen haben Gläubiger keinen Zugriff, auf Treueprämien oder ähnliche Zahlungen grundsätzlich schon.

Anders als bei der Corona-Prämie im Pflegebereich, bei der die Pfändung schon im Gesetz ausdrücklich ausgeschlossen wurde, machte die gesetzliche Regelung zur steuerfreien Corona-Beihilfe für alle Berufstätigen keine Aussage zur Pfändbarkeit (§ Nr. 11a EStG).

 

Hintergrund: Die steuerfreie Corona-Prämie

Die Regelung besagt nur, dass „Beihilfen und Unterstützungen“ sowohl als Sachleistungen wie als Barlohn bis zu einem Betrag von 1.500 Euro steuerfrei bleiben, wenn sie

  • vom 01. März 2020 bis zum 31. März 2022
  • aufgrund der Corona-Krise
  • zusätzlich zum geschuldeten Gehalt oder Lohn

bezahlt wurden. Aus der Steuerfreiheit ergibt sich auch die Sozialversicherungsfreiheit.

Anmerkung: Informationen zur Zusätzlichkeitserfordernis bietet der Beitrag Die offizielle Definition von "zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn".

 

LAG Niedersachsen: Keine Pfändung der Corona-Prämie

Die Insolvenzverwalterin hatte weder in der ersten Instanz noch vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Dieses stellte ausdrücklich fest, dass die Corona-Beihilfe der Arbeitnehmerin eine Erschwerniszulage und damit unpfändbar war. Diese Einordnung begründeten die Richter mit der Gesundheitsgefährdung der Frau. Sie war während der Pandemie auch als Thekenkraft tätig. So hatte sie unmittelbaren Kontakt zu Gästen und war deshalb einer höheren Ansteckungsgefahr und psychischen Belastungen ausgesetzt.

Ihre Corona-Prämie von 400 Euro, war auch nicht unüblich hoch. Damit war diese Sonderzahlung pfändungsfrei. Wäre sie den Gläubigern zugutekommen, hätte sie nach Ansicht der Richter am LAG ihren Zweck verfehlt. In dem Monat, in dem die Corona-Prämie bezahlt worden war, lag der Grundlohn der Küchenhilfe – ohne die unpfändbare Prämie und die ebenfalls unpfändbaren Sonntagszuschläge – unter ihrer persönlichen Pfändungsfreigrenze. Deshalb war in diesem Zeitraum überhaupt kein Zugriff der Gläubiger auf das Entgelt der Frau möglich.

 

Unpfändbare Lohn- und Gehaltsbestandteile

Lohn und Gehalt von Arbeitnehmern darf nicht unbegrenzt gepfändet werden.

  • Zum einen gibt es pfändungsfreie Beträge. Die konkrete Pfändungsfreigrenze eines Mitarbeiters hängt neben der Höhe seines Nettoeinkommens auch von der Zahl der unterhaltspflichtigen Personen ab. Die Freigrenzen werden in Form einer Pfändungstabelle dargestellt und jährlich zum 1. Juli vom Bundesjustizministerium neu festgelegt.
  • Daneben nimmt das Gesetz (§ 850a ZPO) eine ganze Reihe von Lohn- und Gehaltsbestandteilen ganz oder teilweise von der Pfändung aus. Unpfändbar sind unter anderem die Hälfte der Entgelts für Mehrarbeit („Überstunden“ einschließlich einer Zulage), das Weihnachts- und Urlaubsgeld, Aufwandentschädigungen, die Auslösung für Montage-Einsätze sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen in üblicher Höhe.

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