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30. Oktober 2023
6 Min. Lesezeit
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Hinweisgeberschutzgesetz: was die neuen Whistleblower-Regeln für Arbeitgeber bedeuten

Ein neues Gesetz schützt Arbeitnehmer, die als Whistleblower Hinweise auf bestimmte Verstöße im Betrieb aufdecken. Ab einer bestimmten Betriebsgröße müssen Arbeitgeber sogar Meldestellen dafür einrichten. Staatliche Anlaufstellen gibt es ebenfalls. Zu den Verstößen gehören viele Pflichtverletzungen im Bereich der Lohn- und Gehaltsabrechnung, etwa Lohndiskriminierung, Mindestlohnverstöße oder nicht abgeführte Lohnsteuer. Arbeitgeber sollten sich auf das Hinweisgeberschutzgesetz und seine Folgen einstellen.

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Gesetzliche Regeln zum Whistleblowing: das „HinSchG“

Seit dem 02. Juli gelten in Deutschland gesetzliche Bestimmungen zum Whistleblowing.

Das Hinweisgeberschutzgesetz, kurz HinSchG, schafft eine neue Infrastruktur zum Aufdecken von Missständen durch Hinweisgeber. Die wichtigen Regelungen: Größere Betriebe müssen eigene Meldestellen für Whistleblower aus den eigenen Reihen einrichten. Alternativ existieren staatliche Meldestellen. Alle Meldestellen müssen die Identität der Hinweisgeber vertraulich behandeln, auch gegenüber dem Arbeitgeber. Außerdem haben Whistleblower im Fall von Repressalien, etwa einer Kündigung Schadenersatzansprüche.

Whistleblower haben damit neben einer Anzeige oder dem Gang an die Öffentlichkeit eine niedrigschwellige dritte Option, um auf echte oder vermeintliche Verstöße im eigenen Betrieb hinzuweisen.

Interne Meldestelle: Pflicht für Arbeitgeber ab 50 Beschäftigten

  • Arbeitgeber müssen sogenannte interne Meldestellen Das gilt allerdings nur, wenn sie 50 Personen oder mehr beschäftigen. Unternehmen mit maximal 249 Beschäftigten haben dafür noch bis Zeit bis zum 17. Dezember 2023. Beide Einschränkungen entfallen allerdings bei vielen kleineren Unternehmen der Finanzbranche.

  • Diese Meldestellen haben die Aufgabe, Hinweise von Whistleblowern vertraulich entgegenzunehmen und für eine angemessene Reaktion zu sorgen.

  • Trotz der Bezeichnung können die Arbeitgeber entscheiden, ob sie einen Ansprechpartner im Unternehmen benennen oder eine externe Person mit der Aufgabe beauftragen, beispielsweise eine Rechtsanwältin. Die Verantwortlichen müssen über die nötige Fachkunde verfügen. Sie sind in dieser Situation unabhängig von Weisungen. Ihre sonstigen Aufgaben dürfen nicht zu Interessenkonflikten führen.

  • Mehrere Unternehmen können eine gemeinsame Meldestelle betreiben, wenn jedes von ihnen weniger als 250 Personen beschäftigt. Das ist laut Gesetz ausdrücklich gestattet. Verantwortlich bleiben auch dann die einzelnen Arbeitgeber.

  • Als Teil der Meldestelle muss mindestens ein Meldekanal eingerichtet werden für Sprach- oder Textmitteilungen von Beschäftigten und Leiharbeitnehmern eingerichtet werden. Das kann beispielsweise ein Online-Formular oder eine Telefonnummer mit Voicemail sein. Nur die Verantwortlichen der Meldestellen dürfen Zugriff auf die eingehenden Mitteilungen haben. Anonyme Mitteilungen können die Unternehmen zulassen, das ist jedoch keine Pflicht.

  • Persönliche Gesprächstermine mit den Meldestellen-Beauftragten müssen ebenfalls möglich sein.

  • Meldestellen müssen eingehende Hinweise innerhalb von sieben Tagen bestätigen und nach spätestens drei Monaten eine Rückmeldung über die Reaktion geben.

  • Die Meldestelle kann nach Prüfung einer Meldung das Verfahren entweder einstellen, den Whistleblower an eine zuständige Stelle verweisen, selbst das Verfahren an eine Behörde wie das Finanzamt, die BaFin oder die Staatsanwaltschaft übergeben oder eine interne Untersuchung durchführen.

Diese Vorgaben sind in den Paragrafen 12 bis 18 HinSchG geregelt.

Staatliche Alternative: die Meldestelle des Bundes und anderer Bundesbehörden

Arbeitnehmer müssen sich nicht an die interne Meldestelle ihres Betriebs wenden. In kleineren Unternehmen existieren sie ohnehin nicht. Als Alternative steht die „externe Meldestelle des Bundes“ bereit, die die gleichen Aufgaben übernimmt.

Daneben haben mit dem Bundeskartellamt und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zwei Bundesbehörden eigene, spezialisierte Anlaufstellen für Whistleblower.

Schutzmaßnahmen für Whistleblower

Zum Schutz von Hinweisgebern regelt das Gesetz vor allem drei Aspekte:

  • Vertraulichkeit: Sowohl interne wie externe Meldestellen sind zu strikter Vertraulichkeit verpflichtet. Das betrifft nicht nur die Whistleblower selbst, sondern auch die Personen, die von der Meldung betroffen sind oder darin genannt werden. Ohne Einwilligung dürfen nur die Strafverfolgungs- und andere Behörden erfahren, um wen es geht. Ausnahmen sind nur gestattet, wenn die Verfolgung des Falls es notwendig macht.

  • Entbindung von der Verantwortung: Grundsätzlich dürfen Mitarbeiter keine Unternehmensinterna nach außen tragen. Das ist geltendes Arbeitsrecht. Oft steht es zudem explizit im Arbeitsvertrag. Außerdem gibt es ein eigenes Geschäftsgeheimnisgesetz. Trotzdem können Whistleblower dafür nicht zur Verantwortung gezogen werden, solange sie davon ausgehen konnten, dass die Informationen für ihre Meldung notwendig waren. Arbeitgeber können rechtlich nur dann gegen Hinweisgeber vorgehen, wenn diese sich die weitergebenen Informationen selbst auf strafbare Weise beschafft haben, etwa durch einen Einbruch, oder wenn die Meldung böswillig erfolgt ist.

  • Schutz vor Repressalien: Arbeitgeber dürfen Beschäftigte nicht dafür bestrafen, dass diese Hinweise an eine Meldestelle geben haben. Kommt es in der Folge beispielsweise zu einer Kündigung, zu einer unerwünschten Versetzung oder bleibt die nächste Beförderung aus, kann der oder die Betroffene auf Schadenersatz klagen. In diesem Fall greift eine Beweislastumkehr: der Arbeitgeber muss vor dem Arbeitsgericht nachweisen, dass keine Repressalie vorlag.

Umgekehrt müssen Whistleblower Schadenersatz ans Unternehmen leisten, wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Meldungen abgeben. Außerdem können sie keinen Schutz vor rechtlichen Gegenmaßnahmen beanspruchen, wenn sie sich direkt an die Öffentlichkeit wenden, außer bei „Gefahr im Verzug“.

Die Meldestellen sind für viele Missstände und Rechtsverstöße zuständig – nicht für alle

An die Meldestellen können Umstände und Pflichtverletzungen gemeldet werden, wenn es dabei um bestimmte Rechtsverstöße geht:

  • um eine Straftat, für die Geldstrafe oder sogar Freiheitsstrafen verhängt werden können

  • um eine Ordnungswidrigkeit, falls die Vorschrift zum Schutz von Leben und Gesundheit oder zum Schutz von Beschäftigtenrechten dient und ein Bußgeld droht

  • um Rechtsvorschriften mit bestimmten Schutzzielen, darunter Geldwäsche-Prävention, Umwelt- und Lebensmittelschutz, Produktsicherheit, Straßenverkehrssicherheit oder Datenschutz – die vollständige Liste steht in 2 HinSchG.

  • um Steuerhinterziehung oder Wettbewerbsverstöße

Damit berühren viele Pflichtverletzungen, die vom neuen Whistleblowing-Gesetz erfasst werden, den Bereich der Lohn- und Gehaltsabrechnung. Dazu gehören zum Beispiel Verstöße gegen die Mindestlohnvorschriften, Gehaltsdiskriminierung, nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge, nicht ordnungsgemäß aufbewahrte Lohnunterlagen, Manipulation der geleisteten Arbeitsstunden und anderes mehr.

Fazit: Auch bei der Lohn- und Gehaltsabrechnung wird Compliance noch wichtiger

In verschwörungstheoretischen Kreisen wurde hinter dem Hinweisgeberschutzgesetz schnell ein Schritt hin zum totalitären Überwachungsstaat vermutet. Das ist völlig übertrieben. Folgenlos wird die Neuerung aber nicht bleiben.

Arbeitnehmer haben nun nicht mehr nur die Möglichkeit, Missstände anzuzeigen oder an die Öffentlichkeit zu bringen – beides riskante Schritte mit hoher Hemmschwelle. Sie können nun auch vertraulich Meldung an eine Hinweisstelle erstatten. Die ist verpflichtet, der Sache nachzugehen.

Der Arbeitgeber hört davon erst, wenn die Sache ins Rollen gekommen ist. Selbst bei falschen Hinweisen kann er sich nur wehren, wenn nachweislich böse Absicht hinter der Meldung steckt.  Ansonsten drohen ihm Schadenersatzklagen, wenn die betreffende Person sich zurückgesetzt fühlt oder sanktioniert fühlt – Klagen, die der Arbeitgeber aufgrund der Beweislastumkehr oft nur mühsam entkräften kann. Dazu kommt, dass das Gesetz bei Nichtbeachtung Bußgelder bis zu 50.000 Euro vorsieht.

Vor diesem Hintergrund wird es noch wichtiger, dass die Lohn- und Gehaltsabrechnung absolut fachkundig ausgeführt wird und über jeden Zweifel erhaben bleibt. Compliance ist Trumpf!

Bei Paychex sind wir stolz darauf, Ihnen professionelle Dienstleistungen anzubieten, die sicherstellen, dass die Lohn- und Gehaltsabrechnung in höchstem Maße fachkundig und compliant durchgeführt wird.

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