Nun steht es endgültig fest: Kurzarbeit verringert den Urlaubsanspruch

Dezember 2021: Wenn der Betrieb Kurzarbeit Null einführt, verringert sich der Urlaubsanspruch der betroffenen Arbeitnehmer. So hat es das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden.

Ohne Arbeit kein Erholungsanspruch, entscheidet das Bundesarbeitsgericht

Die Höhe des gesetzlichen Urlaubsanspruchs hängt von der Zahl der Arbeitstage ab (§ 3 Abs.1 BUrlG). Mitarbeitern, die nur an einigen Wochentagen arbeiten, stehen entsprechend weniger Urlaubstage zu. Auf die gleiche Art verringern auch Tage, an denen aufgrund von Kurzarbeit nicht gearbeitet wird, den Urlaubsanspruch.

Anders gesagt: Für Tage, an denen Arbeitnehmer aufgrund von Kurzarbeit Null nicht arbeiten, erwerben sie keinen Urlaubsanspruch. Der Arbeitgeber kann ihren Jahresurlaub um den entsprechenden Anteil kürzen. Das ergibt sich aus zwei Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 30.11.2021 - 9 AZR 225/21 und 9 AZR 234/21).

 

Kurzarbeit Null wegen Corona – Mitarbeiterin klagt wegen Urlaubskürzung

Zu der ersten BAG-Entscheidung führte die Klage einer Verkaufshilfe aus dem Ruhrgebiet. Die Bäckerei-Kette, bei der sie beschäftigt war, führte infolge der Pandemie Kurzarbeit ein. Deshalb arbeitete die Frau im April, Mai und Oktober 2020 gar nicht, im November und Dezember zusammen nur an fünf Tagen. Im Gegenzug gewährte der Arbeitgeber der Teilzeit-Kraft nur 11,5 Tage Jahresurlaub. Als Teilzeitkraft mit einer 3-Tage-Woche standen ihr 14 Tage zu.

Im zweiten Fall hatte ein Dreher aus dem Schwarzwald geklagt, dem ebenfalls aufgrund von Kurzarbeit Null der Jahresurlaub von 30 auf 23 Tage gekürzt worden war. In diesem Fall war die Kurzarbeit auf Grundlage einer Betriebsvereinbarung eingeführt worden.

In beiden Fällen entschied das Bundesarbeitsgericht im Sinne der Arbeitgeber, so wie zuvor auch schon das Landesarbeitsgericht Düsseldorf bzw. das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Es verweigerte den Klägern einen Anspruch auf ungekürzten Urlaub.

 

Konsequenzen für die Unternehmenspraxis

Unternehmen können den Jahresurlaub anpassen, wenn es Kurzarbeitsphasen mit Kurzarbeit Null gab. Das gilt auch für verbliebene Urlaubsansprüche aus dem Jahr 2021. Wurde gemäß der neuen Rechtsprechung zu viel Urlaub genommen, können die überzähligen Tage allerdings nicht mit dem Urlaub im kommenden Jahr verrechnet werden. Auch eine Rückforderung des Urlaubsentgelts ist nicht möglich.

Voraussetzung für eine Urlaubskürzung ist, dass die Kurzarbeit rechtlich sauber eingeführt wurde: Rechtsgrundlage kann eine Tarifvereinbarung mit Kurzarbeitsklausel, eine Betriebsvereinbarung, einer Kurzarbeitsklausel in den individuellen Arbeitsverträgen oder eine eigenständige Vereinbarung mit dem Mitarbeiter sein. Wenn ein Betriebsrat existiert, muss er zugestimmt haben.

 

Die Kürzung des Urlaubsanspruchs

Kurzarbeit Null wird nach der jetzt bestätigten Rechtslage so behandelt wie Teilzeitarbeit. Der Anspruch auf Jahresurlaub verringert sich um den gleichen Faktor wie die Zahl der Jahresarbeitstage: um ein Zwölftel, wenn es zu einem Monat Kurzarbeit Null kam.

Das gilt auf jeden Fall für den gesetzlich vorgeschriebenen Mindesturlaub (20 Tage bei einer Fünf-Tage-Woche in Vollzeit). In den meisten Fällen haben Arbeitnehmer Anspruch auf Mehrurlaub. Dieser kann ebenfalls anteilig gekürzt werden, wenn im Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag keine abweichende Bestimmung zur Festlegung des Mehrurlaubs steht.

Die Formel für die Umrechnung des Urlaubs lautet:

(Reguläre Urlaubstage)* (trotz Kurzarbeit verbliebene Arbeitstage) / (Tage mit regulärer Arbeitspflicht)

Bei einer Fünf-Tage-Woche geht man 260 regulären Arbeitstagen pro Jahr aus.

Beispiel: Bei einer Fünftagewoche, einem regulären Urlaubanspruch von 30 Tagen und vier kompletten Ausfallmonaten durch Kurzarbeit ergibt sich ein um ein Sechstel gekürzter Urlaubsanspruch:

30 Tage x 195 Tage / 260 Tage = 22,5 Tage

Da gemäß § 5 BUrlG Bruchteile von Urlaubstagen ab einem halben Tag aufgerundet werden müssen, beläuft sich der Anspruch auf 23 Urlaubstage für das betreffende Jahr.

 

Paychex sorgt für genaue Berechnung

Das Berechnen des reduzierten Urlaubsanspruchs kann bei wechselndem Umfang der Kurzarbeit, möglicherweise wechselnden Wochenstunden sowie unter Berücksichtigung von Feiertagen, Fehlzeiten und ähnlichem mehr durchaus komplex ausfallen. Einfach wird es, wenn Ihr Unternehmen die Lohn- und Gehaltsabrechnung an Paychex ausgelagert hat. Zum einen ist die Berechnung von Kurzlohn und Kurzarbeitergeld bei den Abrechnungsprofis in besten Händen. Zum anderen führt Paychex selbstverständlich auch über die individuellen Urlaubskonten Buch und kalkuliert den reduzierten Urlaubsanspruch.

Kategorie

Unternehmen, Arbeitgeber und Mitarbeiter

Themen:

Unternehmen Beschäftigungsverhältnis Mitarbeiter

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