Beschäftigung von Ehegatten, Angehörigen und Lebenspartnern
Juni 2016 - In vielen Unternehmen arbeiten Familienangehörige und Ehegatten oder Lebenspartner mit. Die Skala reicht von Kindern, die gelegentlich für ein paar Stunden aushelfen, bis zur Ehefrau, die jeden Tag und zu festen Zeiten im Unternehmen am Schreibtisch sitzt und dort für die Buchhaltung zuständig ist. Aus Sicht der Sozialversicherungen sind das ganz unterschiedliche Fälle.
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In vielen Unternehmen arbeiten Familienangehörige und Ehegatten oder Lebenspartner mit. Die Skala reicht von Kindern, die gelegentlich für ein paar Stunden aushelfen, bis zur Ehefrau, die jeden Tag und zu festen Zeiten im Unternehmen am Schreibtisch sitzt und dort für die Buchhaltung zuständig ist. Aus Sicht der Sozialversicherungen sind das ganz unterschiedliche Fälle. Grundlage ist ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren.
Sozialversicherung kennt keinen grundsätzlichen Unterschied
Für Familienangehörige, Ehegatten oder Lebenspartner, die im Unternehmen mitarbeiten, gelten bezüglich der Sozialversicherungspflicht grundsätzlich die gleichen Bedingungen wie für familienfremde Mitarbeiter.
Nun ist es innerhalb der Familie jedoch üblich, dass man sich gegenseitig hilft und unterstützt – wenn Not am Mann ist, wird mit angepackt, auch im Betrieb. Familiäre Unterstützung im Bedarfsfall begründet noch lange kein reguläres Arbeitsverhältnis. Aber wo ist die Grenze? Während die Versicherungsträger sich über jeden Beitragspflichtigen freuen, ziehen die Familien es oft vor, ohne Abzüge auszukommen. Umgekehrt gibt es auch den Fall, dass ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gewünscht ist, etwa um Rentenansprüche zu erwerben.
Es bedarf deshalb klarer Abgrenzungskriterien, um im Einzelfall feststellen zu können, ob es sich um eine bloße familienhafte Unterstützung handelt oder eine versicherungspflichtige Beschäftigung besteht.
Wer ist Angehöriger?
Das beginnt schon mit der Frage, wer als Familienangehöriger zählt. Dies sind, neben Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern, in erster Linie Verlobte, Verwandte sowie Verschwägerte. Auch der Grad der Verwandtschaft spielt eine Rolle – je weiter entfernt, desto schwerer lässt sich argumentieren, es handle sich nur um Mithilfe in der Familie.
Geschiedene Ehegatten zählen ebenfalls als Angehörige – nicht jedoch Lebenspartner ohne eingetragene Lebenspartnerschaft. Daran ändern selbst gemeinsame Kinder nichts.
Beschäftigungsverhältnis oder Mithilfe?
Als nächstes muss die bloße Mithilfe von einem sozialversicherungspflichtigen, entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis abgegrenzt werden. Von diesem gehen die Sozialversicherungsträger in der Regel aus, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
Der Angehörige ist wie ein familienfremder Mitarbeiter ins Unternehmen und dessen Organisation eingegliedert.
Er unterliegt wie jeder andere Mitarbeiter den Weisungen des Arbeitgebers.
Der Angehörige nimmt eine Stelle ein, die sonst ein anderer Mitarbeiter ausfüllen würde.
Für die Tätigkeit des Angehörigen ist ein angemessenes Arbeitsentgelt vereinbart, das regelmäßig bezahlt wird.
Das Arbeitsentgelt WIRD wie das Gehalt anderer Mitarbeiter in der Buchhaltung gebucht.
Vom Mitunternehmer zum Arbeitnehmer
Ist der Ehegatte Mitunternehmer und wird gleichzeitig beschäftigt, können sich Folgen für die Sozialversicherungspflicht ergeben.
Ein Beispiel wäre ein bislang nicht sozialversicherungspflichtiger Geschäftsführer-Gesellschafter einer einer GmbH. Dieser kann sozialversicherungspflichtig werden, wenn er zeitweise von seiner Geschäftsführertätigkeit losgelöste, weitere Aufgaben im Betrieb übernimmt.
Ein anderer Fall wäre ein Ehepaar, dessen Betrieb zur ehevertraglich vereinbarten Gütergemeinschaft gehört. Dann zählt der mitarbeitende Ehegatte zwar grundsätzlich als Mitunternehmer und nicht als Arbeitnehmer – aber nur, wenn der Unternehmenswert mehr als sechs Jahresgehälter übersteigt. Andernfalls steht nach Ansicht der Sozialversicherungsträger die persönliche Arbeitsleistung des Ehegatten im Vordergrund, wodurch ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis auch in dieser Konstellation möglich wird.
In allen Fällen, in denen der Angehörige Mitunternehmer ist, sollten im Vorfeld einer Mitarbeit die sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen überdacht werden.
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Statusfeststellungsverfahren und Sozialversicherungspflicht
Der Arbeitgeber muss bei der Beschäftigung eines Familienangehörigen grundsätzlich prüfen, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt und deshalb Sozialversicherungspflicht besteht.
Bei der erstmaligen Anmeldung zur Sozialversicherung ist dazu beim Abgabegrund „10“ das Schlüsselkennzeichen „1“ einzutragen. Daraufhin leitet die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung ein Statusfeststellungsverfahren in die Wege. Es mündet in einen Bescheid, der Klarheit über die Versicherungspflicht des beschäftigten Familienangehörigen verschafft. Böse Überraschungen lassen sich so weitgehend vermeiden.
Manchmal ergibt sich die Angehörigeneigenschaft jedoch erst im Laufe der Zeit – etwa dann, wenn aus dem bisherigen Mitarbeiter durch Heirat oder Verpartnerung ein Angehöriger wird. Dann kann ein Statusfeststellungsverfahren eingeleitet werden, sofern vom Versicherungsträger noch keine Entscheidung getroffen worden ist.
Scheinarbeitsverträge sind nichtig
Nur die Gesamtumstände des Einzelfalls entscheiden darüber, ob bei der Mitarbeit von Angehörigen ein Anstellungsverhältnis anzunehmen ist. Für eine solche Einstufung spricht, wenn die Beschäftigung von den Beteiligten ernsthaft gewollt ist und in der Praxis gelebt wird. Ein Scheinarbeitsverhältnis ist dagegen nichtig.
Für ein tatsächliches Anstellungsverhältnis spricht, dass der Familienangehörige in die Organisation des Unternehmens eingebunden ist und den Weisungen seines Arbeitgebers im Hinblick auf die Zeit, die Dauer, den Ort und die Art der Beschäftigung unterliegt (SGB IV § 7).
Bei Familienangehörigen kann das Weisungsrecht durchaus etwas schwächer ausgeprägt sein, weil das Verhältnis in solchen Fällen naturgemäß vertrauter ist und der Unternehmer eher ein Auge zudrückt. Auch zusätzliche Befugnisse oder eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung schließen ein Beschäftigungsverhältnis jedoch nicht aus.
Ein Beispiel:
Frau H. arbeitet im Betrieb ihres Ehemanns als Buchhalterin. Sie arbeitet von 8.30 Uhr bis um 15 Uhr, während die gemeinsamen Kinder im Kindergarten sind, und setzt von 19 Uhr bis 21 Uhr ihre Tätigkeit fort.
Frau H. erfüllt damit wichtige Anforderungen, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen. Die Arbeitszeit ist im Arbeitsvertrag vereinbart und liegt im Interesse des Unternehmens, das für die Buchhaltung eine Ganztagskraft erfordert. Dass ihre Anwesenheitszeiten von denen anderer Mitarbeiter abweichen, ändert daran nichts. Frau H. unterliegt als Buchhalterin dem Direktionsrecht ihres Ehemannes, des Geschäftsführers der GmbH. Sie verfügt über ein klares Aufgabenfeld (vorbereitende Buchhaltung bis zur Abgabe an den Steuerberater) und ist fest in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingegliedert. Sie hat ein angemessenes Gehalt ausgehandelt, das sie auch in anderen Unternehmen für eine vergleichbare Position erhalten würde. Es wird jeden Monat pünktlich auf ihr privates Girokonto überwiesen. (Wäre dies nicht der Fall, spräche dies dafür, dass kein Beschäftigungsverhältnis vorliegt.)
Familienhafte Mitarbeit
Nicht immer sind die Verhältnisse so klar geregelt. Oft ist es eher so: An manchen Tagen springen die mithelfende Ehefrau oder eines der Kinder nach der Schule im heimischen Winzerbetrieb ein, um eine große Lieferung Wein fertig zu stellen oder im Weinberg Reben zu schneiden. Eine feste Bezahlung ist mit dem Vater, der den Winzerbetrieb führt, nicht vereinbart. Wenn die Ernte gut ausfällt, erhält die Tochter vielleicht das neue Fahrrad, der Sohn ein Skateboard. Bringt der Jahrgang Spitzenweine, bekommen beide Kinder zusätzlich ein Smartphone.
Diese ungeregelte Form der Beschäftigung charakterisiert im Sozialversicherungsrecht den Sonderfall der familienhaften Mitarbeit:
Familienangehörige arbeiten nicht regelmäßig mit, sondern nur gelegentlich - dann, wenn sie besonders gebraucht werden.
Sie springen ein, wenn sie können – nach der Schule, nachdem andere berufliche Pflichten oder der Haushalt erledigt sind.
Ihre Bezahlung entspricht nicht dem, was ein Familienfremder für die gleiche Tätigkeit verlangen würde. Familienhafte Mitarbeit begründet keine Sozialversicherungspflicht.
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Sozialversicherungspflicht klären!
Ob eine Sozialversicherungspflicht besteht, sollte unbedingt geklärt werden. Wenn ein Familienangehöriger sozialversicherungspflichtig beschäftigt wird, die Beiträge aber nicht abgeführt werden, können sie im schlimmsten Fall für bis zu vier, bei vorsätzlichem Handeln sogar für bis zu 30 Jahre nachgefordert werden.
Auch der umgekehrte Fall ist misslich: Wenn in Unkenntnis zwar Beiträge gezahlt wurden, eine Sozialversicherungspflicht aber nicht bestand, besteht nicht zwingend Anspruch auf Versicherungsleistungen.
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