Das Familienpflegezeitgesetz

Dezember 2011 - Nach dem seit 1.7.2008 geltenden Pflegezeitgesetz (PflegeZG) besteht ein Freistellungsanspruch zur Pflege naher Angehöriger für eine kurzzeitige Arbeitsverhinderung von bis zu zehn Arbeitstagen und für eine Pflegezeit von bis zu sechs Monaten. Grundsätzlich handelt es sich dabei um eine unbe­zahlte Freistellung von der Arbeit.

Ein Pflegefall innerhalb der Familie hat große Auswirkungen auf das Leben der betroffenen. Nicht zuletzt ist davon auch das Berufsleben betroffen. Wie das Familienpflegezeitgesetz die Vereinbarkeit von Beruf und Familienpflege erleichtern will und welche Rahmenbedingungen dafür gelten, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Nach dem seit dem 1.7.2008 geltenden Pflegezeitgesetz (PflegeZG) besteht ein Freistellungsanspruch zur Pflege naher Angehöriger für eine kurzzeitige Arbeitsverhinderung von bis zu zehn Arbeitstagen und für eine Pflegezeit von bis zu sechs Monaten. Grundsätzlich handelt es sich dabei um eine unbezahlte Freistellung von der Arbeit.

Ab dem 1.1.2012 sollen nun mit dem neuen Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) Arbeitszeitmodelle gefördert werden, die eine gleichzeitige Ausübung von Erwerbstätigkeit und Pflege ermöglichen.

Familienpflegezeit (§ 2 FPfZG)

Für die Familienpflegezeit wird für Beschäftigte, die einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen, die wöchentliche Arbeitszeit bis zu einem Mindestumfang von 15 Stunden für die Dauer von längstens 24 Monaten verringert. Dabei wird das Arbeitsentgelt durch den Arbeitgeber aufgestockt.

Mit der Mindestarbeitszeit von 15 Stunden wird sichergestellt, dass während der Familienpflegezeit weiterhin ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wird und der Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung erhalten bleibt.

Das Familienpflegezeitgesetz sieht aber – im Gegensatz zum Pflegezeitgesetz – keinen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit vor.

Vergütung und Aufstockung während der Familienpflegezeit (§ 3 FPfZG)

Während der Familienpflegezeit wird das monatliche Arbeitsentgelt um die Hälfte der Differenz zwischen dem verringerten Entgelt im ersten Monat der Familienpflegezeit und dem bisherigen durchschnittlichen Entgelt der letzten zwölf Monate aufgestockt.

Für die Berechnung des Aufstockungsbetrags ist das im ersten Monat der Familienpflegezeit erzielte Entgelt maßgebend. Änderungen des Arbeitsentgelts, die z.B. durch einen Tarifabschluss während der Familienpflegezeit wirksam werden, bleiben bei der Berechnung des Aufstockungsbetrags unberücksichtigt.

Bei der Ermittlung des bisherigen regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelts sind Sachbezüge und nicht laufend gezahlte Entgeltbestandteile nicht mit einzubeziehen.

Damit ist die Höhe des Aufstockungsbetrags während der Laufzeit der Familienpflegezeit konstant, während sich Entgelterhöhungen nur auf das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt für die verringerte Arbeitszeit auswirken. Die Aufstockungsbeträge sind Bruttobeträge und demzufolge auch mit dem erzielten Arbeitsentgelt zu versteuern und zu verbeitragen.

Die Aufstockungsbeträge während der Familienpflegezeit werden aus einem Wertguthabenkonto entnommen. Falls für den Beschäftigten bereits ein angespartes Wertguthaben vorhanden ist, wird es zur Finanzierung der Aufstockungsbeträge verwendet.

Andernfalls – und das wird der Normalfall sein, denn in vielen Fällen tritt die Pflegebedürftigkeit von Angehörigen unerwartet ein – entsteht ein negatives Wertguthaben. Die Auffüllung des Wertguthabens erfolgt dann unmittelbar nach der Familienpflegezeit.

Vergütung während der Nachpflegephase (§ 3 FPfZG)

Zum Ausgleich eines negativen Wertguthabens kehrt der Beschäftigte in der Nachpflegephase zu der vor der Familienpflegezeit geleisteten Arbeitszeit zurück. Er erhält aber weiterhin ein reduziertes Arbeitsentgelt, da monatlich der Betrag einbehalten wird, der dem Aufstockungsbetrag im entsprechenden Monat der Familienpflegezeit entspricht. Die Nachpflegephase endet mit dem Ausgleich des negativen Wertguthabens.

 

Ausgangssituation (z.B. bei Vollzeitbeschäftigung) = 100% Arbeitszeit und 100% Arbeitslohn

 

Familienpflegezeit = auf 50% reduzierte Arbeitszeit und auf 50%

reduzierter Arbeitslohn, Aufstockung des

Arbeitslohns um 25% und auf 75% Finanzierung

der Aufstockung durch Aufbau eines negativen

Wertguthabens.

Nachpflegephase: = auf 75% reduzierter Arbeitslohn, restliche 25 %

des Arbeitslohns werden zum Ausgleich des

negativen Wertguthabens verwendet.

 

Öffentliche Förderung (§ 3 FPfZG)

Damit der Arbeitgeber durch die Entgeltaufstockung aus einem negativen Wertguthaben finanziell nicht belastet wird, kann er beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (www.bafza.de) ein zinsloses Darlehen in Höhe der Aufstockungszahlungen beantragen, das monatlich ausgezahlt wird. Die Rückzahlung des Darlehens erfolgt in der Nachpflegephase ebenfalls in monatlichen Raten. Diese öffentliche Förderung setzt eine schriftliche Vereinbarung über die Familienpflegezeit zwischen Arbeitgeber und dem Beschäftigten voraus. Sie ist mit dem Antrag vorzulegen ist.

Die Aufstockung ist aber nur förderfähig, wenn sie durch Entnahme von Arbeitsentgelt aus einem negativen Wertguthaben erfolgt, das in der Nachpflegephase, also nach Beendigung der Familienpflegezeit, auszugleichen ist. Die Aufstockungsbeträge für die Familienpflegezeit können jedoch zunächst auch aus einem bereits bestehenden (positiven) Wertguthaben entnommen werden. Sobald sich das Wertguthaben durch die Entnahme ins Minus entwickelt, handelt es sich um eine förderfähige Familienpflegezeit.

Die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und dem Beschäftigten über die Inanspruchnahme von Familienpflegezeit muss Folgendes beinhalten:

  • Umfang (mindestens 15 Stunden wöchentlich) und Verteilung der Arbeitszeit während der Familienpflegezeit,
  • Name, Geburtsdatum, Anschrift und Angehörigenstatus der zu pflegenden Person,
  • Dauer der Familienpflegezeit (höchstens 24 Monate),
  • ausdrücklicher Hinweis, dass für den Beschäftigten nach Ende der Familienpflegezeit dieselbe Wochenarbeitszeit gilt wie vor Beginn der Familienpflegezeit,
  • Höhe der Aufstockung des während der Familienpflegezeit verringerten monatlichen Arbeitsentgelts (um die Hälfte der Differenz zum bisherigen monatlichen Arbeitsentgelt),
  • Ausgleich des Wertguthabens im Anschluss an die Familienpflegezeit durch Einbehaltung eines Betrags bei jeder Entgeltabrechnung in Höhe des im entsprechenden Zeitraum gewährten Aufstockungsbetrags.

Die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen ist durch eine Vorlage einer Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen nachzuweisen. Außerdem ist eine Bescheinigung über das Bestehen einer Familienpflegezeitversicherung vorzulegen.

Die Förderfähigkeit erlischt, wenn die wöchentliche Mindestarbeitszeit von 15 Stunden unterschritten wird. Eine Ausnahme besteht lediglich bei Unterschreitung der Mindestarbeitszeit aufgrund von Kurzarbeit.

Absicherung durch eine Familienpflegezeitversicherung (§ 4 FPfZG)

Durch die Familienpflegezeitversicherung soll das negative Wertguthaben gegen das Risiko des Todes sowie der Berufsunfähigkeit des Beschäftigten abgesichert werden. Diese Versicherung ist vom Beschäftigten oder vom Arbeitgeber auf die Person des Beschäftigten für die Dauer der Familienpflegezeit und der Nachpflegephase abzuschließen. Ist der Beschäftigte Versicherungsnehmer, so ist dem Arbeitgeber ein unwiderrufliches Bezugsrecht einzuräumen.

Wenn die Familienzeitpflegeversicherung vom Arbeitgeber abgeschlossen wird, kann sie aus Vereinfachungsgründen auch als Gruppenversicherungsvertrag ausgestaltet sein.

Rückzahlung des Darlehens (§ 6 FPfZG)

Die monatliche Rückzahlung des Darlehens an das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beginnt in dem Monat, der auf das Ende der Förderfähigkeit der Familienpflegezeit folgt. Die Raten sind spätestens zum letzten Bankarbeitstag des laufenden Monats zu überweisen.

Beschäftigungsende und Kündigungsschutz (§ 9 Abs. 2 und 3 FPfZG)

Wird das Beschäftigungsverhältnis aus Gründen beendet, die nicht von der Familienzeitpflegeversicherung abgedeckt sind, muss der Beschäftigte dem Arbeitgeber den noch offenen Ausgleichsbetrag erstatten.

Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis während der Familienpflegezeit und der Nachpflegezeit nicht kündigen, so dass der Anspruch des Arbeitgebers auf Rückzahlung der Entgeltaufstockung erfüllt werden kann. In besonderen Fällen kann die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde eine Kündigung für zulässig erklären. Der Arbeitgeber verliert dann aber seinen Rückzahlungsanspruch, soweit keine Aufrechnung gegen Forderungen des Beschäftigten aus dem Beschäftigungsverhältnis erfolgen kann.

Mitarbeitervertretung mit Sachgrundbefristung (§ 9 Abs. 5 FPfZG)

Der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags zur Vertretung eines Beschäftigten für die Dauer der Familienpflegezeit ist sachlich gerechtfertigt. Die Dauer der Befristung des Arbeitsvertrages muss kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein oder durch den Zweck der Befristung vereinbart werden. Dadurch wird von Anfang an der Endzeitpunkt für das befristete Arbeitsverhältnis vertraglich geregelt.

Pflegezeit und Familienpflegezeit (§ 10 FPfZG)

Neben dem Familienpflegezeitgesetz kann auch das Pflegzeitgesetz für denselben Pflegefall in Anspruch genommen werden. Wie bereits nach dem Pflegezeitgesetz besteht auch beim Familienpflegezeitgesetz die Möglichkeit, dass mehrere erwerbstätige Angehörige für dieselbe pflegebedürftige Person parallel oder auch nacheinander Familienpflegezeit in Anspruch nehmen.

Kategorie

Steuern, Bescheinigungen und Rechtliches

Themen:

Gesetze Beschäftigungsverhältnis

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