Lohnsteuer-Außenprüfung: Mitwirkungspflichten und Einsichtsrechte
Oktober 2018: Eine Lohnsteuer-Außenprüfung bringt nicht nur das Risiko von geänderten Steuerbescheiden und Steuernachzahlungen. In manchen Fällen ergeben sich aus Sicht des Arbeitgebers auch datenschutzrechtliche Bedenken: Wann darf, wann muss er dem Vertreter der Finanzbehörden auf dessen Verlangen hin Einblick in und Zugriff auf personenbezogene Daten eines Arbeitnehmers gewähren? Wann ist er dagegen verpflichtet, die Vertraulichkeit dieser Informationen zu wahren?
Solche Fragen müssen in erster Linie dann geklärt werden, wenn der Prüfer die Personalakte eines Mitarbeiters sehen möchte. In dieser Ausgabe der Lohn-Updates erläutern wir, wie weit Datenschutzansprüche in solchen Fällen reichen.
Der Arbeitgeber als Verfahrensbeteiligter
Von einer Lohnsteuer-Außenprüfung ist das geprüfte Unternehmen als Arbeitgeber in doppelter Hinsicht betroffen. Zum einen ist es Steuerpflichtiger im Sinne von § 33 AO. Die Prüfung betrifft es jedoch nicht etwa nur passiv, denn darüber hinaus ist es auch verfahrensbeteiligt gemäß § 78 Nr. 2 AO. Dies hat rechtliche und praktische Folgen: Als Beteiligten treffen den Arbeitgeber Mitwirkungspflichten, die in den §§ 93 ff AO näher geregelt sind. Gleichzeitig wird explizit für den Fall von Lohnsteuer-Außenprüfungen in § 42 f Abs. 2 S. 1 EStG auf die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen gemäß § 200 AO verwiesen.
Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber muss aufgrund dieser Mitwirkungspflichten dem Prüfer einen geeigneten Arbeitsplatz und die zur Erledigung seiner Aufgabe nötigen Hilfsmittel zur Verfügung stellen. Grundsätzlich sollte der Arbeitsplatz des Prüfers in den Geschäftsräumen liegen. Und auch in digitaler Hinsicht hat der Prüfer Anspruch auf Zugang zu den für die Prüfung notwendigen Informationen.
Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers
Arbeitnehmer sind in Bezug auf die Lohnsteuer ebenfalls Steuerpflichtige im Sinne von § 33 AO. Die Lohnsteuer-Außenprüfung richtet sich allerdings gegen den Arbeitgeber, nicht gegen seine Mitarbeiter. Diese sind deshalb nicht verfahrensbeteiligt.
Andererseits wird im Rahmen der Prüfung der Abzug der vom Arbeitnehmer geschuldeten Lohnsteuer überprüft. Die Verhältnisse der Arbeitnehmer müssen deshalb notwendigerweise Teil der Prüfung sein. Sie werden deshalb in § 42 f Abs. 2 S. 2 EstG zusätzlich zum Arbeitgeber zur Mitwirkung verpflichtet:
„Darüber hinaus haben die Arbeitnehmer des Arbeitgebers dem mit der Prüfung Beauftragten jede gewünschte Auskunft über Art und Höhe ihrer Einnahmen zu geben und auf Verlangen die etwa in ihrem Besitz befindlichen Bescheinigungen für den Lohnsteuerabzug sowie die Belege über bereits entrichtete Lohnsteuer vorzulegen.“ (§ 42 Abs. 2. S2 EStG)
Grenzen der Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers
Allerdings gilt die Auskunftspflicht nur insoweit, als die Unterlagen oder Informationen für die Durchführung der Lohnsteuer-Außenprüfung tatsächlich notwendig sind.
Außerdem steht dem Arbeitnehmer im Rahmen der Lohnsteuer-Außenprüfung grundsätzlich ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, denn er ist kein Beteiligter. Anderes gilt für Arbeitnehmer, die zugleich gesetzlicher Vertreter des Unternehmens sind. Geschäftsführer sind aufgrund ihrer Stellung verfahrensbeteiligt.
Die Mitwirkungspflicht gilt auch für Personen, bei denen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses erst noch geklärt werden muss: Personen etwa, von denen unklar ist, ob sie Arbeitnehmer gerade dieses Arbeitgebers sind (scheinbare Leiharbeitnehmer etwa), oder ob bei ihnen der Arbeitnehmerstatus gegeben ist (beispielsweise beim Verdacht auf Scheinselbstständigkeit).
Ansprechpartner
Dass der Prüfer Einblick in die Bescheinigungen und Unterlagen für den Lohnsteuer-Abzug sowie anderer Belege über die entrichtete Lohnsteuer haben muss, ist leicht einzusehen. Nur so kann er nachvollziehen, ob vom Arbeitgeber die Lohnsteuer in der Vergangenheit richtig berechnet und einbehalten worden ist.
Doch der Zugriff auf Zahlen und Daten genügt dem Informationsbedürfnis des Prüfers längst nicht immer. Der Prüfer kann verlangen, dass ihm von Seiten des geprüften Betriebs Ansprechpartner an die Seite gestellt werden, die während der Prüfung auftauchende Fragen beantworten. Diese Aufgabe wird bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung üblicherweise einem jener Mitarbeiter übertragen, die für die Lohnbuchhaltung zuständig sind.
Zusätzlich kann es notwendig sein, einen Mitarbeiter aus der Personalabteilung zu benennen. Schließlich wirken sich personelle Maßnahmen häufig direkt auf der Ebene der Lohn- und Gehaltsabrechnung aus. Schon deshalb gibt es in der Regel eine enge Verbindung zwischen Lohnbuchhaltung und Personalabteilung. Hier kann es allerdings zu datenschutzrechtlichen Fragestellungen kommen.
Prüfung außerordentlicher Einkünfte
Probleme können dann auftreten, wenn der Prüfer über Angaben und Dokumente der Lohnbuchhaltung hinaus weitere Informationen über Arbeitnehmer oder betriebliche Ereignisse anfordert. Eine typischer Anlass dafür sind häufig Zahlungen, bei denen der ermäßigte Steuersatz für außerordentliche Einkünfte angewandt wurde, die sogenannte Fünftelregelung.
Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfungen geht es dabei in der Regel um die Bestimmungen gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 und 4 EStG, d. h. die ermäßigte Besteuerung von
- Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen
- Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten
Der erste Fall bezieht sich beispielsweise auf Abfindungen, der zweite auf Prämien für die Arbeit mehrerer Jahre. Damit es sich um außerordentliche Einkünfte im genannten Sinn handelt, müssen sie zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum zugeflossen sein. Dann erhöht sich der Steuersatz nicht entsprechend der gesamten zusätzlichen Summe.
Einblick in die Personalakte zur Prüfung der Voraussetzungen
Bei außerordentlichen Einkünften gemäß § 34 EStG gelten jedoch noch weitere Voraussetzungen, und deren Vorliegen kann häufig nur durch Einblick in die Personalunterlagen überprüft werden. Einige Beispiele:
- Um als Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 EstG zu gelten, muss eine Abfindung vom Arbeitgeber als Ersatz für „entgangene oder entgehende Einnahmen“, sprich als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt werden. Diesen Punkt kann der Prüfer ohne Einblick in die Personalakte kaum verifizieren.
- Auch eine einmalige Ausgleichszahlung im Gegenzug zu einer vom Arbeitnehmer akzeptierten Verringerung der Wochenarbeitszeit kann eine steuerbegünstigte Entschädigung darstellen (BFH, 25.08.2009, IX R 3/09). Davon wird ein Prüfer sich unter Umständen anhand der Personalunterlagen überzeugen wollen.
- Bei einer Jubiläumszuwendung oder bei auf einmal ausgeschütteten freiwilligen Boni für mehrere Jahre kann ebenfalls die Fünftelregelung greifen (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG). Dazu müssen diese Vergütungen allerdings auch wirklich außerordentlich erfolgen – sie dürfen nicht vertraglich geregelt sein. Das kann nur anhand des Arbeitsvertrags geprüft werden.
Der Arbeitnehmer-Datenschutz
Wenn der Prüfer solche Fragen anhand der Personalakte entscheiden will, wird die Frage nach dem Datenschutz virulent. Schließlich haftet der Arbeitgeber nicht nur dem Staat für die Abführung der Lohnsteuer, sondern auch dem Arbeitnehmer für den Schutz von dessen personenbezogenen Daten. Sowohl die Personalakte als auch der Arbeitsvertrag sind datenschutzrechtlich hoch sensibel.
Allerdings greifen an diesem Punkt die Vorschriften zum Steuergeheimnis. § 30 AO unterwirft den Prüfer der Finanzverwaltung dieser Verpflichtung, in Bezug auf sämtliche personenbezogenen Daten, die ihm in Ausübung seiner Tätigkeit offengelegt werden. Damit ist der Datenschutz des Arbeitnehmers gewährleistet. Der Arbeitgeberkann dem Prüfer den Einblick in die Personalakte nicht verweigern, solange dieser im Rahmen seines Prüfauftrags handelt.
Gleichwohl muss der Arbeitgeber Sorge tragen, dass dem Prüfer nicht mehr Zugriff eingeräumt wird, als dieser für die Prüfung benötigt. Das könnte der Fall sein, wenn dem Finanzbeamten die komplette Personalakte mit sämtlichen Beurteilungen, möglichen Abmahnungen und dergleichen zur Verfügung gestellt wird.
Es ist ratsam, dem Prüfer auf dessen Nachfrage hin im ersten Schritt lediglich Zugang zum Aufhebungsvertrag zu gewähren. Für weitere Dokumente kann der Arbeitgeber nach einer Begründung fragen und kann, wenn nötig, auch darauf bestehen, sie schriftlich zu bekommen. So kann er die Begründung – gegebenenfalls auch mit anwaltlicher Beratung – prüfen.
Stand: 02. Oktober 2018
Kategorie
Steuern, Bescheinigungen und Rechtliches
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