Aufbewahrungsfristen in der Lohnbuchhaltung

Mai 2017 - Personal- und Lohnunterlagen unterliegen Aufbewahrungsfristen nach Handelsgesetzbuch und Abgabenordnung. Je größer das Unternehmen, je mehr Akten oder Speicherplatz benötigen Sie, um Ihren Aufbewahrungspflichten nachzukommen. Wir erklären, auf was Sie bei der Aufbewahrung achten sollten und geben einen Überblick über die Aufbewahrungsfristen für die wichtigsten Dokumente mit Bezug auf die Entgeltabrechnung.

Bei der Frage, wie lange geschäftliche Unterlagen eigentlich aufbewahrt werden müssen und wann sie entsorgt werden können, geht es neben der Haftung auch um Kosten.

Aufbewahrungspflichten sind in der Praxis lästig: Je größer ein Unternehmen wird und je länger es am Markt tätig ist, umso mehr Stauraum braucht es für seine Papierakten. Und auch bei digital gespeicherten Geschäftsdokumenten muss es nicht nur für Speicherplatz sorgen, sondern auch die regelmäßige Datensicherung und den Schutz vor unbefugtem Zugriff sicherstellen.


Für wen gelten die Aufbewahrungspflichten und –fristen?

Aufbewahrungspflichten ergeben sich aus den steuerlichen und handelsrechtlichen Vorschriften: Wer nach Steuer- bzw. Handelsrecht zum Führen von Büchern und Aufzeichnungen verpflichtet ist, für den gelten auch die Aufbewahrungspflichten.

Als Rechtsgrundlage für Aufbewahrungsfristen sind vor allem zwei Gesetze einschlägig:

  • das Handelsgesetzbuch (HGB) enthält zahlreiche Vorschriften
  • die Abgabenordnung (AO) umfasst steuerrechtliche Aufbewahrungsfristen


Wesentlichen Abweichungen zwischen den handels- und steuerrechtlichen Regelungen gibt es grundsätzlich nicht. In der Praxis sind jedoch in erster Linie die steuerrechtlichen Bestimmungen relevant.

Für das Steuerrecht ergeben sich die Aufbewahrungspflichten in erster Linie aus einer Auflistung von Unterlagen in § 147 AO, die „geordnet“ aufzubewahren sind.

Allerdings ist das keine abschließende Regelung. §140 AO erweitert sie auf Aufzeichnungspflichten, die sich „aus anderen Gesetzen“, ergeben, soweit diese für die Besteuerung relevant sind. Damit ist vor allem das Umsatzsteuergesetz gemeint. Es gibt aber darüber hinaus eine große Zahl anderer Gesetze und Verordnungen, die für bestimmte Berufe oder Tätigkeiten ebenfalls Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten vorgeben.

Einige Beispiele aus der Rechtsprechung zeigen: Solche (versäumten) Aufbewahrungsfristen spielen oft eine Rolle, wenn das Finanzamt eine Schätzung durchführt.

  • Nach einem Urteil des FG Rheinland-Pfalz (01.04.2014 – 5 K 1227/13) darf das Finanzamt eine Gewinnschätzung vornehmen, wenn ein Fahrlehrer die Aufzeichnungen, die er nach dem Fahrlehrergesetz zu führen hat, nicht aufbewahrt.
  • Nach einem Urteil des FG Niedersachsen (14.07.1997 – IX 998/89), sind die von einem Waffenhändler gemäß § 12 Abs. 2 WaffG vorzunehmenden Eintragung in das Waffenhandelsbuch sowie das gemäß § 12 Abs. 3 WaffG zu führende Munitionshandelsbuch für die Besteuerung relevant.
  • So ist es nach einem Urteil des FG München, (28.07.2014 – 7 K 1127/13) zulässig, wenn das Finanzamt den Gewinn eines Unternehmens durch Zuschätzungen erhöht, weil, wie im Streitfall, die Buchhaltung „im Argen“ war. So fehlte bei dem klagenden Taxiunternehmen nicht nur das Kassenbuch bzw. die täglichen Kassenberichte, sondern es wurden auch keine, bzw. Schichtzettel mit unkorrektem Inhalt erstellt. Auch entsprechende elektronische Aufzeichnungen waren nicht vorhanden.


Auch wenn es in diesen Entscheidungen nicht um die Gehaltsabrechnung ging, sollte daraus eine wichtige Lehre gezogen werden: Wenn die Lohnbuchhaltung voreilig Dokumente entsorgt, deren Vorlage bei einer späteren Betriebsprüfung durch das Finanzamt verlangt wird, droht die Schätzung.
Aufbewahrungsfristen im Personalwesen

Zum Führen einer Personalakte sind Arbeitgeber rechtlich zwar nicht verpflichtet. Einige Dokumente sind aber auf jeden Fall aufzubewahren, beispielsweise Quittungsbelege über den Arbeitslohn (§ 257 HGB) oder Unterlagen für die Lohnberechnung (§ 147 AO).

Werden Personalakten geführt, hängen die Aufbewahrungsfristen davon ab, was genau im Laufe der Jahre dort aufgenommen wurde. Wichtige arbeitsrechtliche Dokumente wie der Arbeitsvertrag, eine Kündigung, ein Aufhebungsvertrag oder ein Wettbewerbsverbot müssen natürlich aufbewahrt werden, und zwar aufgrund des Schriftformerfordernisses immer das Originaldokument in Papierform. Nur damit lässt sich der Beweis über die formelle Wirksamkeit führen.

 

Anmerkung: Bewerbungsunterlagen

In der Regel wird die Personalakte beim Eintritt des Mitarbeiters in das Unternehmen angelegt, sie beginnt gewissermaßen mit den Bewerbungsunterlagen. Diese sollten auch nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrags nicht allzu voreilig vernichtet werden.

Schließlich kommt es immer wieder vor, dass unzutreffende Angaben gemacht werden und den Ausschlag dafür geben, den Bewerber einzustellen. In dem Fall kann der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag anfechten. Außerdem kommt eine fristlose Kündigung gemäß § 626 BGB in Betracht. Es gibt also durchaus gute Gründe, die Bewerbungsunterlagen in der Personalakte zu belassen. Allerdings ist das eine Ermessensfrage, keine Rechtspflicht.


Verjährungsfristen möglicher Ansprüche

Ein sehr sinnvoller Grundsatz im Umgang mit vielen Dokumenten ist es, die Aufbewahrungsfrist anhand der relevanten Verjährungsfristen festzulegen.

Hintergrund ist die Möglichkeit, dass der (ausgeschiedene) Mitarbeiter noch Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis einklagt. Ein typisches Beispiel wäre ein Urlaubsanspruch, der dem Mitarbeiter möglicherweise noch zusteht. Der Arbeitnehmer kann sich bis zum Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB jederzeit dazu entschließen, einen solchen Anspruch geltend zu machen. Deshalb sollte der für mögliche Ansprüche und deren Abwehr relevante Teil der Personalakte auch mindestens so lange aufbewahrt und erst danach vernichtet werden.

Wichtig: Die Verjährungsfristen beginnen erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres zu laufen (§ 199 BGB). Deshalb sollten die Personalakten immer erst zu Beginn des Folgejahres geprüft und nicht mehr benötigte Dokumente dann aussortiert werden.
Steuerrechtliche Fristen

Von Ansprüchen des Mitarbeiters einmal abgesehen, können zudem steuerrechtliche Regelungen bei der Frage nach den Aufbewahrungsfristen von Unterlagen aus der Personalakte eine Rolle spielen. Befinden sich darin Unterlagen wie beispielsweise Buchungsbelege, die für die Steuer von Relevanz sein sollten, gelten sechs- bzw. zehnjährige Aufbewahrungsfristen.

Was?

Aufbewahrungsfrist

Rechtsgrundlage

Abrechnungsunterlagen für Lohn- und Gehalt

10 Jahre

§ 28f Abs. 5 SGB IV

Betriebliche Altersversorgung, Insolvenzsicherung, Gutachten, Bescheinigungen, Berechnungen

6 Jahre

§ 11 Abs. 2 BetrAVG

An-, Ab- und Ummeldung bei der Krankenkasse

bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres

§ 25 DEÜV

Arbeits- und Betriebsschutzvorgänge, wenn die Unterlagen zur Arbeitsmittelüberprüfung dienen

bis zur nächsten Überprüfung

§ 11 BetrSichV

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, wenn diese Teil der Lohnunterlagen ist

10 Jahre

 

Arbeitsvermittlungsunterlagen

3 Jahre

§ 298 Abs. 3 SGB III

Arbeitszeitnachweis für die über die werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden hinausgehende Arbeitszeit

2 Jahre

§ 16 Abs. 2 ArbZG

Arbeitszeitnachweis Fahrpersonal

(= Kontrollgerätedaten aus dem Massenspeicher)

grundsätzlich 1 Jahr

§ 2a FPersV

Beitragsabrechnung der Sozialversicherungsträger

bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres

§ 28f Abs. 5 SGB IV

DEÜV-Meldungen (Protokolle)

bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres

§ 25 Abs. 2 DEÜV

Essensmarken-Abrechnung, soweit sie für die Gehaltsabrechnung relevant ist

bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres

§ 28f Abs. 5 SGB IV

Fahrtenschreiberschaublätter

Achtung: Zusätzliche Aufbewahrungspflichten nach § 16 Abs. 2 und 21a Abs. 7 ArbZG, § 147 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 3 AO und § 28f Abs. 1 S. 1 SGB IV

§ 57a StVZO, § 1 Abs. 6 FPersV

Gehaltsunterlagen

bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres

§ 28f Abs. 5 SGB IV

Jugendarbeitsschutzunterlagen

personenbezogene Bescheinigungen bis zur Beendigung der Beschäftigung oder der Vollendung des 18. Lebensjahrs

§ 4 Abs. 2 JArbSchUV

Mindestlohngesetz

2 Jahre

§ 17 i.V.m. §§ 8, 8a SGB IV und § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz

Prämienunterlagen für Verbesserungsvorschläge, wenn für die Gehaltsabrechnung relevant

bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres

§ 28f Abs. 5 SGB IV

Provisionsabrechnungen, wenn für die Gehaltsabrechnung relevant

bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres

§ 28f Abs. 5 SGB IV

Reisekostenabrechnung

bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres

§ 28f Abs. 5 SGB IV

Schwerbehindertenverzeichnis

solange Schwerbehinderte beschäftigt werden

§ 80 Abs. 1 SGB IX

Sondergratifikation, wenn für die Gehaltsabrechnung relevant

bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres

§ 28f Abs. 5 SGB IV

Wahlakten Betriebsrat, Schwerbehindertenvertreter, Jugend- und Auszubildendenvertreter

bis zum Ablauf der Wahlperiode

§ 63 BetrVG, § 19 1. VO z. Durchf. Des BetrVG, § 16 SchwbVWO, § 17 WOSprAuG,

Zeiterfassungsbelege

grundsätzlich bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres

§ 28f Abs. 5 SGB IV

Die Liste ist nicht abschließend, sie gibt nur einen Überblick über die wichtigsten Aufbewahrungspflichten und -fristen.


Lohnsteuer- und sozialversicherungsfreie Beschäftigungsverhältnisse

Auch wenn bei einem Beschäftigungsverhältnis keine Lohnsteuer und/oder keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen, etwa bei bestimmten Studentenjobs, bei kurzfristiger oder geringfügiger Beschäftigung, gelten die Aufbewahrungsfristen für Abrechnungsunterlagen zu Lohn und Gehalt.

Gerade in diesen Fällen sollten sich außerdem später noch die Voraussetzungen für die Beitrags- bzw. Lohnsteuerfreiheit nachweisen lassen, ebenso wie die Tatsache, dass der Arbeitgeber den damit zusammenhängenden Pflichten nachgekommen ist, etwa der Meldung eines 450-Euro-Jobs an die Minijobzentrale.

 

Alte Dokumente richtig vernichten

Personalakten bzw. Teile daraus sind Papiermüll, aber sie müssen unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen entsorgt werden. Damit darf nur ein spezialisierter Entsorgungsfachbetrieb beauftragt werden. Er muss gesicherte Prozesse von der Aktenübernahme bis hin zur endgültigen Vernichtung gewährleisten können, etwa die Bereitstellung entsprechender Behälter, den Transport in gesicherten Fahrzeugen und angemessene Sicherheitsstandards bei Entladung und Vernichtung.

Stand: 27. April 2017

Kategorie

Steuern, Bescheinigungen und Rechtliches

Themen:

Gesetze Datenschutz

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