Neue Regelungen für die Lohnabrechnung: rückwirkende Korrekturen werden notwendig

Juni 2022: Der Frühsommer 2022 brachte eine ganze Reihe neuer gesetzlicher Regelungen, die für Arbeitgeber relevant sind und sich zum Teil direkt auf die Lohn- und Gehaltsabrechnung auswirken. Hintergrund ist zum einen die Belastung durch gestiegene Energiekosten. Zum anderen geht es nach wie vor um die Bewältigung der Corona-Krise.

Viele neue Regelungen für die Lohn- und Gehaltsabrechnung

In diesem Beitrag:

  • Der steuerfreie Grundfreibetrag und der Arbeitnehmer-Pauschbetrag wurden rückwirkend angehoben. Dieser Beitrag erläutert, wie Arbeitgeber die notwendige Korrektur der Lohnabrechnung umsetzen können.
  • Ähnliches gilt für Arbeitgeber-Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld. Deren Steuerfreiheit wurde rückwirkend verlängert. Auch das kann zu Korrekturbedarf bei Lohnabrechnungen führen.
  • Die Erhöhung der Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer wurde vorgezogen. Das wirkt sich unter anderem auf pauschal versteuerte Fahrtkostenzuschüsse aus.
  • Weiter wurde die Möglichkeit verlängert, für Tage im Homeoffice eine Pauschale in den Werbungskosten anzusetzen.
  • Für Pflegekräfte gibt es neue Regelungen zu Corona-Boni.

Weitere Beiträge zu wichtigen Änderungen der Rechtslage

  • Die neu eingeführte Energiepreispauschale muss vom Arbeitgeber an die Beschäftigten ausgezahlt werden. Dazu gibt es einen eigenen Beitrag: Energiepreispauschale: Was Arbeitgeber wissen müssen
  • Das zu Anfang Juni eingeführte Neun-Euro-Ticket kann sich ebenfalls auf die Lohnabrechnung auswirken. Wie, erläutert der Beitrag Neun-Euro-Ticket und Jobticket.
  • Zur Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro, zur Anhebung der Minijobgrenze von 450 auf 520 Euro und zur Neuregelung des Midijob-Bereichs werden wir in Kürze einen eigenen Beitrag veröffentlichen.

 

Steuerfreibeträge wurden rückwirkend erhöht – Arbeitgeber müssen Korrekturen vornehmen

Eine der Regelungen im Steuerentlastungsgesetz, das am 27. Mai 2022 verkündet wurde, betreffen zwei wichtige Steuerfreibeträge: den steuerfreien Grundfreibetrag, der das Existenzminimum von der Einkommensteuer ausnimmt, und den Werbungskosten-Pauschbetrag, den alle Arbeitnehmer in Anspruch nehmen können, ohne Einzelnachweis ihrer Aufwendungen. Beide wurden erhöht, und das rückwirkend zum 01. Januar 2022.

  • Der Grundfreibetrag steigt im Veranlagungszeitraum 2022 von 9.984 Euro auf nun 10.347 Euro.
  • Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag, auch Werbekostenpauschale genannt, steigt für 2022 von 1.000 Euro auf nun 1.200 Euro.

Damit müssen sämtliche Lohn- und Gehaltsabrechnungen, die bislang im Jahr 2022 erstellt wurden, korrigiert werden. Die darin angesetzten Freibeträge sind nicht mehr korrekt. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Lohnsteuerabzug mit der nächsten Lohnsteuer zu korrigieren. Voraussetzung ist allerdings, dass ihm die Rückzahlung des nach neuer Rechtslage zu hohen Lohnsteuerbetrags „wirtschaftlich zumutbar ist“ (§ 41c Abs. 1 EStG).

Es bleibt dem Arbeitgeber überlassen, ob er zur Korrektur die Lohnzahlungszeiträume seit Jahresbeginn neu berechnet, die Differenz ermittelt und auszahlt oder die Erstattung durch Verrechnung mit dem Lohnsteuerabzug auf einen demnächst anfallenden sonstigen Bezug vornimmt. Der Arbeitgeber ist also nicht verpflichtet, die Lohnabrechnung der vergangenen Monate für mittlerweile ausgeschiedene Mitarbeiter neu zu berechnen. Es genügt, wenn der die Differenz korrekt ermittelt und überweist.

Gut zu wissen:
Inzwischen hat die Finanzverwaltung geänderte Programmablaufpläne für die maschinelle Berechnung des Lohnsteuerabzugs vorgelegt, die ab dem 01. Juni 2022 zur Anwendung kommen. Selbstverständlich berücksichtigt Paychex diese Änderungen bereits. Paychex-Kunden müssen sich wegen der notwendigen Korrekturen des Lohnsteuerabzugs nicht den Kopf zerbrechen: Als Abrechnungsprofis kümmern wir uns um die Umsetzung.

 

Arbeitgeber-Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld nun auch im ersten Halbjahr 2022 steuerfrei

Bereits seit März 2020 wurden Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld befristet steuer- und sozialabgabenfrei gestellt, vorausgesetzt, Zuschuss und Kurzarbeitergeld betrugen zusammen nicht mehr als 80 Prozent des Entgeltausfalls (§ 3 Nummer 28a EStG).

Diese Regelung war jedoch zum 31. 12. 2021 ausgelaufen. Nun wurde sie durch das 4. Corona-Steuerhilfegesetz noch einmal bis zum 30. Juni 2022 verlängert. Für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 01. Juli 2022 enden, sind solche Zuschüsse dann wieder lohnsteuerpflichtig.

Damit kann sich auch hier Korrekturbedarf für bisherige Lohnabrechnungen aus dem Jahr 2022 ergeben. Wenn Arbeitgeber Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld bezahlt und diese nach bis vor kurzem geltender Rechtslage korrekt versteuert haben, müssen sie nun den Arbeitnehmern diese Lohnsteuer zurückerstatten. Dafür gelten dieselben Hinweise wie oben. Betriebe, die wirtschaftlich zur Rückerstattung der Lohnsteuer außerstande sind, müssen diese nicht leisten. Im Zweifel können betroffene Arbeitnehmer sich die zu viel gezahlte Lohnsteuer durch eine Einkommensteuererklärung zurückholen.

 

Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer steigt rückwirkend

Die ab dem 21. Kilometer geltende Entfernungspauschale, auch Pendlerpauschale genannt, steigt rückwirkend vom 01. Januar 2022 von 35 auf 38 Cent. Für den ersten bis zum 20. Kilometer bleibt es bei 35 Cent. Damit zieht das Steuerentlastungsgesetz 2022 die ohnehin für 2024 beschlossene Erhöhung vor. Die Änderung macht bei Mitarbeitern mit Lohnsteuer-Ermäßigung aufgrund entsprechender Anfahrtswege ebenfalls die Korrektur bereits im Jahr 2022 erfolgter Lohnabrechnungen notwendig.

Für Arbeitgeber, die Fahrtkostenzuschüsse zahlen, erhöht sich damit der Betrag, der pauschal mit 15 Prozent besteuert werden kann (§ 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 a und b). Dieser ist auf die Werbungskosten gedeckelt, die der Mitarbeiter ohne den Zuschuss geltend machen könnte, und damit auf die Entfernungspauschale.

Arbeitnehmer mit entsprechend langer Anfahrt zur Arbeit oder mit doppelter Haushaltsführung können bei ihrem Finanzamt die Anpassung ihrer Lohnsteuerabzugsmerkmale beantragen. Alternativ kann der Anspruch auch in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden. Das lohnt sich allerdings nur, wenn der Steuervorteil nicht ohnehin durch die auf 1.200 Euro angehobene Werbekostenpauschale (s. o.) abgedeckt wird. Geringverdiener mit einem Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags können sich stattdessen vom Finanzamt eine Mobilitätsprämie auszahlen lassen.

 

Homeoffice-Pauschale von fünf Euro pro Tag gilt auch 2022

Die 2020 eingeführte Möglichkeit, für jeden komplett im Homeoffice verbrachten Arbeitstag pauschal fünf Euro an Werbungskosten anzusetzen, bis zu einer Höhe von 600 Euro pro Kalenderjahr, besteht nun auch im Jahr 2022. Die Option auf die Homeoffice-Pauschale fällt weg, wenn ein häusliches Arbeitszimmer geltend gemacht wird.

Die Befristung der Homeoffice-Pauschale wurde als Teil des vierten Corona-Steuerhilfegesetzes verlängert (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 4 EStG). Allerdings ist auch diese Regelung nur für Arbeitnehmer relevant, die die erhöhte Werbekostenpauschale bereits mit anderen Ansetzungen ausschöpfen.

 

Corona-Bonus für in der Pflege Beschäftigte

Eine weitere Bestimmung im vierten Corona-Steuerhilfegesetz betrifft den steuerfreien Corona-Bonus für bestimmte Beschäftige: Mitarbeiter von Krankenhäusern, ambulanten Operationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen, Arzt- und Zahnarztpraxen, Vorsorge- und Reha-Einrichtungen auf Krankenhausniveau, ambulanten Intensivpflegediensten und Rettungsdiensten. Sie alle einschließlich von Auszubildenden können vom Arbeitgeber in der Zeit vom 18. November 2021 bis zum 31. Dezember 2022 maximal 4.500 Euro steuerfrei erhalten, als Anerkennung für ihre Leistungen während der Corona-Krise (§ 3 Nr. 11b EStG).

Für alle anderen Beschäftigten bleibt es bei der Grenze von 1.500 Euro für steuerfreie Corona-Prämien, die zwischen dem 01. März 2020 und dem 31. März 2022 geflossen sind (§ 3 Nr. 11a EStG).

Einen steuerfreien Pflegebonus stellt das Pflegebonusgesetz für Pflegekräfte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sicher. Die Höhe hängt von der individuellen Qualifikation, der Arbeitszeit und der Nähe zur Versorgung ab, möglich sind bis zu 550 Euro. Das Geld wird den Kliniken bzw. Heimen zur Verfügung gestellt und über diese ausgezahlt.

Kategorie

Lohn- und Gehaltsabrechnung

Themen:

Lohn und Gehalt Steuern Gesetze

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