Wenn US-Unternehmen Arbeitnehmer in Deutschland einsetzen

Juni 2017 - Aus verschiedenen Gründen, wie z.B. einem Beratungsauftrag, IT-Projekt oder einer Kooperation können US-Amerikanische Arbeitgeber temporären Arbeitseinsatz in Deutschland planen. Es kann sich dabei um Entsendung, Versetzung oder Neueinstellung handeln. Dabei ergeben sich in der Praxis einige komplizierte Fragen zu Lohnsteuer, Sozialversicherung, Arbeitserlaubnis oder auch Betriebsstätte, die im Rahmen dieses Beitrags angerissen werden.

US-Arbeitgeber plant temporären Arbeitseinsatz in Deutschland

In regelmäßigen Abständen ergibt sich das Szenario, dass ein Unternehmen mit Sitz in den USA einen oder mehrere Arbeitnehmer für eine begrenzte Zeit in Deutschland beschäftigen will. Vielleicht geht es um ein Beratungs- oder IT-Projekt für deutsche Kunden, eine Marktöffnung, eine Kooperation, die einen Vertreter vor Ort erfordert, oder einen einzelnen Auftrag auf deutschem Boden.

Prinzipiell gibt es drei Gestaltungswege:

  • Entsendung: Das Unternehmen kann den oder die Arbeitnehmer aus den USA nach Deutschland entsenden.
  • Versetzung: Das amerikanische Unternehmen kann einen Arbeitnehmer nach Deutschland versetzen.
  • Neueinstellung: Das Unternehmen kann einen – deutschen oder US-amerikanischen – Arbeitnehmer in Deutschland neu einstellen.


In jedem dieser Fälle ergeben sich in der Praxis eine ganze Reihe komplizierter Detailfragen: zu Lohnsteuer, Sozialversicherungspflicht und Arbeitserlaubnis, zu Betriebsstätten des Arbeitgebers in Deutschland und Ähnlichem mehr. Diese können im Rahmen dieses Beitrags allerdings nur angerissen werden. Im konkreten Einzelfall wird wohl kein Weg an fachkundiger Beratung vorbeiführen.

 

Entsendung aus den USA nach Deutschland

Von einer Entsendung ist die Rede, wenn ein in den USA beschäftigter Arbeitnehmer für seinen US-Arbeitgeber für einen begrenzten Zeitraum in Deutschland arbeitet.

Der Vorteil bei der Entsendung: Sozialabgaben nach deutschem Recht fallen nicht an. Stattdessen gilt dann für den US-Arbeitnehmer auch beim Einsatz in Deutschland US-amerikanisches Sozialversicherungsrecht. Die Entsendung ist allerdings an weitere Bedingungen geknüpft:

  • Ein bereits in den USA bestehendes Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherung muss während der Entsendung nach Deutschland fortbestehen.
  • Außerdem muss der Arbeitnehmer in das ausländische Unternehmen eingegliedert sein und den Weisungen seines Arbeitgebers unterliegen.
  • Sein Anspruch auf Gehalt muss sich weiterhin gegen das Unternehmen in den USA richten.


Ist nur eine der drei Voraussetzungen nicht erfüllt, handelt es sich nicht um eine „Einstrahlung“ im Sinne des § 5 SGB IV. Dann greifen die deutschen Regelungen über die Sozialversicherung. Umgekehrt gelten die Rechtsvorschriften der USA, wenn die Voraussetzungen für eine Einstrahlung erfüllt sind, und zwar auch dann, wenn das US-Unternehmen eine Zweigniederlassung in Deutschland unterhält.

Gemäß dem deutsch-amerikanischen Abkommen über Soziale Sicherheit (SozSichAbk USA) kann eine Entsendung nur dann vorliegen, wenn der Einsatz voraussichtlich auf höchstens 5 Jahre begrenzt ist, entweder durch einen entsprechend befristeten Vertrag oder aufgrund der Art der Tätigkeit, etwa im Rahmen eines befristeten Projekts. Wenn die Entsendedauer 5 Jahre voraussichtlich überschreiten wird, ist dagegen vom ersten Tag der Entsendung an deutsches Steuer- und Sozialversicherungsrecht einschlägig. Sollte sich während der Entsendung herausstellen, dass die Einsatzfrist in Deutschland über 60 Monate hinaus verlängert werden muss, gilt ebenfalls sofort deutsches Recht. In begründeten Einzelfällen kann die 5-Jahres-Frist aber überschritten werden.

 

Lohnsteuerpflicht

Bei einem entsandten Mitarbeiter stellt sich die Frage, welchem Staat das Recht zur Besteuerung zusteht und wo damit für den entsandten Mitarbeiter die Lohnsteuer abzuführen ist.

Grundsätzlich gilt: Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit wird in dem Staat versteuert, in dem der Steuerpflichtige „ansässig“ ist (Art. 15 DBA-D-USA). Im ersten Schritt ist also die Ansässigkeit des entsandten Mitarbeiters im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens zu prüfen. Das muss in jedem einzelnen Fall entschieden werden.

Ist der aus den USA nach Deutschland entsandte Arbeitnehmer hier gleichzeitig ansässig, muss er nur in Deutschland Lohnsteuer abführen. Gelangt man zu dem Ergebnis, dass er in Deutschland tätig, dabei aber weiterhin den USA ansässig, ist, dann ist in erster Linie der Mittelpunkt der Lebensinteressen für die Besteuerung maßgeblich.

Allerdings gibt es drei wichtige Ausnahmen vom Ansässigkeitsprinzip: Lohnsteuer an die deutschen Finanzbehörden entfällt, wenn die drei folgenden Bedingungen gegeben sind:

  • der Arbeitnehmer hält sich innerhalb von 12 Kalendermonaten an höchstens 183 Tagen in Deutschland auf,
  • die Vergütung wird weder von noch für einen in Deutschland ansässigen Arbeitgeber bezahlt,
  • die Vergütung wird auch nicht für eine deutsche Betriebsstätte getragen, das heißt das Gehalt des Arbeitnehmers ist nicht der Tätigkeit einer deutschen Betriebsstätte zuzuordnen und wird nicht bei deren Gewinnermittlung berücksichtigt.


Dass diese Definition praktische Fragen aufwirft, liegt auf der Hand. Ein Aspekt ist die Definition von „Betriebsstätte“. Eine Bauausführung oder Montage ist nur dann eine Betriebsstätte, wenn ihre Dauer zwölf Monate überschreitet (hier verdoppelt das Doppelbesteuerungsabkommen die in § 12 AO festgelegte Frist). Reine Logistik-Einrichtungen wie Verkaufs- oder Warenlager gelten ebenfalls nicht als Betriebsstätte. Die genauen Bestimmungen finden sich Artikel 5 des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA – USA).

 

Versetzung nach oder Einstellung in Deutschland

Wenn das US-Unternehmen einen Arbeitnehmer ohne vorab festgelegte Befristung nach Deutschland versetzt, der hier seinen Wohnsitz nimmt (und den nötigen Aufenthaltstitel erwerben muss, s. u.), dann gilt genau wie bei der Neueinstellung eines (deutschen oder eigens zugewanderten US-amerikanischen) Arbeitnehmers in aller Regel das deutsche Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht.

Auch in diesem Fall muss für die Lohnsteuer wieder die Ansässigkeit des Arbeitnehmers geprüft werden. Bei einer Versetzung wird diese in der Regel in Deutschland liegen, so dass Deutschland das Recht zur Besteuerung hat.

Das bedeutet, dass das US-Unternehmen wie jeder in Deutschland ansässige Arbeitgeber für die korrekte Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben haftet. Es muss die Anmeldung des Arbeitnehmers zur Lohnsteuer und bei den Einzugsstellen der Sozialversicherungsträger durchführen und natürlich auch die Lohnsteueranmeldung korrekt und auf elektronischem Weg übermitteln – vom rechtzeitigen Abführen der fälligen Summen ganz zu schweigen.

Für ein Unternehmen mit Sitz im Ausland ist das normalerweise eine kaum zu bewältigende Herausforderung. Ein Arbeitgeber ohne Niederlassung in Deutschland, der hier einen Arbeitnehmer beschäftigt, kann zwar mit diesem vereinbaren, dass dieser die Meldungen und das Abführen der Beiträge selbst übernimmt und dafür sein Gehalt mitsamt den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteilen ausgezahlt bekommt. Diese Regelung ist jedoch nur zur administrativen Erleichterung gedacht, zu einer Haftungsbefreiung des Arbeitgebers führt sie nicht. Dafür wird dem Arbeitnehmer eine große zusätzliche Verpflichtung aufgebürdet.

Als Fazit lässt sich festhalten:

  • Bei der der Entsendung ist in der Praxis eine kompetente Rechtsberatung zur Klärung des Status notwendig.
  • Wenn die Frage der Sozialversicherungs- und Lohnsteuerpflicht negativ beantwortet wird, kann es dabei bleiben.
  • Ergibt sich aber eine solche Pflicht, sollte unbedingt ein kompetenter deutscher Dienstleister mit der Gehaltsabrechnung beauftragt werden.


US-Einkommensteuer: Staatsbürgerschaft entscheidet!

Die amerikanische Steuerbehörde IRS verlangt von US-Bürgern und Greencard-Inhabern grundsätzlich auch dann eine Einkommensteuererklärung, wenn diese in Deutschland leben und arbeiten. Das gilt zumindest, wenn ihr Einkommen 10.000 US-$ im Jahr überschreitet und zwar auch dann, wenn sich keine Steuerplicht ergibt. Außerdem müssen US-Bürger, die in Deutschland arbeiten, ihre heimischen Steuerbehörden über außerhalb der USA unterhaltene Konten informieren.

 

Aufenthaltstitel bei Entsendung

Auch bei einer Entsendung nach Deutschland benötigen US-Bürger einen Aufenthaltstitel, der ihnen die Arbeitsaufnahme in Deutschland erlaubt. Für die Einreise selbst brauchen sie zwar kein Visum. Sie müssen aber vorher oder innerhalb von drei Monaten danach bei der zuständigen Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit beantragen und dürfen erst nach deren Erteilung tätig werden.

Die Erteilung setzt in der Regel die Zustimmung der Arbeitsagentur voraus. Sie prüft, ob für den Arbeitsplatz ein bevorrechtigter Arbeitnehmer (etwa aus der EU) bereitsteht und ob die Arbeitsbedingungen dem in Deutschland Üblichen entsprechen. Es gibt Ausnahmen: Bestimmte Fälle kurzfristiger Entsendung sind genehmigungsfrei (§§ 16-21 BeschV). Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein US-Amerikaner zu Weiterbildungszwecken vorübergehend in einem Konzernunternehmen in Deutschland tätig wird.

Die Arbeitsmarktzulassung kann auch schon vor der Einreise bei der zuständigen Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur im Rahmen einer Vorabprüfung veranlasst werden, um eine beschleunigte Arbeitsmarktzulassung zu erreichen.


Aufenthaltstitel bei längerfristiger Tätigkeit in Deutschland

Das im vorigen Abschnitt zu Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis Gesagte gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Arbeitsaufenthalt in Deutschland über eine Entsendung hinausgeht. Für diese Fälle gibt es jedoch noch zwei besondere Wege, um den entsprechenden Aufenthaltstitel zu bekommen:

  • US-Bürger mit einem in Deutschland anerkannten Hochschulabschluss können eine Blaue Karte EU (Blue Card EU) beantragen, die eine vierjährige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis einschließt. Sie ist an einen Arbeitsvertrag mit einem Jahresmindestverdienst in Höhe von zwei Dritteln der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung gekoppelt, das entspricht für 2017 und im Westen 50.800 €. Für bestimmte Mangelberufe, etwa IT-Spezialisten oder Ärzte, genügen 52 Prozent, also (wiederum für 2017 und im Westen) 39.624 €. Blue-Card-Inhaber erhalten in der Regel nach 33 Monaten, bei guten Deutschkenntnissen auch schon nach 21 Monaten ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht, außerdem besteht Anspruch auf Familiennachzug.
  • Arbeitnehmer mit einer nicht-akademischen Berufsausbildung, die dem deutschen Berufsabschluss in einem Mangelberuf gleichwertig ist, können ebenfalls bevorzugt einwandern. Entscheidend ist, dass ihre Qualifikation einem Abschluss in der sogenannten Positivliste der Engpassberufe gleichwertig ist, die die Bundesagentur für Arbeit zusammenstellt. Sie ist auch für die Anerkennung des Abschlusses zuständig.


Weitere Informationen:

Eine Darstellung der generellen Rechtslage, über den Bezug auf die USA hinaus, finden Sie in der Lohn-Update-Ausgabe zum Thema „Erstmalig einen Mitarbeiter in Deutschland beschäftigen“.

Erfahren Sie mehr zu unserem Service für internationale Unternehmen mit Beschäftigten in Deutschland.


Weitere Links:

  • Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland – USA (DBA – USA) http://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/95110/
  • Deutsch-amerikanisches Abkommen über Soziale Sicherheit (SozSichAbk USA): https://www.dvka.de/media/dokumente/rechtsquellen/svabkommen/USA_SVA.pdf
  • Durchführungsvereinbarung zum SozSichAbk USA https://www.dvka.de/media/dokumente/rechtsquellen/svabkommen/USA_DV.pdf
  • Auszug aus dem Schlussprotokoll zum SozSichAbk USA    https://www.dvka.de/media/dokumente/rechtsquellen/svabkommen/USA_SP.pdf
  • „Anerkennungsfinder“ für in den USA erworbene Hochschul- und Berufsabschlüsse https://www.anerkennung-in-deutschland.de/tools/berater/de/
  • „Positivliste der Engpassberufe“ der Bundesagentur für Arbeit https://www3.arbeitsagentur.de/web/wcm/idc/web/wcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/mta4/~edisp/l6019022dstbai447048.pdf


Stand: 27. April 2017