03 Aug 2017

Wenn der Arbeitnehmer-Urlaub den Chef reif für die Insel werden lässt

Es gibt bekanntlich Urlaube, nach denen man sich nicht erholt fühlt, sondern erst recht urlaubsreif. Arbeitgeber müssen für diesen Effekt noch nicht einmal selbst wegfahren. Manchmal reicht dafür schon der Urlaub eines Mitarbeiters. Wir klären einige typische Praxisfragen zu Krisenurlauben und Urlaubskrisen.

Urlaub im Krisengebiet?

Manche Urlaubspläne des Arbeitnehmers sorgen beim Arbeitgeber für nachhaltiges Stirnrunzeln. Etwa, wenn der unverzichtbare Chefentwickler ausgerechnet einen Achttausender im Himalaya besteigen will. Oder seine Motorrad-Wüstentour in einem Teil von Nordafrika plant, der seit Jahren wegen der Entführung von Touristen Schlagzeilen macht.

Bei aller Fürsorgepflicht, und trotz der unbestreitbaren Risiken: Als Arbeitgeber können Sie dem Arbeitnehmer den Trip ins Krisengebiet oder die Hochrisiko-Tour mit Survival-Charakter nicht untersagen. Urlaubsplanung ist reine Privatsache. Da bleibt nur gutes Zureden.

Verspätete Rückkehr aus dem Urlaub?

Rückflug wegen Unwettern gestrichen, Flug verpasst, Streik im Urlaubsland: Es gibt viele Gründe, warum ein Mitarbeiter nicht zum geplanten Zeitpunkt zurück ist, sondern irgendwo festsitzt. Im schlimmsten Fall sorgt das im Unternehmen für Verzögerungen, Ausfälle oder Zusatzkosten. Welche Rechte und Pflichten haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber in dieser Situation?

Ganz klar ist: Der Mitarbeiter muss das Unternehmen informieren, und zwar unverzüglich – sobald absehbar ist, dass er nicht wie geplant nach Hause fahren bzw. pünktlich wieder am Arbeitsplatz sein kann. Dazu gehört auch, dass er sagt, wie lange die Verzögerung dauern wird, sobald sich das voraussehen lässt.

Sich bei der Rückkehr aus dem Urlaub zu verspäten ist etwas anderes, als zu einem Termin nicht rechtzeitig zu erscheinen. Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt es ein Vertragsverhältnis. Es verpflichtet auch den Mitarbeiter.

Wenn auf einer abgelegenen indonesischen Insel die einzige Fähre ihren Dienst vorübergehend einstellt, lässt sich daran wohl nicht viel ändern. Aber es ist auf jeden Fall zumutbar, von der Ostsee mit der Bahn oder einem Mietwagen nach München oder nach Frankfurt am Main zurückzufahren. Und wenn der Rückflug mit dem Billigflieger gecancelt wird, muss der Urlauber auf eine teurere Fluglinie umbuchen, statt noch eine Woche auf den Kanaren dranzuhängen.

Kurz gesagt: Er muss in einem solchen Fall alles Zumutbare tun, um doch rechtzeitig nach Hause zu kommen und seinen Arbeitsvertrag zu erfüllen. Wenn das mit Zusatzkosten für ihn verbunden ist, dann muss er diese im Rahmen der Verhältnismäßigkeit auf sich nehmen. Denn auch in dieser Hinsicht gilt: Der Urlaub ist Privatsache, er muss das Wegerisiko selbst tragen. Da bleibt nur die Hoffnung, dass er dafür den Reiseveranstalter oder eine Fluggesellschaft in Regress nehmen kann.

Muss der Lohn oder das Gehalt weitergezahlt werden?

Bleibt die Frage, wer das Risiko dafür trägt, dass der Arbeitnehmer im Urlaub oder auf dem Heimweg irgendwo strandet. Darf man als Chef den unfreiwillig verlängerten Urlaub als Anlass nehmen, um für die Fehltage das Gehalt zu kürzen? Oder muss er auch dafür zahlen, dass er auf die Wiederkehr des Vermissten wartet?

Grundsätzlich gilt schlicht und einfach: ohne Arbeit kein Lohn. Dafür spielt es auch keine Rolle, ob der Arbeitnehmer an der verzögerten Rückkehr selbst schuld ist (im Duty-Free-Shop das Flugzeug verpasst) oder ob es an höherer Gewalt lag (ein Vulkanausbruch legt den Flugverkehr lahm).

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gibt es allerdings, sie findet sich in § 616 BGB. Der Anspruch auf Lohn bzw. Gehalt bleibt dann erhalten, wenn die rechtzeitige Rückkehr aus dem Urlaub

  1. durch einen unverschuldeten Umstand verhindert wird und es sich
  2. um einen verhältnismäßig geringen Zeitraum handelt.

In der Regel wird das ein Zeitraum von einem bis maximal fünf Tagen sein. Dann zahlt der Arbeitgeber also doch das Gehalt – wenn auch vermutlich nicht gerade gerne.

Als selbstverschuldet gilt eine verspätete Rückkehr selbst dann nicht, wenn es eine entsprechende Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gibt, wie beispielsweise derzeit für den Jemen (Stand Juli 2017).

Anrechnung auf den Resturlaub

Eine Möglichkeit bleibt allerdings, wenn der Arbeitnehmer den Resturlaub noch nicht aufgebraucht hat. Die Verzögerung kann vom restlichen Urlaubskontingent abgezogen werden, falls der Arbeitnehmer einverstanden ist. Dann hat der Arbeitgeber zumindest keinen finanziellen Verlust.

Darüber sollten Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich aber ausdrücklich verständigen und die Vereinbarung in einer kurzen Notiz festhalten. So sind spätere Konflikte ausgeschlossen, wenn etwa der Mitarbeiter im gleichen Jahr noch das Unternehmen verlässt und auf dem Resturlaub besteht.

Der Chef muss so früh wie möglich informiert werden

Wenn sich schon während des Urlaubs abzeichnet, dass die Rückreise nicht wie geplant klappt, muss der Arbeitnehmer aktiv werden. Er muss bereits zu diesem Zeitpunkt nach Alternativen für seine Rückreise suchen oder den Arbeitgeber bitten, seinen Urlaub zu verlängern.

Und am besten sollte auch schon zu diesem Zeitpunkt geklärt werden, wie das ungewollte Fernbleiben vom Arbeitsplatz gehandhabt werden soll. Beispielsweise kann der Chef den Urlaub verlängern, für die Verspätung kann ein Freizeitausgleich gewährt werden, oder der Mitarbeiter erklärt sich bereit, die versäumte Zeit durch Überstunden wett zu machen.

Wird den Arbeitgeber nicht oder nicht rechtzeitig mitgeteilt, dass eine verzögerte Rückkehr aus dem Urlaub droht, dann ist dies ein Pflichtverstoß aus dem Arbeitsvertrag. Ein unentschuldigtes Fehlen kann eine Abmahnung nach sich ziehen. Eine Kündigung wird mangels vorheriger Abmahnung eher nicht in Betracht kommen.

Anders ist es, wenn der Mitarbeiter seinen Urlaub eigenmächtig verlängert, sich also mit voller Absicht verspätet. So etwas kann sogar eine außerordentliche, fristlose Entlassung rechtfertigen.

Krank im Urlaub


Wenn Ihr Mitarbeiter im Urlaub krank wird, gilt all das nicht. Er muss dann zwar zum Arzt und sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung besorgen. Und die muss den deutschen Ansprüchen genügen, auch wenn das Attest von einem ausländischen Arzt stammt. Außerdem muss er sich auch vom Urlaubsort aus innerhalb von drei Tagen beim Arbeitgeber krankmelden.

Sobald das jedoch erledigt ist, befindet er sich genau betrachtet nicht mehr im Urlaub, sondern ist arbeitsunfähig erkrankt. Er muss dann erst wieder am Arbeitsplatz sein, wenn die Krankschreibung ausläuft. Für die Krankheitstage hat er Anspruch auf Lohnfortzahlung (statt Urlaubsentgelt – auch wenn das praktisch vielleicht keinen Unterschied macht), und sie werden auch nicht von seinem Urlaubsanspruch abgezogen. (Alles weitere zum Thema „Krankheit und Urlaub“ steht in unserem Lohn-Update zum Thema.)

Erfahren Sie mehr zur Erkrankung im Urlaub.

Themen:

Arbeitgeber Mitarbeiter

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