Lohngerechtigkeitsgesetz: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Oktober 2017 - Frauen verdienen bei gleicher Arbeit und Qualifikation im Schnitt 7% weniger als Männer. Für den Gesetzgeber ein Anzeichen für geschlechterbezogene Diskriminierung, die bereits heute gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verstößt. Den Nachweis ungleicher Behandlung soll nun das Entgelttransparenzgesetz erleichtern. Das bedeutet mal wieder Mehrarbeit für die Personalabteilungen.

Der Gesetzgeber hat sich das Prinzip „Lohngerechtigkeit“ auf die Fahne geschrieben. Männer und Frauen verdienen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit und Qualifikation im Schnitt 7 Prozent weniger als Männer. Dem soll das sogenannte Lohngerechtigkeitsgesetz oder Entgelttransparenzgesetz entgegenwirken, offiziell Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen (EntgTranspG). Es ist am 06. Juli 2017 in Kraft getreten.

Zu den Kernpunkten gehört ein individueller Auskunftsanspruch von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zur Entgelthöhe der eigenen Vergleichsgruppe gegen den Arbeitgeber.


Individueller Auskunftsanspruch zur Gehaltshöhe

Arbeitnehmerinnen erhalten durch das Lohngerechtigkeitsgesetz unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Auskunft darüber, welche Prinzipien das Unternehmen zur Entgeltfestsetzung verwendet und wie sich das eigene Gehalt zu dem Entgelt männlicher Mitarbeiter vergleichbarer Tätigkeit im selben Betrieb verhält.

Der Auskunftsanspruch kann erstmals ab dem 06. Januar 2018 gestellt werden. Allerdings ist dieser Auskunftsanspruch auf Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigen beschränkt. Unternehmen mit weniger Mitarbeitern bleiben verschont.

Hinweis: Auch wenn wir im weiteren Verlauf vom Auskunftsanspruch einer Arbeitnehmerin sprechen, steht dieser auch Männern in Bezug auf das Durchschnittsentgelt ihrer Kolleginnen zu.

Übrigens berechtigt das Gesetz auch Auszubildende dazu, Auskunft über die Ausbildungsvergütung vergleichbarer männlicher Azubis zu verlangen.

Hat eine Arbeitnehmerin Anhaltspunkte dafür, dass männliche Kollegen bei gleicher oder gleichwertiger Leistung besser entlohnt werden als sie selbst, kann sie vom Arbeitgeber Auskunft verlangen. Der Arbeitgeber muss ihr innerhalb von drei Monaten mitteilen, wie viel die Männer in einer Vergleichsgruppe verdienen, die die gleiche oder eine gleichwertige Tätigkeit im Betrieb ausüben. Im Jargon des Gesetzes: Der Arbeitgeber hat Auskunft über das Vergleichsentgelt für eine Vergleichstätigkeit zu geben.

Die Arbeitnehmerin muss ihr Auskunftsbegehren schriftlich einreichen und darin – soweit zumutbar – eine „gleiche oder gleichwertige Tätigkeit“ zu ihrer eigenen nennen.

Der Anspruch auf Auskunft kann alle zwei Jahre gestellt werden. Häufigere Anfragen sind nur dann gerechtfertigt, wenn sich wesentliche Voraussetzungen ändern.
Wer ist für die Auskunft zuständig?

Welche Kollegen für den Vergleich berücksichtigt werden und an wen ein Auskunftsverlangen gerichtet werden muss, das hängt vor allem von einer möglichen Tarifbindung des Arbeitgebers ab.

In tarifgebunden Unternehmen werden sich Arbeitnehmerinnen mit ihrem Anliegen primär an den Betriebsrat. Allerdings kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Bearbeitung verlangen. Wenn kein Betriebsrat existiert, ist der Arbeitgeber ohnehin Adressat der Auskunftsbegehren. Er kann die Beantwortung auch den Tarifparteien überlassen.

Als Antwort reicht im Fall einer Tarifbindung die Angabe des Vergleichsentgelts, das diejenigen männlichen Beschäftigten beziehen, die in die gleiche Entgelt- oder Besoldungsgruppe wie die anfragende Arbeitnehmerin einsortiert sind. Erhalten diese im Gegensatz zu ihr übertarifliche Bezüge, wird die Diskrepanz so unmittelbar sichtbar.

Bei nicht tarifgebundenen Unternehmen werden für den Vergleich die Bruttomonatsentgelte aller männlichen Beschäftigten zugrundegelegt, die eine vergleichbare Tätigkeit ausüben.
Datenschutz bei Auskünften

Bei dem Verfahren müssen Betriebsrat und Arbeitgeber sich gegenseitig über erteilte Auskünfte informieren. Dabei müssen jedoch datenschutzrechtliche Auflagen eingehalten werden.

    Der Betriebsrat darf den Namen einer Arbeitnehmerin, die sich zwecks Auskunft an ihn wendet, nicht an den Arbeitgeber weitergeben.
    Arbeitgeber wie auch Betriebsrat müssen in der Auskunft persönliche Daten der Vergleichsgruppe schützen.
    Werden die Tarifparteien einbezogen (in tarifgebundenen oder tarifanwendenden Unternehmen ohne Betriebsrat), gilt für diese eine Verschwiegenheitspflicht.
    Wichtig: Wenn weniger als sechs Männer die Vergleichstätigkeit ausüben, darf das Vergleichsentgelt nicht angegeben werden

Wie wird das Vergleichsentgelt ermittelt?

Verlangen kann die Antragstellerin Informationen zum durchschnittlichen monatlichen Bruttogehalt der Vergleichspersonen, außerdem zu maximal zwei Entgeltbestandteilen. Neben der vom Arbeitgeber am Monatesende durchschnittlich überwiesenen Summe kann also auch nach geldwerten Leistungen wie der privaten Nutzung von Dienstwagen oder nach variablen Bestandteilen wie Prämien gefragt werden – aber nur nach zwei solcher Entgeltelemente.

In einem ersten Schritt sollte der Arbeitgeber oder seine Personalabteilung die von der Arbeitnehmerin im Auskunftsbegehren genannte Vergleichsgruppe prüfen. Wenn diese nicht passt, darf er eigene Vergleichstätigkeit bzw. Vergleichsgruppe festlegen. Das muss er allerdings begründen können.

Steht die – von der Arbeitnehmerin erfragte oder die als Korrektur vom Unternehmen verwendete –Vergleichsgruppe fest, muss die Personalabteilung das durchschnittliches Bruttogehalt nur der Männer in dieser Gruppe als statistischen Median (s. u.) ermitteln und dieses Ergebnis der Arbeitnehmerin mitteilen, die angefragt hat.

Dazu werden Teilzeitgehälter auf ihr Vollzeitäquivalent hochgerechnet.
Der statistische Median

Der statistische Median darf nicht mit dem arithmetischen Mittel verwechselt werden.

Beispiel: Angenommen, die Vergleichstätigkeit wird von sieben Männern ausgeübt. Deren – auf Vollzeit hochgerechnete – Bruttomonatsgehälter betragen: 4.500 €, 4.500 €, 4.600 €, 4.700 €, 4.800 €, 4.800 € und 8.500 €.

Dann wäre das arithmetische Mittel: (4.500 € + 4.500 € + 4.600 € + 4.700 € + 4.800 € + 4.800 € + 8.500) : 7 = 5.200 €

Der statistische Medianwert wird dagegen gebildet, in dem die Werte der Größe nach sortiert und dann derjenige selektiert wird, der die Mitte der Auflistung bildet:
4.500 € = 4.500 < 4.600 € < 4.700 € < 4.800 € = 4.800 < 8.500 – hier ist 4.700 der statistische Median.

Bei einer geraden Zahl von Werten muss aus den beiden mittleren Werten das arithmetische Mittel gebildet werden:
4.400 € < 4.500 € = 4.500 < 4.600 € < 4.700 € < 4.800 € = 4.800 < 8.500, hier beträgt als Ergebnis das Mittel zwischen 4.600 € und 4.700 € dann 4.650 €.
Folgen ungleicher Vergütung

Stellt sich heraus, dass die Mitarbeiterin im Vergleich zu männliche Kollegen für gleichwertige Arbeit aufgrund von Diskriminierung schlechter bezahlt wurde, dann kann sie nach § 15 AGG das Entgelt nachfordern, das ihr deshalb entgangen ist. Außerdem besteht Anspruch auf eine „angemessene Entschädigung“.

Wenn der Arbeitnehmer eine angefragte Auskunft nicht fristgerecht innerhalb von drei Monaten erteilt, wechselt die Beweislast. Dann muss der Arbeitnehmer im Fall einer Klage beweisen, dass die Arbeitnehmerin in Bezug auf ihr Gehalt nicht diskriminiert wurde.
Verfahren zur Überprüfung der Entgeltgleichheit

Außerdem ist ein betriebliches Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit im Gesetz verankert worden. Hat ein privater Arbeitgeber mehr als 500 Beschäftigte, ist er dazu gehalten, in regelmäßigen Abständen seine Entgeltstrukturen zu überprüfen.

Der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend betriebene „Monitor Entgelttransparenz“ gilt als ein dafür geeignetes Verfahren.
Monitor Entgelttransparenz

Um den gesetzlichen Verpflichtungen leichter nachkommen zu können, hat der Gesetzgeber den Monitor Entgelttransparenz geschaffen. Dieses kostenfreie Online-Tool soll es Arbeitgebern erleichtern, die gesetzliche Anforderung zur Prüfung der Entgeltstrukturen zu erfüllen.
Zusätzliche Berichtspflicht

Unternehmen, die zu einem Lagebericht verpflichtet sind und mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen, müssen in Zukunft darin auch über den Stand der Gleichstellung und der Entgeltgleichheit berichten. Das ist erstmals ab 2018 vorgeschrieben.
Diskriminierungsverbot in kleineren Unternehmen

Ganz unabhängig von den neuen Verpflichtungen durch das Lohngerechtigkeitsgesetz gilt und galt ohnehin, dass Mitarbeiter nicht diskriminiert werden dürfen – natürlich auch nicht in kleineren Unternehmen.

Eine geschlechterbezogene Diskriminierung ist weder bei Lohn und Gehalt noch in Bezug auf andere Dinge wie Mitarbeiterauswahl, Arbeitsbedingungen, Vergünstigungen oder Aufstiegschancen rechtmäßig. Das ergibt sich bereits aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – als einklagbarer Anspruch.

Stand: 27. September 2017

Kategorie

Steuern, Bescheinigungen und Rechtliches

Themen:

Gesetze Lohn und Gehalt

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