Anforderungen an Systeme zur Zeiterfassung

Dezember 2017: Arbeitszeiterfassungen beginnen in vielen Unternehmen mit handgeschriebenen Zetteln oder einer Excel-Liste. Bis zu einer gewissen Größe in vielen Fällen funktional, weil Aufzeichnungen ohnehin nur in wenigen Fällen gesetzlich vorgeschrieben sind. Dennoch ist das Thema einen Blick wert: Moderne Zeiterfassungssysteme mit ihren vielfältigen Funktionalitäten haben das Potential aus einem Zeitfresser echten Mehrwert für Unternehmen zu schaffen.

Arbeitgebern ist es in vielen Fällen freigestellt, ob und in welcher Form sie die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter erfassen.

Gesetzliche Pflichten zur Arbeitszeiterfassung gibt es nur wenige – zwei, um genau zu sein:

  • Zum einen muss Mehrarbeit aufgezeichnet werden, also die Arbeitszeiten, die über acht Stunden am Werktag hinausgehen (§ 16 Abs. 2 ArbZG). Diese Nachweise müssen zwei Jahre aufbewahrt werden.
  • Zum anderen ergibt sich aus dem Mindestlohngesetz, dass Arbeitszeitbeginn, Arbeitsende sowie die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden festgehalten werden müssen. Diese Pflicht beschränkt sich jedoch auf geringfügig entlohnte Beschäftigte sowie auf einige im Schwarzarbeitsgesetz aufgelistete Branchen (§ 17 MiLoG i. V. m. § 2a SchwarzArbG).


Für Unternehmen im Niedriglohnsektor ist es sinn-voll, Arbeitszeitnachweise anhand einer Zeiterfas-sung führen zu können. Ab einer gewissen Unter-nehmensgröße sind Zeiterfassungssysteme schlicht nützlich. Denn moderne Zeiterfassungssysteme ermöglichen mehr als nur eine Dokumentation der Arbeits- und Pausenzeiten - sie können zahlreiche weitere  individuelle Anforderungen erfüllen.

Dieser Beitrag befasst sich mit möglichen Leistungsanforderungen und Vorgaben für Zeiterfassungssysteme. Damit möchten wir Ihnen die Abwägung erleichtern, ob und welche Zeiterfassung die richtige für Ihren individuellen Bedarf ist.

Uns sind dabei zwei Aspekte wichtig:

Als Spezialdienstleister für die laufende Entgeltabrechnung legen wir Wert darauf, mit unseren Kunden gemeinsam nach der effizientesten Form der Datenübertragung zu suchen und Doppelarbeiten zu vermeiden. Das gilt auch für die Arbeitszeiten.

Die Einführung einer Zeiterfassung ist kein Zeichen für Misstrauen gegenüber den eigenen Mitarbeitern. In unserem Blog-Beitrag „Arbeitszeiterfassung: Kein Misstrauen, sondern sinnvoll“ finden Sie unter anderem Tipps, wie Sie dieses Missverständnis vermeiden. (www.paychex.de/broetchengeber-blog.html)


Welchen Aufwand bereitet das Erfassen und die Bereitstellung der Daten?

Nicht wenige Unternehmen beginnen mit handgeschriebenen Zeitaufzeichnungen oder Excel-Tabellen. Am Monatsende müssen dann jedoch alle Aufzeichnungen nachgerechnet und mühsam in die Lohnbuchhaltung und andere Systeme wie Projektverwaltungen oder Fördermittelverwendungsnachweise übertragen werden.

Für Unternehmen, die an diesem Punkt stehen, ist ein sinnvoller erster Schritt den Aufwand des Sammelns und Übertragens der Arbeitszeitdaten genau festzuhalten und angesichts der für die Zukunft geplanten Personalentwicklung hochzurechnen. Damit steht dann zumindest als vorläufige Zahl fest, was sich durch ein Zeiterfassungssystem einsparen lässt: Ein wichtiger erster Hinweis für das Budget einer neuen Zeiterfassung.


Für welche Systeme und Anwendungen werden Arbeitszeitdaten benötigt?

Als zweite Frage schließt sich an: Welche Anwendungen benötigen schon jetzt oder perspektivisch Input vom Zeiterfassungssystem?

Natürlich müssen die erfassten Daten der Personalverwaltung vorliegen und für die Lohn- und Gehaltsabrechnung verarbeitet werden, und das in einer Form, die Auswertungen möglichst direkt ermöglicht. Aber damit sind ja längst nicht alle potenziellen Abnehmer erkannt.

Sollen die erfassten Arbeitszeitdaten direkt in ein ERP-System übernommen werden, in eine Software zur Projektverwaltung oder zur Personaleinsatzplanung? Wie sieht es mit Qualitätsmanagement und Controlling aus – erhalten sie Anwesenheitsdaten von der Personalabteilung oder sollen sie direkt damit versorgt werden?


Was soll erfasst werden?

Ein Zeiterfassungssystem kann durchaus eine Fülle an interessanten Zahlen liefern, die die Personalverwaltung und andere betriebliche Aufgaben einfacher machen:

Aus Sicht der Lohnabrechnung ist die Flexibilität eines Zeiterfassungssystems beim Erfassen besonderer Arbeitszeitmodelle oder individueller Vereinbarungen von Bedeutung. Wenn die Personalabteilung bei besonderen Fällen die Daten dann doch wieder händisch errechnen und in die Abrechnungssoftware eingeben oder an den Lohn-Dienstleister übermitteln muss, ist wenig gewonnen.

Viele Zeiterfassungsprogramme können die Urlaubsplanung abbilden und den verbleibenden Urlaubsanspruch pro Mitarbeiter anzeigen. Es gibt Systeme, mit denen Mitarbeiter ihren Urlaubsantrag auch online stellen, dieser kann innerhalb der gleichen Anwendung vom Vorgesetzten genehmigt und verarbeitet werden.

Häufig ermöglichen die Systeme das Gestalten von Dienst- und Schichtplänen. Bei einem vernetzten System können Mitarbeiter dann von zu Hause oder unterwegs ihren persönlichen Dienstplan einsehen oder Änderungswünsche eingeben.

Außerdem lassen sich Anwesenheitspläne führen, umgekehrt Abwesenheiten darstellen und beispielsweise durch „Krankheit“, „Kind krank“, „Fortbildung“ oder „Dienstreise“ klassifizieren.

Zeiterfassungseinheiten können mit GPS-Modulen gekoppelt werden, etwa aus der Flottenüberwachung, um zusätzlich zu den Arbeitszeiten auch die jeweiligen Arbeitsorte abzubilden (Datenschutzrechtlich wird das aber unter Umständen rasch zum Problem, s.u.).

Projektorientierte Zeiterfassungen liefern digitale Stundenzettel, d. h. Aufwands-Daten für die Projekt-abrechnung. Damit lassen sich die geleisteten Arbeitsstunden eines Mitarbeiters oder Teams für ein Projekt oder einen Kunden ausweisen. Projektmanager haben außerdem eine Basis für das Monitoring des Arbeitsaufwands und können jederzeit Fragen beantworten wie „Wie viele Mitarbeiter sind gerade im Projekt X eingebunden“ oder „Wie viele Kapazitäten haben wir derzeit zur Verfügung?“.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist zentral, dass Kostenstellen einrichtet und aussagekräftige Statistiken und Übersichten geliefert werden können. Je größer das Unternehmen wird, desto höher werden die Anforderungen an betriebswirtschaftliche Auswertungen. Schließlich bilden Personalkosten in der Regel den größten Kostenblock.

Erst eine Zuordnung der Mitarbeiter und ihrer erfassten Arbeitszeiten zu Bereichen und Kostenstellen, lässt solche betriebswirtschaftliche Auswertungen möglich werden. Übrigens benötigen auch leitende Mitarbeiter solche Zahlen, um für ihr Team oder ihre Abteilung „Soll“ und „Ist“ im Blick zu behalten.

Arbeitszeitdaten sind ein wichtiger Rohstoff für das Controlling. Es geht beispielsweise darum, den Personaleinsatz mit dem Kundenaufkommen abzugleichen, die Verteilung der Arbeitszeiten je nach Tageszeit zu ermitteln oder die geleisteten Stunden dem Umsatz gegenüberzustellen.

Schließlich sind zahlreiche Bezugsgrößen für die Erstellung des Jahresabschlusses maßgeblich. So wird die Finanzbuchhaltung zur Vorbereitung des Jahresabschlusses bei der Personalabteilung abfragen, wie viel an Urlaubsanspruch die Mitarbeiter bis zum Jahresurlaub noch haben, weil entsprechende Rückstellungen gebildet werden müssen.


Welche Architektur wird benötigt?

Es bietet sich an, Zeiterfassung und Zugangskontrolle durch ein gemeinsames System zu regeln. Zugangskontrollpunkte, die beispielsweise per RFID-Chip oder biometrisch per Fingerabdruck bedient werden, prüfen die Berechtigung und zeichnen auf, wer wann kommt oder geht. Solche Module können in ein betriebsweites vernetztes Zeiterfassungssystem integriert werden.

Zeiterfassungsmodule gibt es auch als App fürs Smartphone, als vernetzte Software für die Arbeitsplatzrechner der einzelnen Mitarbeiter oder als lokal installierte Software. Es gibt Client-Server-Lösungen und Cloud-basierte Systeme.

Außerdem existieren nach wie vor einfache Stempeluhren, auf Wunsch mit einer zusätzlichen Rechenfunktion, um Tages-, Wochen- oder Monatsarbeitszeiten aufzusummieren. Weiterhin sind auch Excel-Lösungen zu haben, falls die Zeiterfassung mit einfachen Mitteln erledigt werden kann.


Datenschutz

Arbeitszeiterfassungen müssen den Anforderungen des Datenschutzes genügen. Arbeitnehmer haben ein Recht auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten. Je mehr Daten die Anwendung erfasst, umso wichtiger ist es, dass ausschließlich Befugte Zugriff erhalten und niemand beispielsweise nur aus Neugier die Fehlzeiten von Kollegen abrufen kann.

Viele Zeiterfassungssysteme bieten grundsätzlich Möglichkeiten, weit mehr über Arbeitnehmer herauszufinden und zu speichern, als der Datenschutz zulässt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn fortlaufend GPS-Daten und Arbeitszeiten gleichzeitig abgerufen werden und womöglich Standortdaten selbst während der Pause festgehalten werden.

Die IT-Sicherheit von Zeiterfassungslösungen ist umso wichtiger, je stärker sie mit anderen betrieblichen Systemen vernetzt sind. Schnittstellen zu anderen Bereichen der Unternehmens-IT wie einem ERP-System dürfen nicht zum Einfallstor für unbefugte Zugriffe oder für Schadsoftware werden.

Stand: 29. November 2017

Kategorie

Unternehmen, Arbeitgeber und Mitarbeiter

Themen:

Arbeitszeiten Datenschutz

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