Geldwerter Vorteil bei der Überlassung von Fahrrädern

Mai 2013 - Wie der geldwerte Vorteil zu ermitteln ist, der durch die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs entsteht, ist in § 8 Abs. 2 EStG geregelt.

Inzwischen haben im öffentlichen Straßenverkehr auch Elektrofahrräder zunehmend an Bedeutung gewonnen. Daraus ergibt sich die Frage, ob und wie bei der Überlassung von betrieblichen Fahrrädern oder Elektrofahrrädern ein geldwerter Vorteil zu berechnen ist.

Da die obersten Finanzbehörden der Länder mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen Durchschnittswerte für weitere Sachbezüge der Arbeitnehmer festsetzen können (§ 8 Abs. 2 Satz 8 EStG), wurden in einem Erlass der obersten Finanzbehörden vom 23.11.2012 entsprechende Festlegungen zur steuerlichen Behandlung der Überlassung von Fahrrädern und Elektrofahrrädern getroffen (BStBl. I 2012, S. 1224). Der Erlass gilt rückwirkend und ist bereits für das Kalenderjahr 2012 anzuwenden.

Steuerliche Regelung

Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Fahrrad zur privaten Nutzung, so ist der geldwerte Vorteil mit 1 % der auf volle 100 € abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung (einschließlich Umsatzsteuer) des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrads zu versteuern.

In diesem monatlichen Durchschnittswert für die private Nutzung sind sowohl die Privatfahrten als auch Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie Heimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung eingeschlossen.

Beachte:
Die 44-€-Freigrenze für Sachbezüge darf bei dem mit der 1-%-Regelung ermittelten geldwerten Vorteil privat genutzter Fahrräder ausdrücklich nicht angewendet werden.

Mit dem Erlass wurde auch festgelegt, dass diese Regelung gleichfalls für Elektrofahrräder gilt, wenn diese verkehrsrechtlich als Fahrrad einzuordnen sind.

Ist dagegen ein Elektrofahrrad verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug einzuordnen, muss für die Bewertung des geldwerten Vorteils neben dem 1-%-Ansatz für die Privatnutzung auch der geldwerte Vorteil in Höhe von 0,03 % des Listenpreises je Entfernungskilometer für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte berücksichtigt werden.

Zunächst ist also zu klären, ob es sich bei Überlassung eines Elektrofahrrads verkehrsrechtlich um ein Fahrrad oder um ein Kraftfahrzeug handelt.

Verkehrsrechtliche Einordnung als Fahrrad oder als Kraftfahrzeug

Nach § 1 Abs. 2 StVG sind alle (Land-)Fahrzeuge als Kraftfahrzeuge einzustufen, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein.

Bei einem sogenannten Pedelec (Pedal electric cycle) handelt es sich um ein Fahrrad mit pedalunterstütztem Elektromotor. Fahrräder mit einer Trethilfe durch einen Elektromotor bis zu einer maximalen Nenndauerleistung von 250 W wurden verkehrsrechtlich bereits als Fahrräder eingestuft, wenn sich die Motorunterstützung mit zunehmender Geschwindigkeit verringert und bei einer Geschwindigkeit von maximal 25 km/h sowie beim Nichttreten der Pedale automatisch abschaltet.

Viele Pedelecs verfügen jedoch zusätzlich über eine Anfahr- oder Schiebehilfe, die ohne Treten des Radfahrers eine Beschleunigung des Fahrrads auf eine Geschwindigkeit von bis zu 6 km/h ermöglicht. Nach einem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 20.3.2013 zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes und anderer Gesetze (BT-Drs. 17/12856) soll nun eine Ergänzung in § 1 StVG zur verkehrsrechtlichen Einordnung von Elektrofahrrädern Klarheit schaffen. Die Vorschriften für Fahrräder sollen auch dann gelten, wenn das Fahrrad mit einem Elektromotor als Anfahr- oder Schiebehilfe ausgestattet ist und ohne gleichzeitiges Treten des Fahrers nicht mehr als 6 km/h erreicht.

Im Unterschied zu Pedelecs verfügen S-Pedelecs (schnelle Pedelecs) und E-Bikes über Elektromotoren bis 500 W und einer Anfahrhilfe von mehr als 6 km/h und bieten auch bei Geschwindigkeiten über 25 km/h eine Motorunterstützung. Diese S-Pedelecs und E-Bikes gehören zu den Kleinkrafträdern geringer Leistung. Damit besteht auch Kennzeichen- und Versicherungspflicht. Die Versicherungskennzeichen werden jedes Jahr zum 1. März ausgegeben. Sie gelten maximal ein Jahr und werden dann ungültig.

Beachte:
Wer ein S-Pedelec oder ein E-Bike (mit einer möglichen Geschwindigkeit ohne Treten des Fahrers von mehr als 6 km/h oder einer Tretunterstützung über 25 km/h) ohne gültiges Versicherungskennzeichen fährt, macht sich strafbar.

Da diese kennzeichen- und versicherungspflichtigen Kleinkrafträder verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug einzuordnen sind, ist für die Bewertung des geldwerten Vorteils neben dem 1-%-Ansatz auch die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu berücksichtigen. 

Verkehrsrechtliche Folgen

Die Einordnung eines Elektrofahrrads als Fahrrad oder als Kraftfahrzeug hat weitere verkehrsrechtliche Folgewirkungen.

Da ein Pedelec als Fahrrad gilt, sind auch die Verkehrsregeln für Radfahrer zu beachten. Für Fahrten können bzw. sind vorhandene Radwege zu nutzen. Mit einem Pedelec darf allerdings nur fahren, wer eine Prüfbescheinigung für Mofas mit sich führt und mindestens 15 Jahre alt ist (§ 5 FeV). Besitzer einer gültigen Fahrerlaubnis benötigen keine Prüfbescheinigung. Eine Ausnahme gibt es auch für Fahrer, die das 15. Lebensjahr vor dem 1.4.1980 vollendet haben. Sie benötigen ebenfalls keine Prüfbescheinigung (§ 76 Nr. 3 FeV), sollten dann aber einen Personalausweis mit sich führen.

Für Fahrrad- und Pedelec-Fahrer besteht keine Schutzhelmpflicht. Schutzhelmpflicht besteht nur bei Fahrten mit Kraftfahrzeugen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h (§ 21a Abs. 2 StVO). Unter der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit (bbH) versteht man die Geschwindigkeit, die auf ebener Bahn durch die alleinige Motorkraft des Fahrzeugs nicht überschritten werden kann (§ 30a Abs. 1 StVZO). Pedelecs erreichen ohne gleichzeitiges Treten des Fahrers eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 6 km/h.

S-Pedelec- und E-Bike-Fahrer benötigen ebenfalls eine Prüfbescheinigung für Mofas. Dabei darf die mit einer Tretunterstützung zu erreichende Geschwindigkeit nicht mehr als 25 km/h betragen. Über 25 km/h ist dann schon eine Fahrerlaubnis in Führerscheinklasse M (ab 19.1.2013 Führerschein-klasse AM) erforderlich. Das Mindestalter für diesen Führerschein beträgt 16 Jahre.

S-Pedelecs und E-Bikes mit bauartbedingter Höchst-geschwindigkeit von 20 km/h dürfen wie Pedelecs ohne Schutzhelm gefahren werden (§ 21a Abs. 2 StVO). Das Fahren auf Rad- oder Gehwegen ist aber für S-Pedelecs und E-Bikes nur erlaubt, wenn diese für Mofas freigegeben sind.

Ermittlung des geldwerten Vorteils

Bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils sind in den Bruttopreis (einschließlich Umsatzsteuer) auch alle Zubehörteile, die fest am Rad montiert sind, einzubeziehen. Dazu gehören Klickpedale, beson-dere Gepäckträger, Tachometer und auch der Ersatzakku. Nicht zu berücksichtigen sind Fahrradtaschen und abnehmbare Fahrradschlösser.

Beispiel:
Die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers für ein Elektrofahrrad soll mit 2.200 € angegeben sein.

Der Arbeitgeber least ein solches Fahrrad und überlässt es seinem Arbeitnehmer Stefan Schnell zur privaten Nutzung. Die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitstätte beträgt 20 km.

Wenn das Elektrofahrrad mit einer Anfahr- und Schiebehilfe bis zu einer Geschwindigkeit von nicht mehr als 6 km/h (bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit) ausgestattet ist und mit Tretunterstützung nicht mehr als 25 km/h erreicht, ist für die Privatnutzung ein monatlicher geldwerter Vorteil in Höhe von (1 % x 2.200 € =) 22,00 € zu berücksichtigen. Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind nicht gesondert zu bewerten, sondern in diesem mit 22,00 € ermittelten geldwerten Vorteil bereits enthalten.

Handelt es sich dagegen um ein Elektrofahrrad, mit dessen Anfahrhilfe mehr als 6 km/h erreicht werden können oder das eine Tretunterstützung bei Geschwindigkeiten über 25 km/h bietet, so ist zusätzlich der geldwerte Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu berücksichtigen. Der geldwerte erhöht sich also um (0,03 % x 2.200 € x 20 km =) 13,20 € auf monatlich (22,00 € + 13,20 € =) 35,20 €.

Für die Ermittlung des geldwerten Vorteil ist es in beiden Fällen unerheblich, ob und wie oft der Arbeitnehmer das Fahrrad tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzt. Kein geldwerter Vorteil entsteht allerdings, wenn Mitarbeiter Fahrräder nur für dienstliche Fahrten – beispielsweise für Boten- oder Kurierdienste – nutzen.

Hinweis:
Gehört die Nutzungsüberlassung von Fahrrädern zur Angebotspalette des Arbeitgebers (z.B. Fahrradverleihfirmen), ist der geldwerte Vorteil aus dem um 4 % geminderten üblichen Endpreis für diese Dienstleistung zu ermitteln. Dabei ist auch der Rabattfreibetrag in Höhe von jährlich 1.080 € zu berücksichtigen

Barlohnumwandlung

Fahrräder oder Elektrofahrräder könnten auch durch den Arbeitgeber geleast und die monatlichen Lea-singraten über eine Barlohnumwandlung finanziert werden, sofern die Barlohnumwandlung arbeits-rechtlich zulässig ist und durch Änderung des Ar-beitsvertrags vereinbart wird. Die Bewertung des geldwerten Vorteils kann dann sowohl steuerrecht¬lich (BFH-Beschluss vom 20.8.1997, BStBl II 1997, S. 667) als auch sozialversicherungsrechtlich nach der 1-%-Methode (BSG-Urteil vom 2.3.2010, B 12 R 5/09 R) erfolgen. Da die Barlohnumwandlung in Höhe der Leasingraten höher ist als die steuerliche Bewertung des Sachbezugs, ergeben sich hieraus eine niedrigere Steuerbelastung für den Arbeitneh¬mer und niedrigere Sozialversicherungsbeitragsan¬teile sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer.

Kategorie

Steuern, Bescheinigungen und Rechtliches

Themen:

Steuern Zusatzleistungen

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