06 Dez 2023

Ausbildungsende falsch bestimmt – unbefristetes Arbeitsverhältnis

Sobald das Ergebnis der Abschlussprüfung eines Azubis bekanntgegeben wird, ist die Ausbildung beendet. Dieser exakte Zeitpunkt ist für den Ausbildungsbetrieb wichtig: schon ein Tag Beschäftigung danach führt zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Diese Regelung ergibt sich aus dem Gesetz, das Bundesarbeitsgericht hat sie bekräftigt.

 

 

Weiterbeschäftigung von Auszubildenden = unbefristete Übernahme

Die rechtliche Grundlage für die Berufsausbildung liefert vor allem das Berufsbildungsgesetz (BBiG). In § 24 BBiG versteckt sich eine folgenreiche Regelung, die längst nicht allen Ausbildungs- bzw. Arbeitgebern bekannt ist: Werden Azubis im Anschluss an die Ausbildung ohne explizit befristeten Arbeitsvertrag weiterbeschäftigt, entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Ein Zeitvertrag ist anschließend nicht mehr möglich. Dafür genügt schon ein Beschäftigungstag nach dem formalen Ausbildungsende.

Fünf entscheidende Tage zwischen Abschlussprüfung und befristetem Arbeitsvertrag

Diese Rechtslage hat das Bundesarbeitsgericht vor einigen Jahren bekräftigt (BAG, 20.03.2018 - 9 AZR 479/17). Die Entscheidung drehte sich um einen jungen Mann, der in einer Kommunalbehörde zum Verwaltungsfachangestellten ausgebildet worden war. In seiner schriftlichen Abschlussprüfung erhielt er zweimal die Note „mangelhaft“. Deshalb musste er sich einer mündlichen Ergänzungsprüfung stellen, die er bestand.

Dass er damit seine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hatte, wurde ihm direkt am gleichen Tag vom Prüfungsausschussvorsitzenden mitgeteilt und am nächsten Arbeitstag von der Ausbildungsleiterin schriftlich bestätigt. In diesem Schreiben wurde als Ende der Ausbildung jedoch der Tag der Zeugnisausgabe angegeben – fünf Tage nach der Ergänzungsprüfung. An diesen fünf Tagen arbeitete der junge Mann weiter, bezahlt wurde ihm dafür die Ausbildungsvergütung.

Anschließend wurde er vermeintlich mit einem auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag übernommen. Gegen diese sachgrundlose Befristung klagte der neue Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht. Der Rechtsstreit ging bis zum Bundesarbeitsgericht. Es entschied zu Gunsten des Ex-Azubis. Entscheidend waren die Tage zwischen der Bekanntgabe des Ergebnisses der Abschlussprüfung und der vermeintlichen Aufnahme der befristeten Tätigkeit. In der Zeit bestand dem Gericht zufolge bereits ein Arbeitsverhältnis, kein Ausbildungsverhältnis mehr.

Keine sachgrundlose Befristung im Anschluss an eine Beschäftigung

Die arbeitsrechtliche Logik hinter der Entscheidung:

  • Ein Ausbildungsverhältnis endet grundsätzlich „mit dem Ablauf der Ausbildungsdauer“. Bestehen Azubis die Abschlussprüfung allerdings schon vorher, endet es „mit Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss“. Das besagt 21 BBiG.
  • Demnach war die Ausbildung im vorliegenden Fall an dem Tag beendet, an dem der junge Mann die Ergänzungsprüfung bestand und ihm das Ergebnis mitgeteilt wurde.
  • Da er die fünf Tage bis zur Zeugnisausgabe weiterarbeitete, entstand ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Das ist die bereits erwähnte Regelung aus 24 BBiG.
  • Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann nicht in ein ohne Sachgrund befristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt werden. Wenn es bereits ein Arbeitsverhältnis gab, ist eine spätere, sachgrundlose Befristung nicht zulässig. Anders ist dies, wenn es vor dem Zeitvertrag ein Ausbildungsverhältnis gab.
  • Damit war die Befristung des Arbeitsvertrags unwirksam. (Mehr zur Rechtslage bei befristeten Arbeitsverhältnissen steht im Beitrag „Verhältnis auf Zeit: Befristete Arbeitsverträge“.)

 

Fazit: Ausbildungsbetriebe müssen das exakte Ausbildungsende im Auge behalten

Die Gerichtsentscheidung bestätigt, dass Ausbildungsbetriebe das Ende der Ausbildungszeit ihre Azubis tagesgenau bestimmen sollten. Versäumnisse können sich rächen. Azubis sind dauerhaft übernommen, wenn sie nach dem formalen Abschluss der Ausbildung auch nur einen weiteren Tag im Betrieb tätig sind, ohne dass dafür ein neuer Vertrag unterschrieben wurde.

Falls der Arbeitsvertrag befristetet werden sollte, ist der Zug damit abgefahren. Auch sonst gerät der Arbeitgeber in eine schlechte Verhandlungsposition: wie will er für ihn relevante Klauseln im schriftlichen Arbeitsvertrag unterbringen, wenn das Arbeitsverhältnis bereits besteht?

Ganz ähnlich liegt der Fall übrigens bei befristeten Arbeitsverträgen. Arbeitet der Betreffende danach weiter, und widerspricht der Arbeitgeber dem nicht sofort, entsteht ebenfalls ein unbefristetes Arbeitsverhältnis (§ 15 Abs. 6 TzBfG).

Das Ausbildungsende ist auch für die Lohn- und Gehaltsabrechnung wichtig

Auch aus Sicht der Lohn- und Gehaltsabrechnung ist das genaue Ende der Ausbildungszeit relevant. Zwei Beispiele:

  • Während der Ausbildung greifen die Regeln für Midi-Jobs nicht, selbst wenn die Ausbildungsvergütung rein von der Höhe meist in der Gleitzone liegt. Das ändert sich mit dem Ausbildungsende, gegebenenfalls nach dem Tag der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses.
  • Während die Ausbildung gelten die Vorgaben zur Mindestausbildungsvergütung, die entweder von den gesetzlichen Beträgen bestimmt werden oder selbst für nicht tarifgebundene Ausbildungsbetriebe von einem einschlägigen Tarifvertrag abhängen können. Nach der Ausbildung gilt zumindest bei Volljährigen der gesetzliche Mindestlohn.
    Weitere Informationen zur Ausbildungsvergütung stehen im Beitrag „Mindestausbildungsvergütung steigt: neue Beträge ab 2024“. Hinweise zum Mindestlohn ab dem Jahreswechsel bietet „Rechengrößen und Beitragssätze für die Lohnabrechnung: das gilt 2024“.

Wie in allen anderen Bereichen der Lohn- und Gehaltsabrechnung gilt auch für die Ausbildungsvergütung: Unternehmen, die die Abrechnung an Paychex auslagern, können sich auf professionelle, korrekte Erledigung verlassen. Überzeugen Sie sich selbst!

Themen:

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