27 Nov 2023

Arbeitszeiten nicht genau erfasst? SFN-Zuschläge sind trotzdem steuerfrei

Arbeitszeiterfassung ist Pflicht. Trotzdem können Sonntags-, Feiertags- oder Nachtzuschläge selbst dann steuerfrei sein, wenn die exakten Arbeitszeiten nicht festgehalten wurden. Hauptsache, die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit liegen nachweislich vor. Das folgt aus einer Entscheidung des Finanzgerichts Schleswig-Holstein.

Nachtarbeitszuschläge ohne Arbeitszeitdokumentation: Ärger mit dem Finanzamt

Wenn Mitarbeiter zwischen 20 Uhr und 6 Uhr arbeiten, können bis zu 25 Prozent vom Grundlohn als steuerfreier Nachtzuschlag bezahlt werden. Von dieser Möglichkeit machte auch ein eingetragener Verein aus Schleswig-Holstein Gebrauch.

Als Nachweis für die Nachtarbeit wurden Arbeitszeitbelege erstellt. Festgehalten wurde darin die Art der Tätigkeit, der Name der Person, der Stundenlohn, das Datum und die Zahl der Arbeitsstunden, die in die Zeitspanne von acht Uhr abends bis sechs Uhr morgens fielen. Ein Vorgesetzter zeichnete die Belege ab. Der genaue Arbeitsbeginn, das Arbeitsende und die Lage der Pausenzeiten wurden nicht dokumentiert.

Das führte zu Ärger, als das Finanzamt eine Betriebsprüfung durchführte. Die Betriebsprüferin sorgte dafür, dass die Steuerfreiheit der Nachtzuschläge nachträglich gestrichen wurde. Stattdessen sollten sie mit pauschal 30 Prozent nachversteuert werden, ein für die Nacherhebung von Lohnsteuer typisches Vorgehen. Gegen den entsprechenden Bescheid des Finanzamts klagte der Verein als Arbeitgeber.

Arbeitszeitaufzeichnungen sind kein Selbstzweck, sagt das Finanzgericht

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein teilte die Bedenken des Finanzamts nicht. Schließlich ging aus den Belegen hervor, dass die Arbeitszeiten in die vom Gesetz geforderten Nachtstunden fielen, der Grundlohn nicht mehr als den ebenfalls gesetzlich vorgegebenen Maximalbetrag von 50 Euro betrug und der Zuschlag nicht mehr als ein Viertel des Grundlohns ausmachte.

Die Voraussetzungen für steuerfreie Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge, die § 3b Einkommensteuergesetz fordert, waren im Streitfall erfüllt. Das hatte auch das Finanzamt nicht bestritten. Die Finanzbeamten hatten die Steuerfreiheit vielmehr verweigert, weil ihrer Ansicht nach dafür eine Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeiten einschließlich der Uhrzeiten von Arbeitsbeginn und -ende bestand. Andernfalls, so argumentierten sie, könnten sie die Angaben nicht gegen Öffnungszeiten oder andere Informationen abgleichen.

Das sahen die Richter anders. Aufzeichnungen erfüllten keinen Selbstzweck. Die gesetzliche Regelung zu SFN-Zuschlägen schreibe solche detaillierten Aufzeichnungen nicht vor. Auch der Bundesfinanzhof fordere Einzelaufstellungen nur insofern, damit der Bezug von Zuschlägen zur Nachtarbeit klar werde. Für das Finanzgericht ist eine genaue Arbeitszeitdokumentation entbehrlich, solange die Steuerfreiheit auf anderem Weg belegt werden kann (FG Schleswig-Holstein, 09.11.2022 - 4 K 145/20).

Wichtig: An der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ändert das Urteil nichts

Die Entscheidung des Finanzgerichts bezog sich allein auf die Steuerfreiheit der Nachtzuschläge. Sie ändert nichts daran, dass gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs die Arbeitszeiten mit Beginn, Ende und Pausenzeiten dokumentiert werden müssen. Mehr dazu steht im Beitrag „Arbeitgeber müssen für Arbeitszeiterfassung sorgen“.

Anmerkung: Auch Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge zählen zum Grundlohn

Ein häufiger Zankapfel zwischen Arbeitgebern und Finanzamt ist die Ermittlung des Grundlohns für steuerfreie SFN-Zuschläge. So weigerte sich ein Finanzamt aus Baden-Württemberg, Zahlungen an eine Unterstützungskasse als Teil des Grundlohns anzuerkennen. Die Beträge hatte der Arbeitgeber in Form von Gehaltsumwandlung zur betrieblichen Altersvorsorge an die Unterstützungskasse überwiesen.

Auch in diesem Fall scheiterte der Fiskus vor Gericht. Entscheidend bei der Grundlohn-Ermittlung ist für den Bundesfinanzhof, was dem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich zusteht. Ob das Geld auch an ihn ausgezahlt wird, ist ohne Belang (BFH, 10.08.2023 - VI R 11/21).

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Themen:

Arbeitszeiten Steuern

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